Flächendeckende Lkw-Maut / Maut-Erhöhung?  

erstellt am
28. 03. 07

 Gewerkschaft vida fordert Einführung der LKW-Maut in Österreich
Haberzettl für faireren Wettbewerb zwischen Schiene und Straße - "sind von echter Kostenwahrheit noch immer meilenweit entfernt"
Wien (vida/ögb) - Die Einführung einer flächendeckenden Lkw-Maut in Österreich fordert der Vorsitzende der Sektion Verkehr in der Gewerkschaft vida, Wilhelm Haberzettl. "Die EU-Kommission wird Österreich mit seiner Forderung nach Anhebung der Lkw-Maut auf vier Cent pro Kilometer aller Voraussicht nach abblitzen lassen", so Haberzettl am 27.03. in Wien, "Die Ausdehnung der Lkw-Maut auch auf das niederrangige Straßensystem im gesamten Bundesgebiet ist deshalb die einzige Möglichkeit, der echten Kostenwahrheit im Verkehr zumindest ein Stück näher zu kommen". Zudem würde die Einführung einer flächendeckenden Lkw-Maut einen weiteren Beitrag zum Klimaschutz sowie einen Schritt in Richtung eines faireren Wettbewerbs zwischen Schiene und Straße darstellen, betonte der Gewerkschafter.

Die Einführung der Lkw-Maut auf Autobahnen und Schnellstraßen in Österreich sei eine erste Maßnahme Richtung Kostenwahrheit im Verkehr gewesen und habe auch dem ökologischen Verursacherprinzip entsprochen, so Haberzettl weiter. "Eine Ausdehnung dieser Maut auf das unterrangige Straßensystem würde zu einer vermehrten Verlagerung des Schwerverkehrs auf die Schiene führen. Die Mehreinnahmen aus der erhöhten Maut könnten für den Ausbau der Verkehrsinfrastruktur und für mehr Investitionen in den öffentlichen Personennahverkehr verwendet werden", sagte der vida-Sektionsvorsitzende.

"Die von der Bundesregierung beschlossene Anhebung der Mineralölsteuer (Möst) auf Diesel wird zwar für eine Verbesserung der Kostenwahrheit im Lkw-Verkehr sorgen. Von einer echten Kostenwahrheit sind wir aber noch immer meilenweit entfernt", kritisierte Haberzettl. Denn bei dieser Maßnahme würden beispielsweise sämtliche außerhalb Österreichs tankenden Lkw in Österreich keinen zusätzlichen Beitrag über die Möst zu Klimaschutz und Kostenwahrheit leisten, fügte der Gewerkschafter hinzu: "Die Bahn verliert in schleichender Regelmäßigkeit Marktanteile, weil sie am gesamten Schienennetz ein viel höheres Infrastrukturbenützungsentgelt an den Bund zu entrichten hat, als dies der Lkw auf der Straße tun muss. Dem Lkw-Verkehr wird derzeit nur ein Bruchteil der Kosten etwa für Infrastruktur- und Umweltschäden über die Maut weiterverrechnet."

Dass eine flächendeckende Lkw-Maut sehr wohl zu echter Kostenwahrheit beitragen kann, zeige das Vorbild der Schweiz, wo für jedes Fahrzeug über 3,5 Tonnen pro Kilometer im Schnitt 65 Cent auf allen Straßen eingehoben wird. "Die Maut ist in der Schweiz zweimal so teuer wie in Österreich, dennoch ist es zu keinen spürbaren Verbraucherpreisanstiegen gekommen. Die umweltfreundlichere Bahn erbringt bei unserem westlichen Nachbarn mehr als ein Drittel der Transportleistung - in Österreich sind es nur rund 20 Prozent", erörterte Haberzettl. Zudem plane auch Tschechien eine Ausweitung der Maut für den Schwerverkehr auf Teile des untergeordneten Straßensystems ab 2008; Slowenien wolle 2012 seine Lkw-Maut auf alle Straßen ausdehnen; Ungarn und die Slowakei planten eine Erhöhung der Bemautung für 2008. "Da kann man sich nur mehr wundern, warum Österreich in dieser Angelegenheit noch zögert", schloss Haberzettl.

