Stärkung der Vielfalt europäischer Fernseh- und Medienabrufdienste  

erstellt am
09. 03. 07

Kommission bahnt den Weg für die neue Richtlinie "Audiovisuelles ohne Grenzen"
Brüssel (eu-int) - Die Kommission stellte am 09.03. ihren konsolidierten Vorschlag für die Modernisierung der Richtlinie „Fernsehen ohne Grenzen“ vor. Nach der ersten Lesung im Europäischen Parlament und im Rat besteht nun weitgehendes Einvernehmen mit der Kommission über den künftigen Rechtsrahmen für den audiovisuellen Bereich in Europa. Die ursprünglich vom Europäischen Parlament angeregten neuen Vorschriften stellen eine Antwort auf die technologische Entwicklung dar und dienen der Schaffung fairer Wettbewerbsbedingungen für die sich entwickelnden audiovisuellen Mediendienste in Europa (Videoabruf, mobiles Fernsehen, audiovisuelle Dienste im digitalen Fernsehen). Die europäischen Fernseh- und Filmproduzenten erhalten durch die neue Richtlinie mehr Flexibilität bei der Produktion ihrer digitalen Inhalte, die sie dann den Verbrauchern werbefinanziert frei zugänglich machen können. Mit der neuen Richtlinie werden zugleich die Grundpfeiler des europäischen audiovisuellen Sektors bekräftigt: kulturelle Vielfalt, Jugendschutz, Verbraucherschutz, Medienpluralismus und Bekämpfung von Rassen- religiösem Hass. Die Kommission schlägt au?erdem vor, die Unabhängigkeit der nationalen Medienregulierer in der neuen Richtlinie zu verankern. Der konsolidierte Wortlaut der neuen Richtlinie wird nun im Europäischen Parlament und im Rat in zweiter Lesung beraten.

„Dank der ehrgeizigen Arbeit des Europäischen Parlaments und der großen Anstrengungen des deutschen Ratsvorsitzes in den letzten Monaten ist der neue Rechtsrahmen für wettbewerbsfähigere, vielfältigere und pluralistischere audiovisuelle Medien in Europa jetzt zum Greifen nahe“, sagte Viviane Reding, die für die Informationsgesellschaft und Medien zuständige EU-Kommissarin. „Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir bis Ende Mai eine politische Einigung über die neue Richtlinie für 'Audiovisuelles ohne Grenzen' erzielen werden. Der europäische Binnenmarkt würde dadurch bis spätestens Ende 2008 sowohl für die Anbieter audiovisueller Mediendienste als auch für die Verbraucher endlich auch in der Praxis geöffnet.“

Die Modernisierung der seit 1989 geltenden Richtlinie „Fernsehen ohne Grenzen“ wurde von der Kommission am 13. Dezember 2005 vorgeschlagen und ist seitdem im Europäischen Parlament und im Ministerrat zügig erörtert worden. Die neue Richtlinie soll dem audiovisuellen Sektor in Europa helfen, wettbewerbsfähiger zu werden, indem alle audiovisuellen Dienste unabhängig von der Übertragungstechnik in den Genuss der Vorteile des Binnenmarktes kommen. Außerdem werden flexiblere Regeln für das herkömmliche Fernsehen eingeführt, um der Technologie- und Marktentwicklung sowie den veränderten Fernsehgewohnheiten der Zuschauer Rechnung zu tragen.

Im Mittelpunkt der neuen Richtlinie steht das Herkunftslandprinzip, das bereits der Grundpfeiler der ursprünglichen Richtlinie „Fernsehen ohne Grenzen“ von 1989 war. Dieses Prinzip war seit Ende der 1980er Jahre mitursächlich für die Ausbreitung des grenzüberschreitenden Satellitenfernsehens und für die schrittweise Einrichtung europaweiter Fernsehkanäle und -veranstalter. Künftig wird dieses Prinzip dafür sorgen, dass neben den Fernsehveranstaltern auch Anbieter anderer audiovisueller Mediendienste (z.B. Anbieter von Videoabruf-, Nachrichtenabruf-, Sportabrufdiensten oder abrufbarer audiovisueller Dienste für Mobilgeräte) nur noch den Vorschriften des Landes unterworfen werden, in dem sie niedergelassen sind, und nicht mehr 27 unterschiedlichen Rechtssystemen.

