Arbeitsplatzoffensive für Menschen mit Behinderung  

erstellt am
22. 02. 07

 Buchinger: "Mehr Chancen durch mehr Service"
Wien (sk) - Sozialminister Erwin Buchinger stellte in einer Pressekonferenz am 21.02. die Arbeitsplatzoffensive für Menschen mit Behinderungen "Mehr Chancen durch mehr Service" vor. "Trotz der Fülle von Maßnahmen hat sich die Arbeitmarktsituation für Menschen mit Behinderung verschlechtert, obwohl sich die allgemeine Arbeitsmarktlage verbessert hat. Mein vorrangigstes Ziel ist es, diesen Trend zu brechen", betonte Buchinger. Es gab für diese Personengruppe eine Steigerung der Arbeitslosigkeit im Jänner 2007 um fast 11 Prozent im Vergleich zum Jänner des Vorjahres. Buchinger stellte drei zusätzliche Schwerpunkte zur Umsetzung des Regierungsprogramms vor: Erstens das Pilotprojekt "Disability Flexicurity" (gemeinnützige Arbeitskräfteüberlassung), zweitens das "Unternehmerservice" (eine spezielle Einrichtung für Klein- und Mittelbetriebe) und drittens den Ausbau der Arbeitsassistenz zur Unterstützung und Betreuung im Prozess der Arbeitsintegration.

Als eines der umzusetzenden Ziele im Regierungsprogramm nannte Buchinger das Pilotprojekt "Disability Flexicurity", um für Menschen mit Behinderungen die Benachteiligungen bei der Integration am Arbeitsmarkt auszugleichen. Im Rahmen einer Arbeitsgruppe soll ein "Best Practice Modell" der Arbeitskräfteüberlassung entwickelt werden, durch das Arbeitgeber ermutigt werden, die Leistungsfähigkeit von Menschen mit Behinderungen zu erproben, um letztlich eine Übernahme in den Betrieb zu erwirken. Damit könne auch getestet werden, wie ernsthaft es den Betrieben mit der Einstellung von Menschen mit Behinderungen ist, so Buchinger.

Weiters ist geplant, für Klein- und Mittelbetriebe ein spezielles "Unternehmerservice" einzurichten, um den Unternehmen eine Beratung und Hilfestellung über alle die Beschäftigung von Menschen mit Behinderung relevanten Fragestellungen zu bieten. Das Unternehmerservice wird mit allen regional relevanten Akteuren, wie etwa dem AMS, kooperieren. Als zentrales Kompetenzzentrum fungiere dabei das Bundessozialamt, erklärte Buchinger.

Der dritte zusätzliche Schwerpunkt, den der Sozialminister nannte, ist der Ausbau der Arbeitsassistenz. Diese soll zur Unterstützung und Betreuung im Prozess der Arbeitsintegration der Menschen mit Behinderung erweitert werden.

In den Koalitionsverhandlungen wurden die genannten Verbesserungen in Richtung zusätzlicher Angebote für Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderungen getroffen. Vereinbart wurde, so der Sozialminister, dass die Beschäftigungsoffensive ausgebaut werde, das Bundessozialamt als Kompetenzzentrum gestärkt sowie unternehmensbezogene Dienstleistungen zur Unterstützung der Wirtschaft bei der beruflichen Integration optimiert werden.

Minister Buchinger hielt fest, dass er in seinem Budget zusätzlich fünf Millionen Euro für diese Schwerpunkte zur Verfügung haben wird; dies bedeutet eine Erhöhung um mehr als sieben Prozent. Heute wird Buchinger mit Finanzminister Molterer die konkrete Aufteilung verhandeln. "Wir haben eine gemeinsame gesellschaftliche Verantwortung, dem Trend der höheren Arbeitslosigkeit von Menschen mit Behinderungen gegenzusteuern, dieser Verantwortung werde ich mich mit Freude stellen", so Sozialminister Buchinger abschließend.

 

 Marek: Anstieg arbeitssuchender Menschen mit Behinderung statistischer Effekt
Wien (bmwa) - Erfreut zeigte sich Staatssekretärin Christine Marek über die positiven Aussagen von Sozialminister Erwin Buchinger hinsichtlich der Beschäftigungsoffensive für behinderte Menschen unter der Regierung Schüssel. "Tatsächlich war die Beschäftigungsoffensive ein Erfolgsmodell", so Marek. Durch Maßnahmen wie etwa die persönliche Assistenz am Arbeitsmarkt, das Clearing, Lohnkostenzuschüsse oder Integrationsbeihilfen konnte eine Vielzahl behinderter Menschen in die Erwerbstätigkeit geführt werden. "Diesen erfolgreichen Kurs wollen wir auch weiterfahren und ausbauen", so Marek.

