Klimaschutz / EU-Gipfel in Brüssel  

erstellt am
08. 03. 07

 Gusenbauer: Breiter nationaler Konsens in Fragen Wachstum, Beschäftigung und Klimaschutz
Wien (sk) - "Bei aller Bedeutung des Klimaschutzes, das Hauptthema beim EU-Frühjahrsgipfel wird die Erreichung der Lissabonziele sein", betonte Bundeskanzler Alfred Gusenbauer am 08.03. bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Vizekanzler Wilhelm Molterer und Außenministerin Ursula Plassnik über die Schwerpunkte und Positionen zum Europäischen Rat in Brüssel. Beim Gipfel werde im Vordergrund stehen, welche Maßnahmen notwendig sind zur Erreichung eines höheren Bildungsniveaus, zum Ausbau der sozialen Solidarität und zum Ausbau von Forschung und Entwicklung in Europa. Optimistisch zeigte sich Gusenbauer zur möglichen Einigung über Klimaschutzziele, er forderte "zumindest eine 20%-ige Reduktion des CO2-Ausstosses und den Anstieg erneuerbarer Energien um 20%. Wir gehen mit einem breiten nationalen Konsens in Fragen des Wachstums, Beschäftigung und Klimaschutz in den Gipfel und unterstützen die Klimaschutzziele von Ratspräsidentin Angela Merkel. Wir wissen, die Ziele, die wir in Brüssel vertreten, werden von Österreichs Bevölkerung getragen."

Im guten Wachstum und im Sinken der Arbeitslosigkeit in Europa manifestieren sich bereits die ersten Erfolge der Lissabonstrategie. Jetzt stelle sich die Frage, wie sich Europa in den Bereichen Wachstum und Beschäftigung weiter verbessern kann. Gusenbauer forderte dazu, dass alle Länder in der EU zumindest einen drei-prozentigen Anteil am BIP im Bereich Forschung und Entwicklung haben sollten. Wenn es in der gesamten EU hier eine gemeinsame Strategie gebe, sei das der Garant für eine positive Entwicklung.

Teil einer innovativen, technologischen Gesamtstrategie sei auch der Klimaschutz, der keinesfalls defensiv angegangen werden darf. Gusenbauer betonte die Notwendigkeit einer "Transformation unserer Industrie- und Dienstleistungsgesellschaft nach ökologischen Kritierien". Es gehe nicht nur um die Erreichung der Reduktion des CO2-Ausstosses, sondern entscheidend sei auch die Steigerung der Energieeffizienzen und ein mindestens 20%-iger Anteil an erneuerbaren Energien. "Wenn die Staaten dazu gezwungen werden, wird es auch neue technologische Entwicklungen in diesem Bereich geben."

Gusenbauer erteilte der EU-Atomlobby eine Abfuhr: "Eine Renaissance der Atomenergie ist der falsche Weg, der führt in eine Sackgasse." Gerade die jüngsten Vorfälle haben gezeigt, wie riskant Atomkraftwerke sind, und auch sei die Frage der Endlagerung des Atommülls überhaupt nicht geklärt. Auch die ökonomische Effizienz bezweifelt Gusenbauer, ist die Atomenergie doch sehr hoch mit öffentlichen Geldern subventioniert.

Der Bundeskanzler forderte weiters ein Umdenken im Hinblick auf die europäische Verkehrspolitik. Österreich ist vom Transitverkehr sehr stark betroffen. Man könne die Verantwortung für den Klimaschutz nicht allein auf die Industrie und die privaten Haushalte abschieben.

 

 Molterer: "Besteuerung von Kerosin und Schiffsdiesel ist richtiger europäischer und ökologischer Ansatz"
Wien (bmf) - "Die Menschen sollen spüren, dass die Europäische Union kein unbegreifliches Konstrukt ist, sondern, dass sie Antworten auf wichtige Lebensfragen gibt", bekräftigte Vizekanzler und Finanzminister Mag. Wilhelm Molterer bei der Pressekonferenz vor dem EU-Frühjahrsgipfel. Der Lissabon-Prozess trage Früchte. Das gute Wirtschaftswachstum in der EU, mehr Beschäftigte und sinkende Arbeitslosenzahlen seien der Beweis dafür.

Neben Wachstum und Beschäftigung stehen vor allem die Themen Klimaschutz und Energie auf der Agenda. "Die Diskussion um eine Besteuerung von Kerosin oder Schiffs-Diesel gibt dabei Antworten auf zwei zentrale Zukunftsfragen - erstens auf die Frage nach der Stärkung des europäischen Gedankens und zweitens auf jene nach der Förderung eines nachhaltigen Klimaschutzes", unterstrich der Vizekanzler. Österreich werde sich dafür einsetzen.

"Zukunftsweisende Umwelttechnologien sind auch ein ungeheurer Wachstumsmarkt mit großen Chancen für Österreich. Unsere Wirtschaft ist dabei weltweit führend. Das werden wir nutzen, um Wachstum und Beschäftigung in Österreich zu stärken", so Molterer, der sich auch klar gegen eine stärkere Nutzung von Atomkraft aussprach. Österreich bekenne sich zur Förderung erneuerbarer Energien und zur Stärkung von Energieeffizienz.

Vizekanzler Molterer sprach sich auch für eine Nutzung der guten Wirtschaftslage für weitere strukturelle Reformen und verstärkte Zukunftsinvestitionen etwa in Forschung und Entwicklung, Infrastruktur oder Bildung aus. Man müsse das Unternehmertum in Europa weiter fördern und die Durchlässigkeit der Arbeitsmärkte erhöhen. "Dabei gilt es auch, Arbeitsmarktflexibilität und Beschäftigungssicherheit noch besser zu verknüpfen", so Molterer.

