Programm gegen Politikverdrossenheit  

erstellt am
02. 02. 07

 Spindelegger: Wer wählen kann muss wählen wollen
Zweiter Präsident legt Programm gegen Politikverdrossenheit vor
Wien (pk) - "Wer wählen kann, muss wählen wollen." Unter diesem Motto legte der Zweite Präsident des Nationalrats Michael Spindelegger bei einer Pressekonferenz im Parlament am 01.02. ein "Zwölf-Punkte-Programm gegen die Politikverdrossenheit" vor. Das in drei Teile gegliederte Programm – Grundlagen schaffen, Politik erlebbar machen, Medien nützen – ist, wie Spindelegger sagte, Ergebnis vieler Gespräche und soll als begleitende Maßnahme zur Senkung des Wahlalters auf 16 Jahre dienen. Unter anderem soll politische Bildung verpflichtend an Schulen eingeführt werden.

Präsident Spindelegger verwies eingangs der Pressekonferenz auf eine jüngst vorgelegte Untersuchung, wonach 80 Prozent der 16- bis 24jährigen wenig oder gar nicht an politischen Vorgängen interessiert seien. Es handle sich damit also nicht um Politikverdrossenheit, sondern um Desinteresse. Dies sei zum Teil auch darin begründet, dass im Elternhaus zu wenig über Politik geredet werde. Bei der Senkung des Wahlalters auf 16 Jahre – durch die mehr als 182.000 neue Wähler aufgerufen seien – drohe ohne Begleitmaßnahmen mangelnde Beteiligung, meinte Spindelegger.

Zunächst gelte es daher, Grundlagen zu schaffen. Dem dient etwa eine umfassende Jugendstudie, die bereits im Frühjahr 2007 "über die Bühne gehen" soll und die generell die Interessen der Jugendlichen abfragen soll. Die politische Bildung an den Schulen soll forciert werden. In diesem Rahmen sollen auch MandatarInnen in den Schulen zu Diskussionen und Begegnungen zur Verfügung stehen; er selbst werde entsprechende Initiativen setzen, betonte Spindelegger. Da durch die Senkung des Wahlalters der Wahlkampf auch an die Schulen gebracht werde, soll nach den Vorstellungen des Zweiten Präsidenten schon jetzt ein Fairnessabkommen zwischen den Parteien abgeschlossen werden. Zusätzlich schwebt Spindelegger ein Ideen- bzw. Leitbildwettbewerb unter Jugendlichen – Motto: Wo steht Österreich in 30 Jahren? – vor; es gehe dabei um die "Faszination der Zukunftsgestaltung". Gemäß dem Regierungsübereinkommen soll die Gleichstellung der Bundesjugendvertretung mit anderen Sozialpartnern ehest möglich erfolgen.

Politik soll "erlebbar" gemacht werden, führte Spindelegger weiter aus. So sollen alle Schülerinnen und Schüler im Lauf ihrer Schulzeit zumindest einmal das Parlament besuchen; dabei sollen auch Begegnungen mit politischen Verantwortungsträgern stattfinden. Alle Mandatarinnen und Mandatare forderte der Zweite Nationalratspräsident auf, im Rahmen der politischen Bildung Schulen zu besuchen. Auch auf Bezirks- und Gemeindeebene soll Politik erlebbar werden. SchülerInnenvertreterInnen sollen ins Parlament eingeladen, eine eigene Ansprechstelle für Anliegen der Jugendlichen an die Politik ("Bürgerbriefkasten") soll eingerichtet werden.

Schließlich soll, in Anknüpfung an die Lebenswelt der jungen Menschen, ein Computerspiel zur Aufbereitung der politischen Prozesse entwickelt werden. Spindelegger möchte für sein Vorhaben auch die Medien nützen, etwa den ORF im Zusammenhang mit dessen Bildungsauftrag im Sinn einer "Demokratieeinschulung" bzw. Einschulung in politische Partizipation. An den Zeitungsherausgeberverband möchte er wegen einer Serie in Tageszeitungen herantreten.

 

 Grossmann: SPÖ ist treibende Kraft für Partizipationsmöglichkeiten
Wien (sk) - "Spät, aber doch, wird der Jugend jetzt mehr Beachtung geschenkt", so die SPÖ-Kinder- und Jugendsprecherin Elisabeth Grossmann zum vom 2. Nationalratspräsidenten Michael Spindelegger präsentierten "Programm gegen Politikverdrossenheit" bei Jugendlichen. "Die Wahlaltersenkung ist ein erster wichtiger Schritt zu mehr Partizipationsmöglichkeiten für Jugendliche, für den die SPÖ in den Koalitionsverhandlungen viel Überzeugungsarbeit leistete. Die SPÖ hat immer darauf hingewiesen, dass die Wahlaltersenkung von flankierende Maßnahmen, wie forcierte politische Bildung in Schulen und mehr Jugendpartizipationsmodellen in Parlament, Landtagen Gemeinderäten sowie im schulischen Umfeld begleitet werden muss", betonte Grossmann.

Die SPÖ-Kinder- und Jugendsprecherin wies auch daraufhin, dass in den Koalitionsverhandlungen mit der ÖVP ein Arbeitsprogramm für die zuständigen Ministerien festgelegt wurde, mit dem die Partizipationsmöglichkeiten der Jugendlichen gefördert und ausgebaut werden. "Die SPÖ war in der Vergangenheit die treibende Kraft für Wählen mit 16 und die verstärkte Einbindung von Jugendlichen in die politischen Abläufe. Erfreulicherweise hat die ÖVP ihre Widerstände dagegen aufgegeben", so Grossmann abschließend.

 

 Zwerschitz: Erfreulicher VP-Kurswechsel in Sachen 'Politische Bildung'
Wien (grüne) - "Dass der Zweite Nationalratspräsident Spindelegger nun für die verpflichtende Einführung des Faches 'Politische Bildung' in allen Schulen eintritt, ist ein erfreulicher Kurswechsel der ÖVP", stellt Barbara Zwerschitz, Jugendsprecherin der Grünen, fest. Zwerschitz ist im Zusammenhang mit der Wahlaltersenkung überzeugt, dass Jugendliche die Chance auf Mitbestimmung annehmen werden. Genau deshalb haben die Grünen ja schon bei der ersten Sitzung des Nationalrates einen entsprechenden Antrag eingebracht.

Zwerschitz weist darauf hin, dass einige Vorschläge von Spindelegger zum Teil schon gängige Praxis sind. "Engagierte Lehrkräfte holen PolitikerInnen längst an die Schulen, um Politik erlebbar zu machen. Auf Ausgewogenheit zwischen den verschiedenen Parteien muss dabei natürlich geachtet werden", so Zwerschitz. Dass 80 % der Jugendlichen nicht an Politik interessiert sind, liege sicher auch daran, dass man sich um diese Gruppe bis jetzt zu wenig gekümmert hat. Jugendbeteiligung fand kaum statt, wäre aber z.B. bei Unterrichtsgestaltung, Maßnahmen gegen Arbeitslosigkeit oder Kulturangeboten sicher wünschenswert.

"Das wichtigste ist aber, endlich die Jugendlichen nicht als 'Zukunftshoffnung' , 'künftige SteuerzahlerInnen' oder ähnliches zu sehen, sondern als vollwertige und jetzt wichtige Mitglieder unserer Gesellschaft", so Zwerschitz.
 

Wir übernehmen hier Stellungnahmen aller im Parlament
vertretenen Parteien – sofern vorhanden! Die Redaktion

 
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