Zwölf Wochen nach der Wahl ...  

erstellt am
26. 12. 06

... und es herrscht gerade Weihnachtsfriede - wohl in erster Linie deshalb, weil sich die Verhandler über die Weihnachtsfeiertage Auszeit gegeben haben. Das dies anhalten könnte, ist aber nicht zu erwarten, den schon die letzten Stunden vor den für viele Politiker und Presseabteilungen kurzen Ferien waren einigermaßen hitzig. Wenn man SPÖ-Vorsitzenden Alfred Gusenbauer hört, dann scheint sich am Terminplan zur Regierungsbildung nichts zu änden. Das hieße: 11. Jänner 2007 Angelobung der Großen Koalition. Wenn man ÖVP-Obmann Wolfgang Schüssel hört, ist die Überzeugung nicht ganz so deutlich zu spüren.
Anders klingt es da schon in der "zweiten Reihe", wo sich Leiterinnen und Leiter der Verhandlungsgruppen alles andere als einig sind. Zum Beispiel sprach Burgenlands Landeshauptmann Hans Niessl, SP-Verhandler für Bildung im weitesten Sinne, von einer Einigung in den Gesprächen mit der ÖVP im allgemeinen, von der Einführung eines bindenden Vorschuljahres im speziellen. Nur kurz darauf stellte ÖVP-Verhandler Fritz Neugebauer fest, daß eben dieses Vorschuljahr für die ÖVP keinesfalls zu einem Pflichtjahr werden könne. Salzburgs Landeshauptfrau Gabi Burgstaller erklärte in einem "Standard"-Interview, sollte der Bundespräsident am 11. Jänner keine Große Koalition zwischen SPÖ und ÖVP absegnen, dann werde eine SPÖ-Minderheitsregierung angelobt.

Wie dies allerdings ohne Unterstützung anderer Parteien in der Praxis fuktionieren soll, ist noch nicht "heraußen". Denn Grünen haben bereits mehrfach angekündigt, auf keinen Fall eine rote Minderheitsregierung unterstützen zu wollen. Die FPÖ unter Heinz-Christian Strache, mehrfach als SPÖ-Unterstützer in Erwägung gezogen, kommt aus zwei Gründen nicht in Frage: erstens will das die SPÖ nicht, zweitens hat es Strache selbst ausgeschlossen. Das BZÖ unter Parteichef Peter Westenthaler ist zwar bereit, über alle anderen Konstellationen zu verhandeln, bringt aber aufgrund des dezimierten Potentials (es verfügt nur über 7 der 183 Abgeordneten im Hohen Haus) nur mit einer weiteren Partei Mehrheiten.

Und wieder tauchen Gerüchte über bereits laufende Verhandlungen zwischen ÖVP, FPÖ und BZÖ mit dem Ziel, eine Dreier-Koalition bilden zu wollen. Für Verfechter dieser Variante spricht dafür, daß - mit verhältnismäßig geringen Abstrichen - das Regierungsprogramm der abgewählten ÖVP-BZÖ-Koalition fortgesetzt werden könnte, das ursprüngliche, gemeinsame Ziel, Rot-Grün zu verhindern, könnte so erreicht werden. Dagegen spricht, daß - zumindest nach außen hin - Mehrheiten in FPÖ und BZÖ keinesfalls miteinander wollen und können, zu tief sitzt noch die Empörung über die Abspaltung des BZÖ von der "Mutterpartei", auch wenn beide den jeweiligen Anspruch auf Vertretung des freiheitlichen Lagers in Österreich stellen.

Dagegen spricht natürlich auch die schmerzliche Erinnerung an die Sanktionen, die wegen der ÖVP-FPÖ-Koalition im - besser gesagt ab dem - Frühjahr 2000 über Österreich verhängt wurden. Wer glaubt, das läge lang zurück, die Stimmung habe sich zwischenzeitlich geändert, der irrt: Als kolportiert wurde, SP-Chef Alfred Gusenbauer würde sich seine Minderheitsregierung durch die Strache-FPÖ absichern lassen würde, kam umgehend eine vorsichtige Warnung von den Sozialdemokraten im Europaparlament. mm
 
zurück