Entwicklungspolitik / Tsunami-Hilfe  

erstellt am
22. 12. 06

 Bayr: Was wurde aus der Tsunami-Hilfe?
Kritik an Vertuschung und Nicht-Transparenz der Bundesregierung
Wien (sk) - Seit nunmehr knapp zwei Jahren ist Petra Bayr, SPÖ-Bereichssprecherin für Entwicklungspolitik, unermüdlich im Recherchieren und Aufdecken von Ungereimtheiten in Sachen "Tsunami-Hilfe" der Bundesregierung. "Umso unverständlicher ist mir die Behauptung der Außenministerin, die Tsunami-Hilfe sei transparent - genau das fordern wir ja seit zwei Jahren vergeblich", so Bayr am 22.12. gegenüber dem Pressedienst der SPÖ empört.

Kurz nach der Tsunami-Katastrophe am 26. Dezember 2004, verkündete die Bundesregierung, 34 Mio. Euro innerhalb von drei Jahren für die Opfer der Naturkatastrophe in Südostasien aufwenden zu wollen. Seither bemüht sich Bayr um Aufklärung und Offenlegung dieser versprochenen Hilfsleistungen, hat zahlreiche parlamentarische Anfragen dazu gestellt und zum Ende des Vorjahres eine Pressekonferenz gegeben, in deren Mittelpunkt eine leider unrühmliche Zwischenbilanz der Tsunami-Hilfe stand.

Hauptvorwurf von Bayr: "Die Planungen der einzelnen Ministerien sind in den meisten Fällen höchst diffus und decken die Finanzlücken der öffentlich zugesagten aber noch offenen Hilfsgelder nicht. Die Beantwortungen der parlamentarischen Anfragen von Juni bzw. November/Dezember 2005 und der beiden Zwischenberichte von März und Juni 2005 widersprechen sich oftmals und ergeben kein einheitliches Bild. Besonders unseriös: In den Zwischenberichten werden private und öffentliche Hilfsmaßnahmen vermischt, es ist unmöglich nachzuvollziehen, welches Geld für welches Projekt woher kommt."

Während private Hilfsorganisationen ihre Spenden-Einnahmen und die Verwendung der Gelder selbstverständlich offen legen und sich den SpenderInnen diesbezüglich verpflichtet fühlen, scheine es die Bundesregierung für nicht notwendig zu halten, die SteuerzahlerInnen darüber aufzuklären, was mit ihren Abgaben geschehe", so die Kritik Bayrs Wenn man die Zwischenberichte und die Anfragebeantwortungen im Zeitkontext verfolgt, zeigt sich, dass die Gelder immer weniger werden und absolut unklar ist, wie die zugesagten 34. Mio Euro je wirklich aufgewendet werden sollen."

Auch in der letzten Anfragen-Runde, die Bayr im Sommer 2006 startete, ergaben sich Ungereimtheiten bezüglich tatsächlich bereits geleisteter Finanztransfers. Auf die Nachfrage, wie es denn zu dem unterschiedlichen Zahlenmaterial kommen könne, wurde lakonisch bis zynisch geantwortet. "Wenn mir die Sozialministerin in einer Anfragebeantwortung schreibt, dass unterschiedliche Zahlenangaben sich daraus ergeben, weil einmal von 'Aufwendungen' und das andere Mal von 'Auszahlungen' gesprochen wird, dann ist das purer Zynismus. Es geht mir im Namen der Tsunami-Opfer und der BürgerInnen um Transparenz der tatsächlichen Leistungen und nicht um Wortklauberei und Irreführung", so Bayr abschließend.

 

 Plassnik: "Transparenz und Nachhaltigkeit sind Kernprinzipien bei der Abwicklung der Tsunamihilfe"
Wien (bmaa) - "Am 26. Dezember 2006 jährt sich zum zweiten Mal der Jahrestag der verheerenden Tsunamikatastrophe im Indischen Ozean. Auch zwei Jahre danach ist der 26 Dezember für uns alle ein Tag des Besinnens, des Innehaltens, der Trauer. Aber auch ein Tag, der die weltweit füreinander empfundene und gelebte Solidarität eindrucksvoll zum Ausdruck bringt. Die Spendenbereitschaft der Österreicherinnen und Österreicher, aber auch die weltweite Spendenfreudigkeit haben bewiesen, dass Menschen aus unterschiedlichen Erdteilen füreinander da sein wollen, aufeinander zugehen wollen und einander beistehen wollen", sagte Außenministerin Ursula Plassnik.