 

 Kranzl: "Verbündete für Österreichs Position suchen"
"Verkehrsverlagerung auf Schiene ist Gebot der Stunde"
Wien (sk) - Die österreichische Bundesregierung wolle eine Anhebung der LKW-Maut, doch es sei fraglich, inwiefern dies mit der neuen EU-Wegekostenrichtlinie in Deckung gebracht werden kann, betonte SPÖ-Infrastruktur-Staatssekretärin Christa Kranzl bei einer hochkarätig besetzten Podiumsdiskussion zum Thema "Intelligente Mobilität - Verkehr im Wandel". Klar sei aber, dass bei der Bemautung des Schwerverkehrs im Rahmen von Kostenwahrheit auch externe Kosten (Gesundheits- und Umweltkosten) berücksichtigt werden müssen, so Kranzl, die betonte, dass es jetzt gelte, "Verbündete für Österreichs Position zu suchen" - schließlich könnte durch eine höhere LKW-Maut auch die Finanzierung großer Schieneninfrastrukturprojekte gewährleistet werden. Überdies müsse es "gelingen, alle vorhandenen Verkehrsträger optimal zu nutzen". Weiters sei es "Gebot der Stunde, den Verkehr von der Straße auf weniger umweltbelastende Träger wie Schiene oder Wasserstraße zu verlegen", so Kranzl.

Im Regierungsprogramm seien 11 Milliarden Euro für Infrastrukturmaßnahmen vorgesehen, so Kranzl, die hervorhob, dass hier "Korridore und Lückenschließungen" verkehrstechnisch Priorität hätten. Sie erwarte einen "schwierigen Prozess" beim Lobbying für Österreichs Haltung zur LKW-Maut, sei aber "optimistisch", dass es gelingen wird, Österreichs Position zur Kostenwahrheit im Schwerverkehr auf EU-Ebene deutlich zu machen, führte Kranzl aus. Es gelte, durch "ständige, begleitende Informationskampagnen" in Richtung Umweltthematik zu sensibilisieren, so Kranzl bei der von Karin Bauer (Der Standard) moderierten Veranstaltung, an der weiters teilnahmen: Paul Liessmann (Uni Wien), Anton Pilman (Geschäftsführer arsenal research)und Brigitte Ederer (Generaldirektorin Siemens Österreich).

Gerade vor dem Hintergrund der CO2-Problematik sei es von entscheidender Bedeutung, dass auch die Schifffahrt - etwa jene auf der Donau - stärker genützt wird, so Kranzl, die unterstrich, dass hier eine vorhandene Ressource nach wie vor eher stiefmütterlich behandelt werde. Dabei verfüge die Donau-Schifffahrt - neben dem Vorteil, einen unfallfreien und diebstahlssicheren Transport zu ermöglichen - über den weiteren Vorzug, bei deutlich geringeren externen Kosten im Vergleich zu anderen Verkehrsträgern bedeutend größere Transportkapazitäten pro Transporteinheit bereitstellen zu können. "Es krankt aber daran, dass die Wasserstraßen jahrelang einfach vernachlässigt wurden", ortete die Infrastruktur-Staatssekretärin hier erhöhten Bedarf an "Imagepflege und Information".

