Koalitionsverhandlungen / Neue Chance für große Koalition  

erstellt am
17. 11. 06

 Schüssel: ÖVP ist bereit, der SPÖ eine Brücke zu bauen
Inhaltliche Weichenstellungen müssen gemeinsam definiert werden
Wien (övp-pd) - "Die ÖVP ist bereit, für die SPÖ eine Brücke zu bauen und in inhaltliche, zügige Verhandlungen einzutreten. Und wir erwarten ein klares Ja der SPÖ, damit die Grundlagen, die Voraussetzungen für ein solches gemeinsames Vorgehen geklärt werden können", sagte ÖVP-Bundesparteiobmann Bundeskanzler Wolfgang Schüssel nach der Sitzung des ÖVP-Bundesparteivorstandes am 16.11. Dazu müssten allerdings inhaltliche Weichenstellungen gemeinsam definiert werden, "damit unser Land weiter and er Spitze bleibt." Die jüngsten Wirtschaftsdaten würden zeigen, dass Österreich hervorragend aufgestellt sei. "Das soll und muss so bleiben", betonte Schüssel.

Die ÖVP habe allerdings nach wie vor Bedenken, etwa den Banken- Untersuchungsausschuss betreffend. Hier müsse vorweg in einer gemeinsamen Erklärung der beiden Partner geklärt werden, dass das Bankgeheimnis vor allen anderen Dingen steht - "im Interesse der Sparer und Kreditnehmer. Es kann nicht sein, dass ein politisches Gremium das Bankgeheimnis quasi aushebelt und auf diese Art und Weise dem Wirtschafts- und Finanzstandort möglicherweise nachhaltiger Schaden zugefügt wird." Zusätzlich müsste auch der Prüfauftrag definiert werden. Dies müsste durch unabhängige Experten, etwa den Rechtsdienst des Parlaments oder den Verfassungsdienst, geschehen, "damit man definiert, was ist politisch zu untersuchen und was ist privat und daher nicht dem Untersuchungsauftrag entsprechend", so der Bundeskanzler weiter.

Schüssel erwähnte einen heute von den Sozialpartnern formulierten gemeinsamen Appell an die Parlamentsparteien, den Banken-U-Ausschuss zügig und korrekt bis zum Ende des Jahres abzuschließen. Der Ausschuss, so die Sozialpartner weiter, müsse sich seiner Verantwortung um den Wirtschafts- und Finanzstandort Österreich bewusst sein. "Ich finde, dass dieser Appell sehr sorgfältig und nachhaltig formuliert ist, unterstütze ihn vollinhaltlich und ersuche, dass wir ihn zu einer gemeinsamen Grundlage einer gemeinsamen Vorgehensweise wählen", so der ÖVP- Bundesparteiobmann.

Im Bereich Eurofighter-U-Ausschuss müsse vorweg eine gemeinsame Erklärung gefunden werden, dass das Prinzip der selbständigen Luftraumüberwachung entsprechend der Verfassung außer Streit gestellt wird. "Das ist wichtig, damit von Anfang an geklärt wird, auf welcher Basis wir uns bewegen." Zudem sei wichtig, die Vertragstreue der Republik zu betonen. "Die Vertragstreue der Republik muss außer Streit gestellt werden - pacta sunt servanda", betonte Schüssel.

Als dritte Voraussetzung für die Fortsetzung der Koalitionsverhandlungen nannte der Bundesparteiobmann, dass für die Dauer der Verhandlungen ÖVP und SPÖ einander nicht überstimmen. "Wenn wir versuchen wollen, eine Partnerschaft zu finden, soll man nicht den Eindruck erwecken, dass es Zweit- oder Drittkoalitionen gibt."

Der Parteivorstand habe eine Gesamtbewertung vorgenommen, um Klarheit zu schaffen. Daher würden die genannten Voraussetzungen noch durch ein im Parteivorstand gemeinsam erarbeitetes Programm über die "inhaltlichen Grundsätze unserer Politik für Österreich ergänzt. Das ist für uns die Basis des Eintritts in die inhaltlichen Verhandlungen. Darüber muss geredet werden", so Schüssel weiter. "Mit dieser Klarheit schaffen wir ein endgültiges Angebot von Seiten des Parteivorstandes der ÖVP, wie wir sehr bald - etwa nächste Woche - Verhandlungen beginnen können", so Schüssel abschließend.