"Transparenz und Nachhaltigkeit sind die Kernprinzipien für die Abwicklung der Tsunamihilfe. Unter diesen Gesichtspunkten wird die über drei Jahre angelegte öffentliche Tsunamihilfe auch umgesetzt", sagte Außenministerin Plassnik und bilanzierte, dass Bund, Länder und Gemeinden bereits im Jahr 2005 rund 20,41 Millionen Euro verbindlich an Hilfsgeldern für konkrete humanitäre- und Wiederaufbauprojekte zur Verfügung gestellt haben. Damit konnte bereits im ersten Jahr der Tsunamihilfe ein beachtlich großer Teil der zugesagten Mittel gebunden und 10,71 Millionen Euro auch ausbezahlt werden, obwohl sich die Anlaufphase schwierig gestaltet hatte. Plassnik verwies darauf, dass die genannten Zahlen auf Basis der statistischen Richtlinien des Entwicklungsausschusses der OECD erstellt wurden und nur jene Leistungen berücksichtigen, die zu hundert Prozent der Bevölkerung in den betroffenen Gebieten zu Gute kommen.

Aussagekräftige Bilanzzahlen über öffentliche Entwicklungshilfeleistungen 2006 werden im 2. Quartal 2007 vorliegen.

"Transparenz und strikte Kontrolle sind für mich Kernanliegen, um dem Anspruch einer zielorientierten und professionellen Hilfe gerecht zu werden. Wir unterstützen daher auch die umfassenden internationalen Prüfungstätigkeiten von INTOSAI, der Internationalen Organisation der Obersten Rechnungshöfe, die im Interesse der Spenderinnen und Spender auf Transparenz, Nachhaltigkeit und Effizienz bei der Umsetzung von Spenden und öffentlichen Hilfsgeldern schaut. Auch der österreichische Rechnungshof hat mit einer präzisen Fallstudie die Umsetzung der österreichischen Tsunamihilfe begleitet", sagte Außenministerin Ursula Plassnik.

Konkrete Projekte gibt es in den Bereichen Wiederaufbau von Fischerdörfern und Gesundheitseinrichtungen, Wasseraufbereitung, Aufbau von Verkehrs-Infrastruktur, Wirtschaftsbelebung, Ausbildung und Tourismus. Der regionale Schwerpunkt des österreichischen Engagements liegt in Sri Lanka.

 

SOS-Kinderdorf zieht Bilanz
2.200 neue Familienhäuser, 17 Gemeindezentren, 7 Sozialzentren, 8 SOS-Kinderdörfer
Innsbruck (sos kinderdorf) - Am 26.Dezember 2004, als der Meeresboden vor Sumatra bebte und sich gigantische Flutwellen über tausende Kilometer ausbreiteten, starben mit einem Schlag geschätzte 300.000 Menschen in elf Ländern. Ein Drittel der Toten, so UNICEF, sind Kinder,
1,5 Millionen Kinder leiden an den Folgen der Tsunami-Katastrophe. Von zehntausenden Menschen fehlt noch jede Spur. Ungezählte Tragödien und unerträgliche Schicksale …

Rasche Soforthilfemaßnahmen …
Einen Tag, nachdem die Wassermassen ganze Landstriche leer gefegt hatten, waren MitarbeiterInnen von SOS-Kinderdorf in Sri Lanka und Indien vor Ort, um trotz zerstörter Infrastruktur und chaotischer Bedingungen erste Hilfsmaßnahmen einzuleiten. In den ersten Tagen/Wochen nach der Katastrophe galt es, akute Soforthilfe zu leisten. Insgesamt wurden 23.000 Menschen (4.500 Familien) direkt unterstützt, in elf Kindertagesstätten 1.800 Kinder auch psychologisch betreut und 343 neue Fischerboote für 1.120 Familien übergeben.

… und nachhaltige Hilfe durch Wiederaufbau
Nach wie vor bereiten bürokratische Hürden, wechselnde Gesetzeslagen und politische Spannungen v.a. im Osten Sri Lankas große Probleme. Dennoch wird mit Hochdruck an mehreren Orten "wiederaufgebaut", was durch die Tsunami-Katastrophe zerstört wurde: Insgesamt errichtet SOS-Kinderdorf an 15 Standorten mit den Menschen vor Ort 2.200 neue Familienhäuser und 17 Mehrzweckgemeindezentren, sieben SOS-Sozialzentren und acht neue SOS-Kinderdörfer (drei in Indien, drei in Indonesien, eines in Sri Lanka und eines in Thailand). Über 1.700 Häuser sind bereits fertig gestellt, im Frühjahr soll der gesamte Wiederaufbau baulich abgeschlossen sein. Die Fertigstellung der acht SOS-Kinderdörfer ist für Mitte 2008 vorgesehen. Rund 1.000 verwaiste Kinder werden dann dort für viele Jahre ein neues bleibendes Zuhause, Schutz und familiäre Geborgenheit finden.

