Wahlrechtsreform beschlossen  

erstellt am
02. 05. 07

Gusenbauer: Jugendliche früh einbinden
Wien (sk) - "Eines der Herzstücke, der zahlreichen Beschlüsse, die heute den Ministerrat passiert haben, ist die große Wahlrechtsreform. Sie beinhaltet unter anderem 'Wählen mit 16' und das passive Wahlrecht ab 18 Jahren", erklärte Bundeskanzler Alfred Gusenbauer im Pressefoyer nach dem Ministerrat am 02.05. "Das ist ein wesentlicher Schritt nach vorne in der Kommunikation mit den Jugendlichen, um sie möglichst früh in den politischen Willensbildungsprozess einzubinden", betonte der Bundeskanzler die Wichtigkeit dieses Gesetzesvorhabens.

Eine verstärkte Mitbestimmung und Einbindung der Jugendlichen sei in Zukunft mit der Senkung des Wahlalters auf 16 Jahre und durch die Senkung des passiven Wahlalters auf 18 Jahre gegeben. Dies sei ein innovativer Schritt, denn damit haben Jugendliche nun auch Stimmen in den gesetzgebenden Körperschaften.

Einen besseren Zugang zum Wahlrecht bringe die Wahlrechtsreform mit der Briefwahl und Erleichterungen bei der Wahl für AuslandsösterreicherInnen. "Ich erwarte mir dadurch eine höhere Wahlbeteiligung", so der Bundeskanzler. Zur Verlängerung der Legislaturperiode auf fünf Jahre merkte Gusenbauer an, dass man sich damit an die Norm der Länder und Gemeinden anpasse.

 

 Pröll: Wichtiges Signal für junge Menschen
Wien (övp-pd) - "Wählen mit 16 ist ein wichtiges Signal für die jungen Österreicherinnen und Österreicher", begrüßt ÖVP-Perspektivenchef Josef Pröll die im Ministerrat beschlossene Wahlaltersenkung auf 16 Jahre. Im Jahr 2050 wird jeder dritte Österreicher/jede dritte Österreicherin bereits über 60 Jahre alt sein. "Im Sinne der Generationengerechtigkeit ist die Wahlaltersenkung also absolut sinnvoll und fair. Wir müssen der Balance zwischen den Altersgruppen auch bei der Wählerstruktur gerecht werden", so Pröll.

Pröll hatte bereits bei der ÖVP-Diskussionsveranstaltung "Zukunfts-Check: Österreich 2010" Anfang Jänner die Wahlaltersenkung auf 16 Jahre gefordert und gemeinsam mit der JVP den Diskussionsprozess innerhalb der ÖVP in Gang gebracht. "Die Impulse der ÖVP-‚Perspektivengruppe' setzen sich also durch", so Pröll. Er sieht in der Wahlaltersenkung auch einen Auftrag für die politischen Parteien: "Wir müssen uns vermehrt anstrengen, die Interessen und Anliegen der jungen Menschen zu hören und entsprechend umzusetzen", sagt Pröll. "Nur wenn wir die jungen Menschen erreichen, können wir sie auch entsprechend vertreten."

 

 Strache: Skeptisch bei Wahlrechtsreform
Wien (fpd) - Die im Ministerrat abgesegnete Wahlrechtsreform kommentiert FPÖ-Bundesparteiobmann HC Strache skeptisch. Wohl seien Reformen im Sinne der Verlängerung der Legislaturperiode und der Wahlaltersenkung prinzipiell zu begrüßen, die gesamte Reform sieht er jedoch eher ambivalent.

So steht beispielsweise die Briefwahl, welche heute mit abgesegnet wurde im Mittelpunkt der freiheitlichen Kritik. Für Strache lässt dieses Modell den Verdacht einer parteipolitisch motivierten Aushöhlung des verfassungsmäßig garantierten Wahlgeheimnisses aufkommen. "Es gilt die, dem Wahlrecht zugrunde liegenden Grundprinzipien zu bewahren. Die verfassungsmäßig garantierten Rechte der Wähler, wie beispielsweise das geheime Wahlrecht dürfen in keinster Weise eingeschränkt werden", so Strache und stellt weiter fest, dass das vorliegende Wahlrechtspaket zu rasch "durchgepeitscht" wurde und den Anschein einer Husch-Pfusch-Lösung habe.

Zur Verlängerung der Legislaturperiode sei laut Strache hinzuzufügen, dass eine Ausweitung der Gesetzgebungsperiode unbedingt von einem umfassenden Demokratiepaket flankiert sein müsse. Besonders wichtig ist für die FPÖ in diesem Zusammenhang die Stärkung der direkten Demokratie wie etwa die verbindliche Abhaltung von Volksabstimmungen ab einem bestimmten Unterstützungsquorum oder etwa auch die Einsetzung von Untersuchungsausschüssen als Minderheitenrecht. Nur dies wäre eine adäquate Stärkung von Demokratie und Parlamentarismus, die eine Verlängerung der Legislaturperiode rechtfertige, betonte der freiheitliche Klubobmann.

