"Visa-Affäre"  

erstellt am
12. 12. 06

 Jarolim: Plassnik hat aus Fehlern nichts gelernt
Kaum aus den Schlagzeilen, treiben Diplomaten wieder blühenden Visa-Handel - Verhalten der Justiz "seltsam zögerlich"
Wien (sk) - Von der Tageszeitung "Die Presse" am 11.12. "treffend" als "Beispiel unglaublicher Dreistigkeit" bezeichnet, soll ein seit 2002 des Visahandels an der Belgrader Botschaft Verdächtiger bis zum Sommer des heurigen Jahres "munter weitergemacht" haben und allein heuer 50.000 Euro mit der Ausstellung illegaler Sichtvermerke verdient haben. Am Wochenende wurde der Diplomat in Belgrad verhaftet, ohne dass das Außenamt davon wusste. Aus Sicht von SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim zeige diese Fortsetzung der Visa-Affäre, "dass die Außenministerin aus ihren Fehlern im Umgang mit der Causa offenbar nichts gelernt hat. Kaum war die Affäre aus den Schlagzeilen, trieben die Außenamts-Mitarbeiter schon wieder blühenden Visa-Handel. Plassnik setzt Ferrero-Waldners bedauerliche Tradition der nicht ins Auge stechenden Fähigkeiten schulterzuckend fort", wie Jarolim am 11.12. gegenüber dem SPÖ-Pressedienst erklärte.

Doch nicht nur das Verhalten Plassniks, die "ihr Ministerium offensichtlich überhaupt nicht im Griff hat", sondern auch jenes der Justiz stelle zahlreiche Fragen in den Raum, so der SPÖ-Abgeordnete weiter. Anhängige Verfahren werden "nachweislich sehr schleppend in Angriff genommen", Anzeigen wie jene des Ex-Labg. Helmut Edelmayr offenbar nicht ernsthaft geprüft. Der nun in Belgrad verhaftete Vizekonsul Nenad S. "spielt eine zentrale Rolle in jener Strafanzeige, die Edelmayr im Februar an die Staatsanwaltschaft Wien übermittelte. Wie ist es möglich, dass der seit 2002 Beschuldigte in Belgrad weiter munter Sichtvermerke verkauft?", so Jarolim. Rätselhaft sei, warum Nenad S. "weiterhin am Belgrader Generalkonsulat tätig sein konnte" und es im Außenamt niemand für notwendig befand, bis zur Klärung des Falls für ordentliche Verhältnisse zu sorgen. "Mit falsch verstandenem Corpsgeist hat das nichts mehr zu tun", resümierte der SPÖ-Abgeordnete, der abschließend eine parlamentarische Anfrage an Plassnik zu den aktuellen Vorkommnissen ankündigte.

 

Kyrle: "Ministerin Plassnik hat Maßnahmen ergriffen und sie greifen"
Generalsekretär im Außenministerium zu Vorwürfen im Visa-Bereich
Wien (bmaa) - Der Generalsekretär im Außenministerium, Johannes Kyrle wies am 11.12. Vorwürfe zurück, wonach man aus Visa-Vorwürfen der Vergangenheit nichts gelernt habe: "Auf Weisung von Außenministerin Ursula Plassnik wurden seit dem vergangenen Herbst eine Reihe von Maßnahmen ergriffen, die die Visa-Vergabe missbrauchssicherer machen. Und diese Maßnahmen greifen. Wir haben das System der Kontrollen verbessert, das Generalinspektorat deutlich aufgestockt und die Inspektionen - auch gemeinsam mit dem Innenministerium - verstärkt und eine Ausbildungsoffensive eingeleitet." Diese Maßnahmen entsprechen auch den Vorschlägen der von der Außenministerin eingesetzten unabhängigen Visa-Kommission.

"Wir haben die Räume für Malversationen ständig enger gemacht", so Kyrle. Der vor einigen Tagen in Belgrad verhaftete ehemalige Mitarbeiter des Außenministeriums - für ihn gilt die Unschuldsvermutung - wurde im Sommer 2006 nach Wien zurückberufen und ist im Oktober 2006 aus dem Ministerium ausgeschieden.

Dass auf Hinweise nicht rechtzeitig reagiert worden sei, wies Kyrle entschieden zurück: "Das Außenministerium ist allen Hinweisen penibel nachgegangen und wir arbeiten in dieser Frage Hand in Hand mit dem Innenministerium. Wir haben selbst das größte Interesse, dass 'schwarze Schafe' so schnell wie möglich gefunden und zur Verantwortung gezogen werden." Die Österreichische Botschaft Belgrad ist seit dem Jahr 2002 neun Mal von verschiedenen Behörden inspiziert worden - vier Mal allein 2005; dazu kamen diverse punktuelle Überprüfungen. Auch eine im Jahr 2002 gegen den nunmehr in Belgrad verhafteten ehemaligen Mitarbeiter erstattete anonyme Strafanzeige wurde von der Justiz geprüft und 2004 von der Staatsanwaltschaft zurückgelegt.

Die organisierte Kriminalität, so Kyrle, versuche mit allen Mitteln, bei der Visa-Vergabe anzusetzen. Wenn das organisierte Verbrechen Komplizen in einzelnen Vertretungsbehörden finde, sei es sehr schwierig, diesen professionell und sehr geschickt gemachten Betrügereien auf die Spur zu kommen. Eben hier setzen Neuerungen des Außenministeriums an: so wurde neben verstärkten Schulungen im Bereich der Visa-Vergabe und deren Kontrolle im Herbst 2006 in Zusammenarbeit mit dem Innenministerium eine Veranstaltung durchgeführt, bei der die Leiter der österreichischen Vertretungsbehörden speziell mit der Problematik der organisierten Kriminalität und der Korruptionsbekämpfung vertraut gemacht wurden. Der Generalsekretär im Außenministerium wies weiters darauf hin, dass das im Visa-Bereich tätige Personal regelmäßig versetzt wird.
 

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