Weitere zentrale Punkte innerhalb der Verkehrsthematik seien der "Ausbau intelligenter Verkehrssysteme, die Forcierung des kombinierten Verkehrs sowie die Unterstützung und Forcierung des öffentlichen Verkehrs", so Kranzl, die zu letzterem festhielt: "Wir müssen auch den Ansprüchen der Pendler gerecht werden." Verstärkte Anstrengungen müssten überdies im Bereich der Energie-Effizienz unternommen werden, so Kranzl zu einem weiteren Punkt, der sich auch schwerpunktmäßig im "7. EU-Rahmenprogramm für Forschung, Technologische Entwicklung und Demonstration" finde. Als erfreulich wertete Kranzl es, dass es auch auf EU-Ebene nun nicht mehr nur um Verkehrsausweitung geht, sondern immer stärker Umwelt-Aspekte diskutiert werden. Denn es sei klar, dass die Politik "die Betroffenheit der Bevölkerung nicht als nebulos bezeichnen darf, sondern sie ernst nehmen muss".

Siemens-Generaldirektorin Brigitte Ederer sprach sich - ebenso wie Infrastruktur-Staatssekretärin Christa Kranzl - für mehr Kostenwahrheit im Verkehr und eine möglichst optimale Nutzung bereits vorhandener Verkehrswege aus. Daneben müsse es aber auch im Rahmen einer verstärkten "Intermodalität" darum gehen, durch Verknüpfung unterschiedlicher Verkehrsträger zu einer Effizienzoptimierung des Verkehrs zu kommen, so Ederer abschließend.

 

 Kukacka: Schluss mit weiteren Belastungen des Verkehrs durch Steuern
Flächendeckende LKW-Maut verschlechtert Standortqualität und ist nicht effizient durchführbar
Wien (övp-pk) - Nach der geplanten Erhöhung der Dieselsteuer, die vor allem den LKW-Verkehr treffen wird, und der angedachten LKW-Mauterhöhung müsse jetzt Schluss sein mit weiteren Belastungen des Verkehrs, da dies nur die Standortqualität Österreichs verschlechtern würde, stellte ÖVP-Verkehrssprecher Abg. Mag. Helmut Kukacka in Reaktion auf die Aussage des Vorsitzenden der Sektion Verkehr in der Gewerkschaft vida, Wilhelm Haberzettl, fest.

"Die Effizienz einer LKW-Maut im niederrangigen Straßennetz ist nicht gegeben. Die Einhebungs- bzw. Errichtungskosten würden bei einem Mikrowellensystem - wie es jetzt auf Autobahnen in Verwendung ist - laut Schätzungen von Experten bis zu 50 Prozent der Erlöse beanspruchen, bei GPS-Systemen sogar über 50 Prozent. Darüber hinaus wäre ein wirksames Kontrollsystem in einem Straßennetz von knapp 100.000 km mit einem enormen Aufwand und hohen Kosten verbunden." Hinzu komme die besondere Problematik des grenzüberschreitenden Verkehrs. Als EU-Mitglied könne Österreich - im Gegensatz zur Schweiz - seine Grenzen auch nicht zur Kontrolle der LKW-Maut "dicht" machen, so Kukacka.

Außerdem könnten die Erträge einer LKW-Maut auf allen Bundes- und Landesstraßen nicht der Asfinag zur Finanzierung von Bauvorhaben zugeführt werden. Kukacka erinnert in diesem Zusammenhang daran, dass diese Straßen seit April 2002 im Besitz der Länder sind. Kukacka wies auch darauf hin, dass es kein anderes EU-Land gäbe, dass eine flächendeckende LKW-Maut in Betrieb hätte. Österreich würde mit einer solchen Maßnahme also seine eigene Standortqualität gegenüber anderen EU-Staaten deutlich verschlechtern.

Für den ÖVP-Verkehrssprecher steht auch fest, dass eine flächendeckende LKW-Maut keine Verlagerung des Schwerverkehrs von der Straße auf die Schiene brächte. Gerade im niederrangigen Straßennetz handelt es sich beim Güterverkehr vor allem um einen flächendeckenden Zielverkehr, der von der Schiene nicht übernommen werden kann. Treffen würde eine flächendeckende LKW-Maut vor allem den ländlichen Raum. Diese Maßnahme würde die Transportkosten erheblich erhöhen, die aber letztlich durch höhere Warenpreise von den Konsumenten getragen werden müssten, schloss Kukacka.