Schwerpunktregion: Ostküste von Sri Lanka und Indonesien
Kayankerni ist ein tamilisches Fischerdorf an der Ostküste Sri Lankas. Das direkt am Meer gelegene Dorf wurde durch den Tsunami völlig zerstört. Der Wiederaufbau ist hier eine besondere Herausforderung, da es immer wieder zu Unruhen und Ausschreitungen aufgrund des Bürgerkrieges zwischen den "Tamil Tigers" (LTTE) und Regierungstruppen kommt. Verhandlungen für den Wiederaufbau müssen stets mit beiden Konfliktparteien geführt werden.
In Kayankerni werden 264 Fischerhäuser neu aufgebaut, alle sollen bis Frühjahr 2007 fertig und bezogen sein. Ein Gemeindezentrum mit Zusatzfunktion als Tsunami-Shelter ist bereits fertig, zwei weitere sind in Planung. Sie beinhalten eine Kindertagesstätte, ein Kindergarten und ein kleines medizinisches Zentrum sowie Gemeinderäume für Familienförderprogramme.

Die Zentren werden später nicht von SOS-Kinderdorf, sondern von den Gemeinden selbst geführt. Ein weiteres Zentrum entstand auch etwas weiter südlich in Ulle. Schließlich wird auch der Kindergarten des SOS-Sozialzentrums in Batticaloa saniert, der zu trauriger Berühmtheit gelangte, weil SOS-Kinderdorf von dort aus alle Aktivitäten der Erstversorgung koordiniert hat.
Der ursprüngliche Plan, ein neues SOS-Kinderdorf bei Batticaloa zu bauen, wurde fallen gelassen. Trotz intensiver Bemühungen wurde kein geeignetes Grundstück gefunden. Außerdem hat sich die Lage durch den Bürgerkrieg zuletzt drastisch zugespitzt. Selbst SOS-Kinderdorf-Mitarbeiter müssen immer wieder aus dem Gebiet abgezogen werden. Das gab schlussendlich den Anstoß, das SOS-Kinderdorf in der Nähe von Komari zu bauen. Dieses Gebiet ist leichter zugänglich und von Monaragala aus, wo bereits ein SOS-Kinderdorf exisitiert, relativ schnell zu erreichen. Leider ist auch dieses Gebiet wieder von Unruhen betroffen. SOS-Mitarbeiter werden sich daher in den nächsten Monaten auf die Suche nach einem geeigneten Grundstück landeinwärts machen. Das neue SOS-Kinderdorf wird aus 12 Häusern bestehen, von denen sieben von Österreich finanziert werden.

Wiederaufbau Indonesien
In Suak Raya Village in der Nähe von Banda Aceh unterstützt SOS-Kinderdorf zur Hälfte den Wiederaufbau von 190 Fischerhäusern. Nach anfänglichen Verzögerungen konnte hier der Wiederaufbau mit Hilfe der Bevölkerung und Regierung rasch durchgeführt werden. 150 Häuser sind bereits mit Kinderlachen erfüllt. Das SOS-Kinderdorf Banda Aceh ist in Bau, hier werden zwei Häuser mit Mitteln aus Österreich finanziert. Die Fertigstellung ist für Ende 2007 geplant.

Nachhaltige Finanzierung der SOS-Tsunami-Projekte
Private Mittel von 13.000 Tsunami-Paten und vielen Spendern/Unternehmen sowie öffentliche Beiträge (u. a. der Länder Tirol, Steiermark und der Städte Innsbruck, Graz) ergaben eine zugesagte Gesamtsumme von rund 7 Mio. Euro. 5,6 Mio. Euro sind bereits real eingelangt und davon zwei Millionen Euro für bisherige Projekte verbraucht worden. Der Rest wird in die SOS-Nachhaltigkeits-Foundation (Ethik-Fonds) veranlagt, um damit die Fertigstellung, aber auch langfristige Finanzierung der SOS-Kinderdorf-Projekte für die nächsten 10 Jahre zu sichern.

Informationen: http://www.sos-kinderdorf.at
 

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vertretenen Parteien – sofern vorhanden! Die Redaktion

 
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