 

 Grosz: Halbherziger Pfusch in rot/schwarz
Wien (bzö) - "Der heutige Beschluss über die Wahlrechtsreform ist kein halber Schritt sondern bestenfalls Millimeterware. Dieses verfassungsrechtliche Flickwerk hätte man sich ersparen können, wenn sich SPÖ und ÖVP wenigstens in dieser Materie abseits ihres täglichen brutalen Streits darauf besinnt hätten, vernünftige Sachpolitik zu betreiben. Die österreichische Bundesverfassung ist keine Spielwiese für mittlerweile unerträglich gewordene und renitente Streihanseln. Die alleinige Senkung des Wahlalters auf 16 Jahre ist inkonsequent solange die Volljährigkeit nicht auch auf 16 gesenkt wurde. Damit würden junge Menschen insgesamt wesentlich mehr Rechte aber auch gleiche Pflichten erhalten. Daher kann der heutige Beschluss im Ministerrat nur als weiterer Pfusch dieser Bundesregierung bezeichnet werden", so BZÖ-Generalsekretär Gerald Grosz

Das BZÖ sei für die Senkung des Wahlalters und der Volljährigkeit auf 16 Jahre. Diesbezügliche Forderungen wären aber von der SPÖ schon im Verfassungskonvent abgelehnt worden, betonte Grosz. Es sei bedauerlich, dass Bundeskanzler Gusenbauer schon als damaliger SPÖ-Parteichef im Verfassungskonvent diese Reformen verhindert hat. Jetzt sei er nicht einmal bereit gewesen, einen gemeinsamen Konsens für eine umfassende Neuregelung der Bundesverfassung zu suchen.

"Das BZÖ sieht Jugendliche ab 16 Jahren als vollwertigen Bestandteil der Demokratie sowie des gesellschaftlichen Miteinanders, während sich die Regierung mit der Einzelmaßnahme, nur das Wahlalter zu senken, nicht wirklich um eine Aufwertung junger Menschen bemüht", bekräftigt Grosz.

 

Wahlrechtsreform
Wien (bmi) - Mit dem Wahlrechtsänderungsgesetz 2007 wird unter anderem die Legislaturperiode von vier auf fünf Jahre verlängert, die Briefwahl eingeführt, das Alter für die Ausübung des aktiven Wahlrechts auf 16 Jahre gesenkt und das Wählen im In- und Ausland wesentlich vereinfacht.

Die Wahlrechtsreform stellt eine der größten und umfassendsten Änderungen der Nationalrats-Wahlordnung 1992, des Bundespräsidentenwahlgesetzes 1971, der Europawahlordnung, des Volksabstimmungsgesetzes 1972, des Volksbefragungsgesetzes 1989, des Wählerevidenzgesetzes 1973 und des Europa-Wählerevidenzgesetzes seit deren Bestehen dar. Das Wählen soll damit für alle Österreicherinnen und Österreicher noch einfacher gemacht werden.

Legislaturperiode
Die Legislaturperiode wird auf fünf Jahre verlängert. Es besteht damit für die Bundesregierung die Möglichkeit mehr Vorhaben umzusetzen und die Österreicherinnen und Österreicher müssen weniger oft zur Wahl gehen.

Wahlalter
Künftig wird, wer das 16. Lebensjahr vollendet hat, bei Nationalrats-, Bundespräsidenten- und Europawahlen sowie bei Volksabstimmungen und Volksbefragungen seine Stimme abgeben dürfen oder ein Volksbegehren unterschreiben können. Österreich ist damit der erste Staat, der das seinen Bürgerinnen und Bürgern ermöglicht.

Briefwahl
Wer nicht im Wahllokal wählen möchte, kann dies künftig auch auf dem Postweg tun, gleichgültig ob er sich in Österreich oder einem anderen Staat aufhält. Bei der Konzipierung wurde dabei auf eine einfache Administrierbarkeit geachtet. Mit dem einheitlichen Wahlkartenvordruck kann man zukünftig entweder, wie bisher, im bewährten Wahlkartensystem vor einer Wahlbehörde oder mittels eines "Wahlbriefes" seine Stimme abgeben.

Für Auslandsösterreicher werden Zehn-Jahres-"Abonnements" für Wahlkarten eingeführt. Es ist damit nicht mehr erforderlich, bei jeder Wahl neuerlich eine Wahlkarte zu beantragen. Sie wird dem Antragsteller vielmehr automatisch zugesandt.

Internationale Wahlbeobachtung
Österreich hat als Teilnehmerstaat der OSZE im Rahmen von zwei internationalen OSZE-Treffen, 1990 und 1999, die dort bekundeten Absichterklärungen mitgetragen. Die innerstaatliche gesetzliche Verankerung der Grundsätze des "Kopenhagener Dokuments" wird in Hinkunft die internationale Wahlbeobachtung im Rahmen von OSZE-Missionen ermöglichen.

Konkret ist eine Weitergabe der Daten der akkreditierten internationalen Wahlbeobachter und Begleitpersonen an die nachgeordneten Wahlbehörden, sowie eine Zusammenfassung und Weitergabe der Daten der Wahllokale sowie der Öffnungszeiten an die im Bereich der OSZE für die Durchführung der Wahlbeobachtung zuständigen Stelle, im Weg des Bundesministeriums für europäische und internationale Angelegenheiten, vorgesehen.

Legistische Bereinigungen
Mit dem Wahlrechtsänderungsgesetz 2007 werden eine Reihe legistischer Unschärfen und Redaktionsversehen bereinigt.

Der § 106 der Nationalrats-Wahlordnung 1992 (NRWO) wird insofern "repariert", als es in Hinkunft wieder eine Obergrenze für die Zahl der auf einem Bundeswahlvorschlag angeführten Bewerberinnen und Bewerber geben wird. Diese müssen außerdem der Aufnahme in den Wahlvorschlag zustimmen, sofern sie nicht schon auf einem Landeswahlvorschlag aufscheinen.

Die Pauschalvergütungen werden nach einer – schon jetzt gesetzlich verankerten – Valorisierung auf ganze Euro-Cent-Beträge lauten.
     

Wir übernehmen hier Stellungnahmen aller im Parlament
vertretenen Parteien – sofern vorhanden! Die Redaktion

 
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