EU-Agrarminister beschlossen einstimmig Obst- und Gemüsereform  

erstellt am
14. 06. 07

Pröll bewertet Stärkung der Erzeugerorganisationen sehr positiv
Wien / Luxemburg (bmlfuw/aiz) - Die EU-Agrarminister haben am 13.06. beim Rat in Luxemburg einstimmig einen Kompromiss zur Reform der gemeinsamen Obst- und Gemüse-Marktordnung beschlossen. Damit soll die Wettbewerbsfähigkeit des Sektors gestärkt, der Obst- und Gemüseverbrauch gesteigert, das Krisenmanagement verbessert und der Umweltschutz sichergestellt werden. Österreichs Landwirtschaftsminister Josef Pröll bewertet diese Einigung positiv - insbesondere die Stärkung der Erzeugerorganisationen (EOs).

"Angesichts der zunehmenden Konzentration des Handels ist der stärkere Marktauftritt der bäuerlichen Erzeuger eine zukunftsweisende und wichtige Weichenstellung", so Pröll. "Ich bin besonders erfreut, dass alle Mitgliedstaaten die Reform befürwortet haben. Die altmodischen, produktionsgekoppelten Beihilfen werden durch entkoppelte Zahlungen ersetzt", betonte EU-Agrarkommissarin Mariann Fischer Boel. "Wir haben auch eine Reihe von Maßnahmen eingeführt, um den Verbrauch anzukurbeln, und werden nun ein Obst- und Gemüse-Programm für Schulen vorstellen, das auf detaillierten Folgeabschätzungen basiert", so die Kommissarin.

Produzenten zu Mitgliedschaft an Erzeugerorganisationen motivieren
Da das Krisenmanagement künftig über die EOs abgewickelt wird, wobei 50% aus dem EU-Budget finanziert werden, hofft man, die Produzenten zu einer Teilnahme beziehungsweise Neugründung von Erzeugerorganisationen zu motivieren. "Auch für Österreich haben wir das Ziel, mehr Produzenten für die Mitgliedschaft in Erzeugerorganisationen zu gewinnen. Die größere Flexibilität wird uns hier neue Möglichkeiten geben", meint Pröll. So können Betriebe auch nur mit einzelnen Produkten einer Erzeugerorganisation beitreten, anstatt wie bisher ihre gesamte Produktpalette darüber vermarkten zu müssen. EU-weit werden bisher erst unter 40% der Obst und Gemüse-Erzeugung über EOs vertrieben, wobei Österreich einen knapp überdurchschnittlichen Wert aufweist. Mit der Reform soll der Anteil in Europa auf 60% erhöht werden.

10% der Mittel für Umweltmaßnahmen
Der Kompromiss erlaube einerseits größere nationale Flexibilität bei der Unterstützung von Erzeugerorganisationen, wobei gleichzeitig allerdings mindestens 10% der Mittel für Umweltmaßnahmen eingesetzt werden müssen, so Pröll. Insgesamt stehen Österreich rund EUR 5 Mio. zur Stärkung der Erzeugerorganisationen zur Verfügung. Die EU wird EOs bis zu 4,6% ihres Umsatzes bezuschussen, damit diese die Vermarktung verbessern und ihre Mitglieder im Fall von Krisen unterstützen können. Durch die Entkopplung der Beihilfen soll der Markt im Gleichgewicht bleiben. Sollte es dennoch zu Überschüssen kommen, werden Grünernten bevorzugt oder die Erzeugnisse kostenlos an Schulen, Krankenhäuser oder Altersheime verteilt.

Verarbeitungsbeihilfen in entkoppelte Zahlungen überführen
Ab 2008 sollen die EU-Mitgliedstaaten keine Verarbeitungsbeihilfen für einzelne Erzeugnisse mehr gewähren. Stattdessen ist vorgesehen, die freiwerdenden Gelder in Gesamthöhe von rund EUR 800 Mio. in Form von entkoppelten Direktzahlungen an die Erzeuger von Obst und Gemüse zu zahlen. Allerdings soll es für Tomaten eine Übergangsfrist von vier Jahren geben, in denen maximal die Hälfte der diesbezüglichen Direktzahlungen gekoppelt bleiben darf. Für mehrjährige Kulturen verständigten sich die Agrarminister auf eine fünfjährige Übergangsfrist. Im Jahr 2005 betrugen die EU-weiten Ausgaben für den Obst- und Gemüsesektor knapp EUR 1,5 Mrd., wovon EUR 854,3 Mio. für Verarbeitungsbeihilfen - vor allem für südliche Mitgliedstaaten - und EUR 634,5 Mio. für Beihilfen an Erzeugerorganisationen verwendet wurden. Österreich erhielt keine Verarbeitungsbeihilfen.

Aktivierung der Zahlungsansprüche für Obst, Gemüse und Kartoffeln 2011
Ein wesentlicher Punkt ist auch, dass es künftig Zahlungsansprüche für alle Obst- und Gemüse- sowie Speisekartoffel-Flächen geben wird, was auch Österreich betrifft. Der Vorschlag der Kommission war in dieser Hinsicht ursprünglich nicht im Interesse des Lebensministeriums, da die Experten meinten, dass die plötzliche Aktivierung im Widerspruch zu den Beschlüssen der GAP-Reform 2003 stehen würde und zu Wettbewerbsverzerrungen führen könnte. Wegen der finanziellen Obergrenzen und der geringen Ausstattung der nationalen Reserve setzte sich Pröll beim Rat folglich dafür ein, die Zahlungsansprüche für Obst, Gemüse und Speisekartoffeln frühestens ab dem Jahr 2010 zu aktivieren. Der Rat einigte sich nun darauf, dass die Aktivierung der Zahlungsansprüche erst am 01.01.2011 zu erfolgen hat. Bis dahin wird laut Lebensministerium alles daran gesetzt, die nationalen Reserven anzusparen und aufzustocken, um genügend Geld für die zusätzlichen Flächen - in Summe ca. 30.000 ha - zur Verfügung zu haben. Weiters ersuchte Österreich die EU-Kommission, im Rahmen des "Health Checks" eine entsprechende Lösung auszuarbeiten, die vor allem den finanziellen Aspekten Rechnung trägt.

Die Marktordnung für Obst und Gemüse sollte auch nach der Reform kaum mehr kosten als zuvor. Fischer Boel ging mit zusätzlichen EUR 75 Mio. in der Schatulle in die Verhandlungen. Ob diese wirklich gebraucht werden, hängt von der Häufigkeit der Krisen ab.
 
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