EU-Verfassung  

erstellt am
06. 06. 07

 Gusenbauer: Inhalt wichtiger als die Form
Wien (sk) - Bundeskanzler Alfred Gusenbauer erklärte am 06.06. im Parlament, dass das "Aufschnüren des institutionellen Teiles der EU-Verfassung ein großer Fehler" wäre. Für Österreich sei "der Inhalt wichtiger als die Form", so Gusenbauer. Eine Prognose für die Erfolgaussichten der neuen Verfassung sei schwierig abzugeben, man habe sich aber geeinigt "bis 2009 die erneuerte Grundlage zu haben", so der Bundeskanzler.

Entschieden lehnte Gusenbauer das Aufschnüren des institutionellen Teiles der EU-Verfassung ab, dies wäre ein "großer Fehler". Für Österreich sei wichtig, dass die Grundrechtscharta rechtsverbindlich sei. Es bestehe ein enger Zusammenhang beim Institutionenteil und dem dritten Abschnitt, der politische Ziele für die EU festschreibt. Als wichtiges Beispiel nannte der Bundeskanzler den Klimaschutz. Der Frühjahrsgipfel habe gezeigt, dass "der Klimaschutz von Gesamteuropäischer Bedeutung" sei.

Man habe sich beim Berliner Gipfel darauf geeinigt, "bis 2009 die erneuerte Grundlage der EU haben zu wollen". Die Zeit dränge, denn "alles andere als ein klar abgezirkeltes Mandat im Europäischen Rat im Juni, würde den Zeitplan über den Haufen werfen", hob Gusenbauer hervor. Im Rahmen des Europäischen Rates wolle sich Österreich, unter anderem, für die Abschaffung der drei Säulen-Struktur in der EU, die Beibehaltung der Kompetenzsystematik, die wichtige Stellung der nationalen Parlamente als Kontrollfunktionen, die Beibehaltung der Sozialvorschriften und des Zieles der Vollbeschäftigung, einsetzen.


Türkei derzeit nicht beitrittsreif
Zum Thema eines allfälligen EU-Beitrittes der Türkei, bemerkte der Bundeskanzler, dass dieser "in nächster Zeit nicht aktuell ist". Auch im Finanzrahmen bis 2014 sei ein möglicher Beitritt nicht veranschlagt. Er selbst plädiere für ein vernünftiges Verhältnis von Europa zur Türkei, basierend auf einer eventuellen strategischen Partnerschaft. Gusenbauer stellte fest, dass die Verhandlungen der EU mit der Türkei in letzter Zeit sehr viel "ergebnisoffener" geführt würden als noch vor wenigen Jahren. Als "nicht zufriedenstellend" bezeichnete der SPÖ-Vorsitzende die Menschenrechtssituation in der Türkei, hier bestehe noch Handlungsbedarf, derzeit sei die Türkei nicht beitrittsreif. Gusenbauer versprach, sollte es zu einem Abschluss der Verhandlungen mit der Türkei kommen, werde man dieses Thema einer Volksabstimmung unterziehen. Im Gegenzug dazu sei ein schneller Beitritt von Kroatien von großer Bedeutung, denn "Stabilität und Frieden am Westbalkan auch für Österreich wichtig ist".

 

 Plassnik: "Werkzeuge der Union zeitgemäß ergänzen und präzisieren"
Wien (bmeia) - Außenministerin Ursula Plassnik und ihr niederländischer Amtskollege Maxime Verhagen trafen am 06.06. in Wien zu Arbeitsgesprächen zusammen. "Unsere Beziehungen sind problemlos, herzlich und störungsfrei. Zwischen uns besteht ein dichtes Netz an Verbindungslinien - politisch, wirtschaftlich und menschlich. Schließlich gehören die Niederländer zu unseren treuesten Gästen", erklärte die Außenministerin unter Hinweis auf den regen Tourismusverkehr. Plassnik erwähnte auch die enge Zusammenarbeit im multilateralen Bereich. "Den Haag setzt dabei als Sitz mehrerer internationaler Gerichtshöfe - unter anderem des Kriegsverbrechertribunals für das ehemalige Jugoslawien - einen besonderen Akzent auf internationale Rechtsstaatlichkeit. Eine Rolle, die wir zu schätzen wissen."

Im Zentrum des Treffens stand die Zukunft des europäischen Verfassungsvertrags, wobei Plassnik die Entemotionalisierung der Debatte auf EU-Ebene begrüßte: "Der Verfassungsvertrag ist zu einer Chiffre für andere Themen geworden, bei denen der europäische Schuh drückt. Der Lernprozess der vergangenen Jahre war für uns alle hilfreich. Wir müssen nun behutsam und nüchtern eine Lösung für diese Betriebsanleitung der EU finden."

Zugleich machte die Außenministerin klar, dass es ein Wegstreichen Richtung Null nicht geben könne. "Wir können bei der Verpackung die eine oder andere Änderung vornehmen, mir ist aber wesentlich, dass die Substanz gewahrt wird. Wir müssen die Werkzeuge, die wir im 20. Jahrhundert gebaut haben, zeitgemäß ergänzen und präzisieren." Gefragt sei eine neue vertragliche Grundlage, die den Erwartungen der Bürger an Europa gerecht werde: "Etwa im Energiebereich und im Bereich der inneren Sicherheit brauchen wir mehr Europa, ein präziser formuliertes Europa. Hier besteht eine klare Erwartungshaltung in der Öffentlichkeit", unterstrich Plassnik.

Plassnik verwies auf den Zeitplan, der bereits unter österreichischem EU-Vorsitz erarbeitet wurde. "Wir können nicht in die Europawahlen 2009 gehen, ohne Klarheit über unsere vertraglichen Grundlagen zu haben. Wir brauchen bis zum Ende des deutschen EU-Vorsitzes ein präzises Mandat mit klaren Eckpunkten und straffen Zeitvorgaben. Unser Ziel sollte am Ende ein "Vertrag von Lissabon" sein", betonte Plassnik unter Hinweis auf den portugiesischen EU-Vorsitz in der zweiten Hälfte 2007. "Der deutsche Vorsitz steht vor einer schwierigen Aufgabe. Er kann auf unsere Unterstützung zählen. Wir sind zuversichtlich, dass eine Einigung möglich ist."

Weitere Gegenstände des Gesprächs waren unter anderem der Westbalkan sowie die Entwicklungen im Nahen Osten, wobei die Außenministerin ihren Kollegen über die letztwöchige Nahost-Frauenkonferenz in Wien informierte. Beide Seiten stimmten darin überein, dass die Wiederaufnahme der Verhandlungen mit Serbien über ein Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen ein wichtiges Ermutigungssignal für die gesamte Region, aber vor allem für die Menschen in Serbien sei. In Bezug auf das bevorstehende G-8 Treffen unterstrichen sie die Bedeutung des Klimaschutzes als globale Aufgabe: "Die Themen Umweltschutz und Klimawandel sind uns beiden ein zentrales Anliegen. Wir schätzen die Entschlossenheit des deutschen Vorsitzes, beim Gipfel die internationale Verantwortung in diesen Zukunftsbereichen einzufordern", so Plassnik abschließend.
 

Wir übernehmen hier Stellungnahmen aller im Parlament
vertretenen Parteien – sofern vorhanden! Die Redaktion

 
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