Urteil: E-Bay-Verkäfer - Wann ist er Unternehmer?  

erstellt am
05. 01. 07

7 Motorräder und 12 Motorradteile indizieren, dass ein Verkäufer Unternehmer ist
Wien (vki) - Das Landesgericht Wiener Neustadt hat als Berufungsgericht den Berufungen beider Parteien Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen. Die Nichtigkeitsberufung der beklagten Partei wurde verworfen.

Herr G., ein Verbraucher, kaufte über die Internetplattform eBay von Herrn B. ein gebrauchtes Motorrad um Euro 1.200,--. Herr G. hat das Motorrad in der Folge behördlich angemeldet, wodurch ihm Kosten entstanden sind, und eine Zustandsüberprüfung des Motorrades durchführen lassen. Bei der Zustandsüberprüfung wurden zwei schwere Mängel am Motorrad festgestellt wurden. Herr G. forderte Preisminderung vom Verkäufer. Nach Scheitern von Einigungsversuchen erklärte der Käufer den Rücktritt gem § 5e KSchG. Der Beklagte wandte im Verfahren ein, dass er gar kein Unternehmer sei und daher das Konsumentenschutzgesetz auf dieses Geschäft nicht Anwendung finde. Er habe die 7 Motorräder, die er innerhalb von zwei Monaten über eBay verkauft habe, und die mehreren Verkäufe von Motorradzubehör nur aus Gefälligkeit getan. Das Erstgericht sah den Verkäufer als Unternehmer an. Das KSchG war folglich auf das gegenständliche Geschäft anwendbar. Nach dem erstgerichtlichen Urteil war der Rücktritt des Verbrauchers nach § 5e KSchG rechtswirksam. Die eBay-Auktion sei keine Versteigerung iSd § 5b Z 4 KSchG. Laut Ersturteil musste der Beklagte dem Käufer Zug um Zug gegen Rückgabe des Motorrades den Kaufpreis zurückerstatten. Das Schadenersatzbegehren des Käufers wies der Erstgericht ab; es begründete dies damit, dass die dem Kläger entstandenen Aufwendungen für die Anmeldung des Motorrades sowie für den Transport nicht nutzlos gewesen wären, wenn sich der Käufer - statt für den Rücktritt gem § 5e KSchG - für einen primären Gewährleistungsbehelf entschieden hätte.

Sowohl der Kläger (der VKI im Auftrag des BMSG) als auch der Beklagte erhoben gegen das Urteil Berufung, der Beklagte zusätzlich Nichtigkeitsberufung.

Die Nichtigkeitsberufung des Beklagten, die damit begründet wurde, dass das Ersturteil so mangelhaft wäre, dass dessen Überprüfung nicht mit Sicherheit vorgenommen werden kann, und dass für die Entscheidung keine Gründe angegeben wurden, verwarf das Berufungsgericht.

In seiner Berufung machte der Beklagte ua geltend, dass das Erstgericht zu Unrecht davon ausgegangen sei, dass er Unternehmer wäre, da es sich um Privatverkäufe und Käufe für den Eigenbedarf gehandelt habe; er verfüge auch nicht über ein organisiertes Vertriebs- und Dienstleistungssystem. Nach dem Berufungsgericht spricht der Umstand, dass der Beklagte innerhalb von zwei Monaten 7 Motorräder und ca 12 Mal Motorradzubehör verkaufte, prima facie dafür, dass er im Rahmen einer auf Dauer angelegten Organisation einen selbständigen Handel mit Motorrädern und Motorradzubehör betreibt. Dem Beklagten steht es aber offen, zu beweisen, dass es sich um Privatgeschäfte handelte. Da das Erstgericht dem unvertretenen Beklagten die Voraussetzungen für die Annahme eines Unternehmergeschäftes unzureichend erörterte, gab die zweite Instanz der Berufung des Beklagten Folge. Dazu führte das Zweitgericht aus, dass für die Unternehmereigenschaft allein maßgebend sei, ob die ausgeübte Tätigkeit eine auf Dauer angelegte Organisation erfordert oder nicht. Für die Abwicklung von Rechtsgeschäften (vorwiegend?) über eBay brauche es grundsätzlich keiner besonderen Organisation. Für die Anwendbarkeit der Regelungen über das Fernabsatzgeschäft (§§ 5a - 5i KSchG) müsse der Unternehmer den Fernabsatz im Rahmen seines Unternehmens so organisiert haben, dass der Fernabsatz zumindest Teil seiner unternehmerischen Vertriebsorganisation ist. Ist auch das zu bejahen, erfolgte der Rücktritt des Käufers vom Vertrag gem § 5e KSchG wirksam. Weiters hielt das Zweitgericht fest, dass es für die Anwendbarkeit der Regelungen über das Fernabsatzgeschäft darauf ankomme, dass der Vertrag unter ausschließlicher Verwendung eines oder mehrerer Fernkommunikationsmittel geschlossen wurde. Nicht relevant ist, ob anlässlich der Übergabe der Ware, also nach Abschluss des Kaufvertrages, ein schriftlicher Vertrag errichtet wurde. Die Informationspflichten bei einem Fernabsatzgeschäft bestehen für alle Verbrauchergeschäfte, unabhängig davon, ob im konkreten Fall der Unternehmer dem Verbraucher überlegen sei oder nicht; auf die tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnisse der Beteiligten im Einzelfall komme es nicht an. Ebenso wenig komme es darauf an, ob sich der Verbraucher im konkreten Fall selbst über die Voraussetzungen eines Rücktritts vom Rechtsgeschäft informiert hat. Das Rücktrittsrecht nach § 5e KSchG müsse - anders als nach § 3 KSchG - nicht schriftlich ausgeübt werden, ein Email reiche daher aus.

Die Berufung des Klägers gegen die Abweisung des Schadenersatzbegehrens wurde ebenfalls Folge gegeben, weil das Erstgericht keine Feststellungen zum Schadenersatzbegehren des Klägers getroffen hat. Die Ausführungen der Erstgerichts unterstellen, dass der Käufer im Rahmen der Gewährleistung keine Wandlungsanspruch hätte geltend machen können. Dies könne aber laut Zweitgericht aufgrund des festgestellten Sachverhalts (noch) nicht beurteilt werden. Stehen dem Käufer mehrere Rechtsbehelfe zur Verfügung, sich vom Kaufvertrag zu lösen, dann habe er die Wahl. Stützt er sich - wie hier - auf § 5e KSchG, um vom Vertrag zurückzutreten, dann könne sein Schadenersatz nicht deshalb abgewiesen werden, weil er (auch) einen Verbesserungs- bzw Preisminderungsanspruch hätte geltend machen können. Darüber ob dem Beklagten Verschulden an der Schlechterfüllung getroffen hat, wurden keine Feststellungen vom Erstgericht getroffen. Ist der Rücktritt vom Kläger gem § 5e KSchG zu Recht erfolgt, hat der Unternehmer ihm auch die vom Kläger bezahlten Transportkosten zurückzustellen.

Nach dem LG Wiener Neustadt ist der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig, da weder zur Frage, wann jemand Unternehmer iSv § 1 Abs 1 Z 1 KSchG ist, wenn er mehrfach gleichartige Waren über eBay kauft und verkauft, noch zu den Voraussetzungen des Rücktritts gem § 5e KSchG oder des Umfangs der Rückstellungspflicht (Kosten der Anlieferung) höchstgerichtliche Rechtsprechung existiert und diesen Fragen über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung beigemessen wird.

LG Wiener Neustadt 31.10.2006, 17 R 274/06z

Informationen: http://www.verbraucherrecht.at
 
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