Industrie und Bauwirtschaft in der Hochkonjunktur  

erstellt am
13. 02. 07

Wien (wifo) - Die heimische Wirtschaft wuchs im IV. Quartal laut der Schnellschätzung des WIFO real um 3,3% gegenüber dem Vorjahr; das entspricht einem saisonbereinigten Anstieg des BIP um 0,8% gegenüber dem Vorquartal. Vor allem in der Sachgütererzeugung und der Bauwirtschaft erweist sich die Konjunktur als sehr stark. Sie bewirkt eine erhebliche Ausweitung der Zahl der Vollzeitarbeitsplätze und ermöglicht den Abbau der Arbeitslosigkeit. Hingegen zeigen sich in den vom Konsum der privaten Haushalte abhängigen Wirtschaftsbereichen keine Anzeichen einer kräftigen Belebung. Obwohl der Anstieg der Verbraucherpreise gering ist, erlaubt das zurückhaltende Wachstum der Löhne keine starke Expansion der Konsumnachfrage.

Die heimische Industrie befindet sich in einer stabilen Hochkonjunktur. Im IV. Quartal 2006 erhöhte sich die Wertschöpfung des produzierenden Bereichs gegenüber dem Vorjahr real um 7,5%. Im WIFO-Konjunkturtest für das I. Quartal 2007 zeigen sich die Unternehmen anhaltend optimistisch. Die Beurteilung der Exportaufträge fiel nochmals etwas optimistischer aus als im Vorquartal, die erzielten Preise steigen weiter, und die Produktionserwartungen für die nächsten Monate haben sich kaum abgeschwächt. Besonders günstig verläuft die Konjunktur in der technischen Verarbeitung, zu der neben der Stahlindustrie auch die Kfz-, die Metall- und die Elektroindustrie zählen. Auch die chemische Industrie und die Unternehmen, die der Bauwirtschaft zuliefern, beurteilen ihre Geschäftslage sehr optimistisch.

Die Kapazitätsauslastung erreichte in der Sachgütererzeugung im I. Quartal mit 85,1% einen neuen Höchstwert. Die auftretenden Kapazitätsengpässe veranlassen die Unternehmen zur Realisierung geplanter Investitionsprojekte. Dies wird durch die ausgezeichnete Gewinnentwicklung unterstützt. Der Konjunkturzyklus ist von einem exportgetragenen Aufschwung in eine kräftige Investitionskonjunktur übergegangen.

Dies zeigt sich auch in der Bauwirtschaft. Die Wertschöpfung lag im IV. Quartal 2006 real um 5,5% über dem Niveau des Vorjahres. Im WIFO-Konjunkturtest für das I. Quartal 2007 wird die Auftragslage zwar etwas schwächer eingeschätzt als im Herbst, jedoch nach wie vor markant besser als im langfristigen Vergleich. Das milde Wetter ermöglicht den Bauunternehmen die Umsetzung der großen Nachfrage in beträchtliche Produktionsausweitungen. Angesichts der günstigen Auftragslage muss kein Einbruch im Frühjahr erwartet werden.

Die Hochkonjunktur in Industrie und Bauwirtschaft spiegelt sich auf dem Arbeitsmarkt: Die Zahl der unselbständig aktiv Beschäftigten wurde im Jänner gegenüber dem Vorjahr um 72.000 (+2,3%) ausgeweitet. Das war das stärkste Wachstum seit dem Jahr 1991. Der Anstieg der Beschäftigung in der Industrie (+7.000) und der Bauwirtschaft (+10.000) betrifft primär Vollzeitarbeitsplätze und ermöglicht so den Rückgang der Zahl der Arbeitslosen, von denen viele Vollzeitstellen suchen. Für die Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit bestehen nun besonders günstige Rahmenbedingungen. Auch die Dienstleistungsbranchen weiten ihre Beschäftigung kräftig aus, überwiegend allerdings in Form von Teilzeitbeschäftigung, etwa im Handel. Diese Arbeitsplätze werden zu einem wesentlichen Teil aus dem zusätzlich auftretenden Arbeitskräfteangebot besetzt.

Der Anstieg der Beschäftigung im tertiären Sektor lässt jedoch nicht auf eine Belebung der Konsumnachfrage der privaten Haushalte schließen. Zwar würde eine Übertragung der guten Export- und Investitionskonjunktur auf die Konsumnachfrage einen weiteren wichtigen Schritt im Konjunkturzyklus bedeuten, doch fehlt es dafür derzeit an Hinweisen. Der private Konsum expandierte im IV. Quartal 2006 mit einer Rate von real +1,7% gegenüber dem Vorjahr. Das Umsatzwachstum lag im Einzelhandel im Dezember nach ersten vorläufigen Berechnungen real bei nur +0,6%, die gemeldeten Daten für die Nachfrage nach Kfz sind sehr niedrig.

Trotz einer Erholung der Konsumentenstimmung weist nur wenig auf eine Beschleunigung der Nachfrageentwicklung hin. Besonders der schwache Anstieg der Reallöhne verhindert eine Erholung der Konsumausgaben. Der Zuwachs der Pro-Kopf-Löhne lag zu Jahresende brutto bei etwa 1% und netto merklich darunter.

Die Preisentwicklung stützt die Einkommen. Infolge der Entspannung auf den Rohölmärkten und der Preisrückgänge im Bereich der Nachrichtenübermittlung betrug der Anstieg des Preisniveaus auf Verbraucherebene im Dezember insgesamt nur 1,5%. Für das gesamte Jahr 2006 ergab sich eine Erhöhung des Verbraucherpreisindex um 1,5% bzw. des Harmonisierten Verbraucherpreisindex um 1,7% – jeweils unter dem von der Europäischen Zentralbank definierten Wert für die Preisstabilität.

Quelle: WIFO
Autor: Markus Marterbauer
 
zurück