Ausstellung über den Europäer und Pazifisten Stefan Zweig  

erstellt am
28. 11. 06

Haslauer: Zweig wollte Politik durch Weckung eines übernationalen Nationalbewusstseins humanisieren
Salzburg (lk) - "Stefan Zweig war durch und durch Europäer und Pazifist. Durch den Vertrag von St. Germain war das Ende der feudalen Habsburgerdynastie besiegelt. Nicht wenige hielten den Rumpfstaat Deutsch-Österreich mit seinen 6,5 Millionen Einwohnern, von denen allein zwei Millionen in Wien lebten, überhaupt für lebensfähig. Zweig aber glaubte an die Regenerationsfähigkeit seines Heimatlandes. Als Kosmopolit erschienen ihm nationale Ansprüche und staatliche Grenzen zweitrangig. Er vertraute auf die Wirksamkeit einer Vision, auf eine völkerverbindende Idee, deren Verwirklichung alle nationalen Konflikte lösen könnte, die Idee der europäischen Gemeinschaft." Dies betonte der für kulturelle Sonderprojekte ressort- zuständige Landeshauptmann-Stellvertreter Dr. Wilfried Haslauer am 28.11. bei der Eröffnung der Ausschellung "Stefan Zweig – Österreicher aus Europa" im Schüttkasten der Salzburger Festspiele.

Der Landeshauptmann-Stellvertreter erinnerte daran, dass Stefan Zweig, der seine Heimat verlassen musste, bei seinem Aufenthalt in der Schweiz die Solidarität der europäischen Intellektuellen erfahren hatte. Dieses Erlebnis habe ihn ermutigt, an der Einheit Europas weiterzuarbeiten. Es gab für ihn einen Bereich über den Nationen, in dem die Völker ihre Gemeinsamkeit erfahren konnten, die Welt der europäischen Kultur. In den 20-iger Jahren als Autor berühmt geworden, fühlte sich Stefan Zweig verpflichtet, sich persönlich für die Propagierung des europäischen Gedankens einzusetzen und er tat dies in Vortragsreisen, die ihn nicht nur nach Deutschland, sondern auch ins europäische Ausland führten. Er stellte dabei seinen Zuhörern die großen europäischen Humanisten Romain Rolland und Tolstoj, den Propheten der Gewaltlosigkeit, vor, las aus eigenen Werken und sprach über das Thema, das ihm besonders am Herzen lag, nämlich Europa, betonte Haslauer.

Stefan Zweig sei es nicht um die Vertretung partikularer Interessen gegangen, sondern um die Humanisierung der Politik durch die Weckung eines übernationalen Nationalbewusstseins. Das schwerkranke Europa musste nach Auffassung Stefan Zweigs zuerst vom Bazillus des aggressiven Nationalismus befreit werden, ehe es gesunden könne. In seinem Vortrag "Die moralische Entgiftung Europas" habe Zweig ganz konkrete Vorschläge gemacht, wie das zu bewerkstelligen sei: In den Schulen sollte statt Militärgeschichte Kulturgeschichte gelehrt werden, damit das Selbstvertrauen und der Zukunftsoptimismus der jungen Europäer gestärkt wurde.
Dr. Haslauer rief in diesem Zusammenhang in Erinnerung, dass Stefan Zweig einen Jugendaustausch zwischen den einzelnen Ländern sowie die Schaffung einer europäischen Akademie und einer europäischen Tagezeitung anregte.

"Von einer übernationalen Instanz, die die Ehre der Nationen verteidigt und Verleumdungen und Lügen energisch entgegentritt, erhoffte er eine weitere Stärkung des europäischen Gedankens. Alle diese Maßnahmen und Einrichtungen wirkten seiner Überzeugung nach zusammen, damit die Folgen des Weltkrieges, des 'tragischen Zwischenfalls' (wie er ihn nannte) durch Vernunft, Gerechtigkeit und Enthusiasmus allmählich überwunden wurden", sagte Landeshauptmann- Stellvertreter Dr. Haslauer abschließend.
 
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