Geschichte der Triosonate wird erstmals erforscht  

erstellt am
08. 03. 07

Deutscher Musikhistoriker und Balzan-Preisträger Ludwig Finscher finanziert Forschungsprojekt mi 500.000 SFR aus Preisgeld
Wien (prd) - Der deutsche Musikhistoriker Ludwig Finscher will mit einem jungen Forscherteam die Gattungsgeschichte der Triosonate erstmalig systematisch erforschen. Sie gilt als bedeutendste kammermusikalische Gattung des 18. Jahrhunderts, über ihren Verlauf herrscht jedoch große Unklarheit. Finscher, der im vergangenen Jahr in Rom mit dem Balzan Preis ausgezeichnet wurde (Preisgeld eine Million Schweizer Franken / rund 630.000 Euro), muss auf Grund der Statuten der Internationalen Balzan Stiftung die Hälfte der Summe in ein Forschungsprojekt investieren, an dem Nachwuchswissenschaftler maßgeblich beteiligt sind. Die auf mehrere Jahre angelegte Arbeit beginnt im April am Musikwissenschaftlichen Institut der Universität Zürich, die Finscher 2003 mit der Ehrendoktorwürde ausgezeichnet hat.

Die Triosonate besteht aus zwei Oberstimmen (Violinen, Oboen etc.) und einem Generalbass (Cembalo / Laute, Violoncello). Im Forschungsprojekt soll die Frage der musikalischen Überlieferung geklärt werden. Zum Beispiel: Welche Drucke und Handschriften wurden wann, wo und von wem in welchem Kontext erstellt? Untersucht werden soll auch die kompositorische Beschaffenheit, bezogen auf Einflussnahmen, Positionen und Gegenpositionen, und schließlich die Verbreitung und Rezeption. Das angestrebte Catalogue Raisonné betrifft eine Kerngattung der Musikwissenschaft.

Finscher, der in Wolfenbüttel lebt und bis 1995 an der Universität Heidelberg lehrte, erhielt den Balzan Preis 2006 für seine außerordentlichen Leistungen auf dem Gebiet der abendländischen Musik seit 1600. Der letzte Teil seiner Neuauflage der 28-bändigen Enzyklopädie "Die Musik in Geschichte und Gegenwart" wird im Mai erscheinen. Von 1977 bis 1981 war er Präsident der Internationalen Gesellschaft für Musikforschung.

Die Balzan Stiftung mit Sitz in Mailand und Zürich vergibt jährlich vier Wissenschaftspreise. Je zwei Preise gehen an den Bereich Geistes-, Sozialwissenschaften und Kunst sowie an den Bereich Physik, Mathematik, Naturwissenschaften und Medizin. Im Gegensatz zum Nobelpreis legt das Preiskomitee die Wissensgebiete jedes Jahr neu fest, um den Blick auch auf sonst weniger berücksichtigte Forschungsgebiete zu lenken. Zusätzlich zu den Wissenschaftspreisen vergibt die Stiftung alle drei bis fünf Jahre einen Sonderpreis für Humanität und Frieden, so auch 2007. Die Balzan Stiftung wurde 1957 von Angela Lina Balzan zu Ehren ihres Vaters Eugenio Balzan gegründet, der Mitherausgeber des "Corriere della Sera" war und 1933 in die Schweiz übersiedelte.
 
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