 

 Gusenbauer begrüßt Rückkehr der ÖVP an Verhandlungstisch
Cap begrüßt Wiederaufnahme der Regierungsverhandlungen
Wien (sk) - "Ich begrüße sehr, dass die ÖVP an den Verhandlungstisch zurückkehrt und mit der SPÖ wieder über die Bildung einer Bundesregierung auf Basis einer stabilen Mehrheit verhandelt", erklärte SPÖ-Vorsitzender Alfred Gusenbauer am 16.11. gegenüber dem Pressedienst der SPÖ. "Das entspricht dem Auftrag von Bundespräsident Dr. Heinz Fischer und es entspricht meinen vor und unmittelbar nach der Wahl geäußerten Intentionen. Ich schlage vor, dass unverzüglich am Beginn der kommenden Woche die Verhandlungen wieder aufgenommen werden. Die Österreicherinnen und Österreicher erwarten zu recht zügige Gespräche und einen baldigen Abschluss, damit eine handlungsfähige Regierung sich rasch den drängenden Aufgaben des Landes widmen kann. Ich werde morgen in einem persönlichen Gespräch mit dem Bundesparteiobmann der ÖVP die praktische Umsetzung der Wiederaufnahme der Gespräche erörtern," schloss Gusenbauer.

Der gf. SPÖ-Klubobmann Josef Cap begrüßt die Entscheidung der ÖVP, die Gespräche zur Bildung einer stabilen Regierung wieder aufzunehmen. Damit werde dem Willen der Mehrheit der Wählerinnen und Wähler ebenso entsprochen wie dem Auftrag des Bundespräsidenten, so Cap Donnerstag .

Was das Verlangen der ÖVP betrifft, während der laufenden inhaltlichen Gespräche im Parlament sich nicht gegenseitig zu überstimmen, sei hinzugefügt, dass die Untersuchungsausschüsse unabhängig und ausschließlich dem Prüfauftrag verpflichtet ihre Arbeit zu verrichten haben. Die Arbeit der Untersuchungsausschüsse habe daher naturgemäß nicht Gegenstand einer Parteienvereinbarung zu sein. "Das Stimmverhalten der SPÖ bei Gesetzes- und anderen parlamentarischen Initiativen wird sich ausschließlich an sachlichen Kriterien im Interesse Österreichs orientieren", so Cap.

 

Van der Bellen: Vermutung, dass durch taktische ÖVP-Spielchen weitere Zeit vergeudet werden soll
Wien (grüne) - "Angebliche Gesprächsbereitschaft, aber nur unter neuen Bedingungen: Dafür hat die ÖVP die österreichische Bevölkerung im Ernst sieben Wochen lang warten lassen?", zeigt sich der Bundessprecher der Grünen, Alexander Van der Bellen, skeptisch bezüglich des Ergebnisses des ÖVP-Bundesparteivorstandes. "Angesichts des bisherigen ÖVP-Gehabes ist der Verdacht angebracht, dass es sich auch bei diesem Beschluss bloß um ein weiteres taktisches Spielchen handelt, mit dem erneut Zeit vergeudet werden soll", so Van der Bellen.

Bedenklich ist nach Ansicht Van der Bellens die ÖVP-Bedingung, wonach während der Koalitionsgespräche die ÖVP im Parlament nicht überstimmt werden dürfe. "Falls die ÖVP der Ansicht sein sollte, sie könne auf unbestimmte Zeit von außen per Parteibeschluss den Nationalrat und dessen Ausschüsse lahm legen, ist dies klar zurückzuweisen", so Van der Bellen.

 

 Grosz: ÖVP lässt sich von SPÖ am Nasenring vorführen
Dreier-Koalition SPÖ/Grüne/FPÖ reitet wieder
Wien (bzö) - "Wenige Stunden nachdem Bundeskanzler Schüssel salbungsvolle Worte zu den Koalitionsverhandlungen mit der SPÖ gefunden hat, haben sich die rot/grün/blauen Kornblumenkinder ein weiteres Mal gefunden, um genau diese ÖVP in einem Ausschuss zu überstimmen. Die SPÖ versucht, die ÖVP am Nasenring gedemütigt in eine Koalition zu führen. Wenige Stunden nach den großen Worten der beiden Vorsitzenden von SPÖ und ÖVP verkommen diese Verhandlungen wieder zur Farce", so BZÖ-Generalsekretär Gerald Grosz in einer Reaktion zu den aktuellen Regierungsverhandlungen.

"Die Frage ist, wie lange sich die ÖVP diese beispiellosen Demütigungen und die Verhöhnung ihrer Wählerinnen und Wähler durch die SPÖ und vor allem deren Klubchef Cap noch gefallen lässt", so Grosz abschließend.
 

Wir übernehmen hier Stellungnahmen aller im Parlament
vertretenen Parteien – sofern vorhanden! Die Redaktion

 
zurück