Um dem Sozialminister die "Analyse" über die gestiegene Zahl Arbeit suchender Menschen mit Behinderung (+ 1,8 Prozent) zu erleichtern, stellte Marek klar, dass dieser "Anstieg" ein statistischer Effekt sei. "Die Lage hat sich keinesfalls verschlechtert, sondern im Gegenteil verbessert", so Marek. Hintergrund des statistischen Effektes sei, dass im Jahr 2006 für Behinderte ein Sonderprogramm entwickelt wurde, das die Eingliederung von Behinderten in den Arbeitsmarkt verbessert. Um von diesem Sonderprogramm Gebrauch zu machen, müssen Arbeitssuchende vom AMS als behindert eingestuft sein.

Folge daraus war, dass Arbeit Suchende mit Vermittlungshindernissen vermehrt als Behinderte eingestuft wurden. Die AMS-Bestimmungen lassen hier einen Ermessensspielraum zu. Eine erhebliche vermittlungsrelevante Behinderung reicht aus, eine Einstufung als Behinderter nach dem Bundesbehinderteneinstellungsgesetz ist somit nicht erforderlich. Marek wies abschließend darauf hin, dass bei Behinderten nach dem Bundesbehinderteneinstellungsgesetz ein leichter Rückgang der Arbeitslosigkeit zu verzeichnen war. Darüber hinaus seien ab Juni 2006 bis Mitte Februar 2007 um 2.054 mehr Menschen mit Behinderung im Rahmen des Sonderprogrammes in den Arbeitsmarkt integriert worden.

 

 Haidlmayr: Aus Behindertenmilliarde dürfen nur Jobs für Behinderte geschaffen werden
Wien (grüne) - "Es ist schon skurril, wenn der Sozialminister die Behindertenmilliarde lobt, obwohl die Zahl arbeitsloser Behinderter steigt und die Arbeitslosenzahl sinkt. Damit bestätigt sich, dass die Behindertenmilliarde nicht zusätzliche Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderung, sondern für nicht behinderte Menschen gebracht hat", kritisiert die Behindertensprecherin der Grünen, Theresia Haidlmayr. Arbeitsplätze für nicht behinderte Menschen zu schaffen sei grundsätzlich positiv, aber nicht, wenn diese aus der Behindertenmilliarde finanziert werden, so Haidlmayr. "Die Behinderten werden zwar zum Klientel ernannt, aber nicht behinderte Menschen bekommen die Arbeitsplätze. Die Behindertenmilliarde muss daher evaluiert und die Richtlinie so geändert werden, dass aus dieser sogenannten Behindertenmilliarde ausschließlich Jobs für Menschen mit Behinderung geschaffen werden", fordert Haidlmayr.

"Solange es für Unternehmen möglich ist, sich zu Dumping-Preisen von der Beschäftigung behinderter Menschen freizukaufen wird sich nichts ändern. Auch das vorgeschlagene Anreizsystem des Sozialministers lässt keine Sprünge zu, welche die Zahl der arbeitslosen Menschen mit Behinderung nach unten revidieren würde", meint Haidlmayr und weiter: "Das kann nur erreicht werden, wenn es dem Ausgleichstaxzahler gleicht ‚teuer' kommt, wenn er eine behinderte oder nicht behinderte Person beschäftigt".

Haidlmayr weist Minister Buchinger darauf hin, dass Wien das Bundesland ist, das die Einstellungspflicht von Behinderten am wenigsten erfüllt. Auch die Aussage, dass im Bundesdienst 300 nicht besetzt Behindertenarbeitsplätze vorhanden seien, ist falsch. "Schon allein im Innenministerium sind 600 dieser Stellen nicht besetzt. Buchinger ist bei seinem Zahlenmaterial davon ausgegangen, dass der gesamte Bundesdienst als Einheit gesehen wird. Was natürlich nicht stimmt, sondern die Behinderteneinstellungspflicht muss pro Ressort erfüllt werden. Es könne nicht sein, dass einige überfüllen, und andere ihre Quote gar nicht erreichen. Die Forderung der Grünen, dass Bund, Länder, Gemeinden und staatsnahe Betriebe sich nicht mehr von der Einstellungspflicht freikaufen dürfen, sondern verpflichtend anstellen müssen, war bis Ende September 2006 auch das Ziel der SPÖ. Aber die Versprechen an Menschen mit Behinderung, die Arbeitslosigkeit zu senken, findet sich in konkreten Bekenntnissen und der Umsetzung der SPÖ nicht wieder.