Die neue Richtlinie bringt außerdem Verbesserungen für den Medienpluralismus in den 27 EU-Mitgliedstaaten, weil sie die nationalen Medienmärkte für den Wettbewerb mit anderen EU-Ländern öffnet und eine größere Vielfalt des Fernsehens, der audiovisuellen Medien und der abrufbaren Inhalte aus ganz Europa ermöglicht.

Die Vorschriften über die Fernsehwerbung werden in der neuen Richtlinie weniger detailliert sein als sie es seit 1989 gewesen sind. Im Einklang mit den Bemühungen der Barroso-Kommission um eine bessere Rechtsetzung soll künftig nicht mehr in Brüssel festgelegt werden, wann und wie frei empfangbare Fernsehprogramme durch Werbung unterbrochen werden dürfen. Stattdessen kann dies von den Fernsehveranstaltern und Filmemachern selbst entschieden werden. Die Gesamtdauer der Werbung bleibt jedoch auf 12 Minuten pro Stunde beschränkt. Filme, Kinderprogramme, Sendungen zum Zeitgeschehen und Nachrichten dürfen höchstens einmal pro 30 Minuten durch Werbung unterbrochen werden. „Neue Werbeformen wie die Produktplatzierung könnten sich zu einer beträchtlichen Einnahmequelle der Fernsehveranstalter und des gesamten audiovisuellen Sektors mausern“, erläutert Kommissarin Reding. „Ich freue mich, dass sich das Europäische Parlament und der Rat der Ansicht der Kommission angeschlossen haben, dass wir in diesem Punkt durch klare Regeln die Wettbewerbsfähigkeit des europäischen Films stärken, gleichzeitig aber jede Produktplatzierung in Kindersendungen, Nachrichten, Dokumentationen und Sendungen zum Zeitgeschehen ausschließen müssen."

Im Übrigen bekräftigt die neue Richtlinie die gemeinsamen politischen Ziele, die seit 1989 im Mittelpunkt der europäischen Politik im audiovisuellen Bereich stehen. So werden die Mitgliedstaaten verpflichtet, den Jugendschutz zu gewährleisten, europäische Werke und unabhängige audiovisuelle Produktionen zu fördern und Inhalte zu verbieten, die zum Religions- oder Rassenhass aufstacheln. Außerdem wird die Branche ausdrücklich zur Selbstregulierung und zur Koregulierung ermuntert.

Eine der wenigen offenen Fragen, die noch in zweiter Lesung zu klären sind, ist der Vorschlag der Kommission, die Unabhängigkeit der nationalen Medienaufsichtsbehörden von den nationalen Regierungen und allen Anbietern audiovisueller Mediendienste sowie deren unparteiische und transparente Arbeitsweise zu garantieren. Nach Ansicht der Kommission ist eine unabhängige Medienaufsicht für die Demokratie und die Gewährleistung des Medienpluralismus unverzichtbar. Das Europäische Parlament hat diesen Vorschlag in erster Lesung nachdrücklich unterstützt.

Hintergrund
Am 13. Dezember 2005 unterbreitete die Kommission einen Vorschlag für die Überarbeitung der Richtlinie „Fernsehen ohne Grenzen“, um den bedeutenden Technologie- und Marktentwicklungen auf dem Gebiet der audiovisuellen Dienste Rechnung zu tragen. Nach ersten Gesprächen über den Kommissionsvorschlag im Mai 2006 einigte sich der Rat am 13. November 2006 auf eine allgemeine Ausrichtung bezüglich des Entwurfs der modernisierten Richtlinie für audiovisuelle Mediendienste. Dieser vom Ratsvorsitz ausgearbeitete und vom Rat gebilligte Kompromiss stimmt weitgehend mit dem Vorschlag der Kommission überein. Am 13. Dezember 2006 beendete das Europäische Parlament seine erste Lesung des Richtlinienvorschlags. Dabei zeigte sich insgesamt starke Übereinstimmung sowohl mit dem vom Vorschlag der Kommission als auch mit der allgemeinen Ausrichtung des Rates. Am 12. Februar 2007 bereitete der Rat auf einer informellen Tagung in Berlin den Weg für seinen gemeinsamen Standpunkt zur neuen Richtlinie "Audivisuelles ohne Grenzen", der bereits am 24. Mai 2007 angenommen werden könnte.
 
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