 

 Bollmann: "Diskussion über flächendeckende Maut ein Affront"
"Politische Forderungen, die nicht von Sachkenntnis zeugen" - Österreichs Lkw bereits jetzt, vor MöSt- und Lkw-Maut-Erhöhung, europaweit am stärksten belastet
Wien (pwk) - Die von SP- und AK-Seite losgetretene Diskussion über die Einführung einer flächendeckenden Lkw-Maut in Österreich ist unseriös und sachlich unsinnig, ärgert sich der Obmann der Bundessparte Verkehr in der WKÖ, Komm.Rat Harald Bollmann. Österreich wäre EU-weit das einzige Land, das seinen Straßengüterverkehr auf diese Weise belastet. Abgesehen vom enormen Kostenaufwand für die technischen Installationen bedeutete dies für Österreich einen massiven Standortnachteil. Auch die Umwelt würde nicht profitieren, da eine Verlagerung der Transporte vom fein verzweigten Straßennetz auf die Schiene in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle nicht möglich ist.

"Die Situation ist geradezu absurd. Statt der im Regierungsübereinkommen festgelegten Halbierung der Kfz- auf einen europäischen Durchschnittswert gibt es aktuell eine MöSt-Erhöhung und den Versuch, die Lkw-Maut - die schon jetzt weit über dem Niveau in Deutschland liegt - um weitere vier Cent zu erhöhen. Statt der überfälligen Entlastung taucht die populistische Forderung nach einer flächendeckenden Lkw-Maut auf. Das kann die Wirtschaft nur als Affront werten", findet Bollmann scharfe Worte gegenüber der Forderung der AK und von SPÖ-Politikern.

Will man tatsächlich etwas für den Klima- und Umweltschutz tun, wäre eine ökologische Staffelung der Kfz-Steuer, wie sie von der Verkehrswirtschaft vorgeschlagen wird, der richtige Weg. Damit könnte man heimischen Transporteuren für den Einsatz moderner Fahrzeuge bzw. die Anschaffung von Neufahrzeugen einen zusätzlichen Anreiz bieten.

Es erhebt sich die Frage, ob man in Zukunft heimische Frächter überhaupt noch haben will. Oder ob man diese durch die Vielzahl an gegenwärtigen und zusätzlich angedachten Belastungen ins Ausland vertreiben bzw. aus dem Markt drängen will. Die in jeder florierenden Wirtschaft notwendigen Gütertransporte wird es sicher auch in Zukunft geben. Aber sie werden dann halt von ausländischen Transporteuren erledigt, gibt Bollmann zu bedenken.

Eine flächendeckende Maut würde fast ausschließlich den heimischen Wirtschaftsverkehr treffen. 94 Prozent der Lkw im niederrangigen Straßennetz sind österreichisch. Auf den Transit hätte die Mautausweitung, keine bremsende Wirkung. "Die geographische Lage Österreichs im Schnittpunkt mehrerer internationaler Verkehrsströme und die Frage der Güterverteilung bis hin zum entlegenen Supermarkt sind einfach zwei verschiedene Paar Schuhe".

Österreich ist mit durchschnittlich 26.000 Euro pro Jahr jetzt schon europäischer Spitzenreiter bei der Lkw-Belastung. Durch die jüngsten Maßnahmen (MöSt-Erhöhung, Verteuerung der Lkw-Maut) wird diese Spitzenposition weiter gefestigt. Die Mehrbelastung durch MöSt- und Mauterhöhung werden, wie berichtet, mit 60 Millionen Euro veranschlagt.
 

Wir übernehmen hier Stellungnahmen aller im Parlament
vertretenen Parteien – sofern vorhanden! Die Redaktion

 
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