 

 Hofer: Buchingers Arbeitsplatzoffensive ist reines Placebo
Wien (fpd) - Die FPÖ erwartet sich wenig von der von Sozialminister Buchinger vorgestellten "Arbeitsplatzoffensive" für Menschen mit Behinderungen. FPÖ-Behindertensprecher NAbg. Norbert Hofer: "Der neu gestylte Sozialminister hat die Einsetzung einer Arbeitsgruppe angekündigt, die im Rahmen eines Pilotprojektes für Menschen mit Behinderungen die Benachteiligungen bei der Integration am Arbeitsmarkt prüfen soll. Diese Pressekonferenz hätte sich der Sozialminister sparen können. Das Ankündigen des Einsetzens einer Arbeitsgruppe ist keinen Presseauftritt wert. Offenbar ist es mittlerweile rot-schwarze Tradition, die Einsetzung von Arbeitsgruppen anzukündigen, anstatt Probleme zu lösen. Ich erinnere an die Arbeitsgruppe zur Lösung des Pflegeproblems. Auch dort hat man nichts weitergebracht. Von Frau Klasnic hat man nie wieder etwas gehört."

Hofer fordert Buchinger auf, auf die Verabreichung von Placebo zu verzichten und Nägel mit Köpfen zu machen. Es sei fragwürdig, von Klein- und Mittelbetrieben zu verlangen, mehr Behinderte einzustellen und gleichzeitig als öffentliche Hand auf die gleiche Maßnahme zu verzichten.

Ab 25 Mitarbeitern muss ein Betrieb einen Behinderten einstellen - oder 196 Euro im Monat Strafe zahlen. Unserem "Sozialstaat" ist die Strafe offenbar lieber. Von ca. 7.100 Pflichtstellen des Bundes sind rund 1.600 unbesetzt. Alleine in Wien sind fast 900 Arbeitsplätze für Behinderte nicht besetzt. Nur Oberösterreich, Steiermark und Kärnten erfüllen die Quote. Alle anderen Bundesländer zahlen die Ausgleichstaxe von jeweils 196 Euro. Das betrifft mehr als 2.000 nicht besetzte Planstellen.

Positiv beurteilt der freiheitliche Behindertensprecher den Ausbau der Arbeitsassistenz. Hofer: "Das jüngste Beispiel einer sehbehinderten Studentin, der für persönliche Assistenz Mittel gestrichen wurden, zeigt aber, dass hier auch verbesserte gesetzliche Rahmenbedingungen benötigt werden. Die Studentin hat keinen Rechtsanspruch auf eine persönliche Assistenz. Der Fall wurde heute von Helmut Zilk in einer großen österreichischen Tagszeitung aufgegriffen."

 

 Haubner: Ankündigungen, Phrasen und Arbeitsgruppen
Wien (bzö) - Die stellvertretende BZÖ Klubobfrau und Sozialsprecherin Ursula Haubner kritisiert das Ankündigungs- und Phrasenprogramm von Sozialminister Erwin Buchinger in der Politik für Menschen mit Behinderungen. "Ankündigungen, Phrasen und Arbeitsgruppen - die SPÖ lässt die Behinderten im Stich. Das derzeitige Behindertenkapitel im Regierungsprogramm ist nicht nur dürftig, sondern vor allem ein reines Ankündigungspapier, dessen Umsetzung im Budget nicht einmal gedeckt ist. Es bleibt daher zu befürchten, dass die Fortschritte im Behindertenbereich auf der Strecke bleiben. Auch in diesem Bereich hat sich die SPÖ sämtliche Budgetmittel herausverhandeln lassen und es ist ein zu später Versuch einer Kurskorrektur, wenn sich Minister Buchinger jetzt bei Finanzminister Molterer für die dringend nötigen, zusätzlichen Finanzmittel einsetzen will", betont Haubner. Ebenfalls bedauerte Haubner, dass es nunmehr kein eigenes Regierungsmitglied für die Anliegen der Behinderten gibt, wie es bisher der Staatssekretär im Sozialministerium gewesen sei.

Es sei auch der völlig falsche Weg bei der Ausgleichstaxe über Strafaktionen für Unternehmer nachzudenken, sondern es müsse weiter positive Anreize geschaffen werden. "SPÖ und ÖVP haben außerdem die jährliche Erhöhung des Pflegegeldes abgeschmettert und damit wieder ein weiteres Wahlversprechen gebrochen. Menschen mit Behinderungen werden von dieser Bundesregierung ignoriert. Unsere positiven Initiativen werden weitergeführt, sonst herrscht Schweigen im Walde. Einfach schwache Politik für die Schwachen der Gesellschaft. Das BZÖ wird auf jeden Fall weiterhin ein engagierter Anwalt der Menschen mit Behinderungen sein und ihre berechtigten Anliegen mit Vehemenz vertreten", so Haubner abschließend.
 
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