In diesem Zusammenhang verwies der Vizekanzler auch auf das Thema Mitarbeiter-Beteiligungen. "Das ist eine zentrale Zukunftsfrage. Wir müssen neben der Lohntangente eine Beteiligung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an den Wachstums- und Wohlstandsgewinnen ermöglichen. Das wird auch das Vertrauen der Menschen in die Vorteile der Globalisierung stärken. Dafür wird Österreich wichtige Impulse setzen", bekräftigte Molterer.

Die deutsche Ratspräsidentschaft leiste ausgezeichnete Arbeit. "Daher bin ich überzeugt, dass wir beim diesjährigen EU-Frühjahrsgipfel einen weiteren Schritt in Richtung mehr Wachstum und Beschäftigung sowie nachhaltigem Klimaschutz gehen werden", schloss Molterer.

 

 Lichtenecker: Verbindliche Klimaschutzziele ohne Atomkraft müssen EU-Ziel sein
Wien (grüne) - „Bundeskanzler Gusenbauer muss sich beim zweitägigen EU-Gipfel für eine aktive europaweite Klimaschutzpolitik mit den zwei Standbeinen Energieeffizienz und Ausbau der Erneuerbaren einsetzen“, fordert Ruperta Lichtenecker, Umweltsprecherin der Grünen. „Ein zukunftsweisendes Ergebnis muss der Formel 20:20:30 entsprechen. Das bedeutet: 20 Prozent weniger Energieverbrauch, 20 Prozent erneuerbare Energieträger und 30 Prozent weniger Treibhausgase.“

Als problematisch sieht Lichtenecker die Position der französischen Regierung: Diese plant verbindlichen Klimaschutzzielen nur zuzustimmen, wenn Atomenergie unter dem Deckmantel eines „low carbon“ Ziel als Teil der EU-Klimaschutzpolitik festgeschrieben wird. Das würde bedeuten, dass alle Energieträger mit geringen CO2-Emissionen, darunter die erneuerbaren Energieträger, als auch die Atomkraft als umweltfreundlich gelten würden.

Eine mögliche Festschreibung des EU-weiten Ausbaus der Erneuerbaren Energien um 20 Prozent darf nicht mit einem „low carbon“ Ziel ausgetauscht werden. „Es ist unbegreiflich, dass Atomenergie mit seinem Gefahrenpotential und der ungelösten Abfallproblematik auf die gleiche Stufe wie beispielsweise Biomasse- oder Photovoltaik gestellt werden soll,“ so Lichtenecker.

„Eine weitere Stärkung der Atomlobby würde ebenso eine Zustimmung zu dringlichen Starkstromleitungen bedeuten, die als Vorschussleistungen für den künftigen Ausbau der Atomkraft in Osteuropa zu werten sind,“ warnt Lichtenecker. Zu diesen dringlichen Hochspannungsleitungen gehören auch die beiden 380 kV Projekte Dürnrohr-Slavetice und Stupava-Wien Süd. Der Bau dieser Leitungen stehen im engen Zusammenhang mit dem Ausbau des AKW Mochovce um 900 MW und AKW Bohunice um 1800 MW. „Die Regierung muss für eine eindeutige Antiatompolitik beim EU-Rat eintreten, und die Antiatomhaltung der ÖsterreicherInnen vertreten. Atomkraft ist keine Lösung im Kampf gegen den Klimawandel. Die Umsetzung der Energiewende, d.h. Energieeffizienz und Ausbau der Erneuerbaren müssen das Fundament einer sicheren Energieversorgung sein,“ appelliert Lichtenecker.

 

Hofer: FPÖ beantragt Unabhängigen Klimaschutzbeauftragten
Wien (fpd) - Da die CO2-Emissionen Österreichs entgegen aller Beteuerungen, Plänen und Versprechen in den letzten Jahren deutlich angestiegen sind, fordert die FPÖ die Bestellung eines unabhängigen Experten als Klimaschutzbeauftragten. FPÖ-Umweltsprecher NAbg. Norbert Hofer: "Beim Klimaschutz handelt es sich um eine Querschnittmaterie, die viele Bereiche betrifft. Die notwendigen Maßnahmen in Sachen Klimaschutz müssen deshalb ressortübergreifend koordiniert werden. Der Klimaschutzbeauftragte muss daher eine Person sein, die frei von parteipolitischen Zwängen auch öffentlich auf Missstände hinweisen und auf Korrekturbedarf bei der Erreichung der Klimaschutzziele aufmerksam machen kann."

Die FPÖ fordert daher, dass diese Aufgabe einem anerkannten und unabhängigen Experten zukommt. Außerdem werde das Abstimmungsverhalten der Sozialdemokraten mit Spannung erwartet, da es ja Bundeskanzler Gusenbauer war, der - zum Unmut der ÖVP - die Einsetzung eines Klimaschutzbeauftragten versprochen hat. "Heute können die Vertreter der SPÖ im Nationalrat beweisen, dass ihnen der Klimaschutz wirklich ein Anliegen ist und dass sie ihren Bundeskanzler ernst nehmen", so Hofer abschließend.
 

Wir übernehmen hier Stellungnahmen aller im Parlament
vertretenen Parteien – sofern vorhanden! Die Redaktion

 
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