Sozialpartner-Vereinbarung über 1000 Euro Mindestlohn  

erstellt am
02. 07. 07

Hundstorfer und Leitl: Kein Mensch, der in Österreich Vollzeit arbeitet, wird in Zukunft unter 1.000 Euro verdienen
Wien (ögb/wkö) - ÖGB-Präsident Rudolf Hundstorfer und der Präsident der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), Christoph Leitl, unterzeichneten am 02.07. bei einer gemeinsamen Pressekonferenz die Grundsatzvereinbarung zum 1.000 Euro-Mindestlohn. Mit ihr bekennen sich die unterzeichnenden Interessenvertretungen zum einzigartigen österreichischen Mindestlohnsystem, das auf einer Lohnfestsetzung durch Branchenkollektivverträge und Mindestlohntarife beruht, den größten Teil der ArbeitnehmerInnen erfasst und branchenspezifische Bedürfnisse beider Seiten berücksichtigt.

"Allen ArbeitnehmerInnen, die heute unter 1.000 Euro, aber mehr als 900 Euro verdienen, kann ich die erfreuliche Mitteilung machen, dass die Kollektivvertragspartner auf Branchenebene bis spätestens 1. Jänner 2008 bzw. 1. Juli 2008 Mindestlöhne und Gehälter von 1.000 Euro umsetzen werden. In Branchen, in denen die Mindestlöhne/-gehälter derzeit unter 900 Euro liegen, müssen diese bis spätestens 1. Jänner 2009 auf 1.000 Euro angehoben werden", verkündete ÖGB-Präsident Hundstorfer Eckdaten der Vereinbarung.

Man setze nicht sofort auf das Instrument des Generalkollektivvertrags, sondern überlasse die Umsetzung den KV-Partnern auf Branchenebene, um die Systematik und Logik der einzelnen Branchenregelungen zu erhalten und nicht durch einen Eingriff von außen durcheinander zu bringen. Damit sei auch sichergestellt, dass die Mindestlöhne- und -gehälter mit der weiteren Entwicklung der Kollektivverträge angehoben würden. Hundstorfer: "Wir sagen aber auch sehr deutlich, dass der Mindestlohn/gehalt zeitgerecht umgesetzt werden muss - und dass wir dann zum Generalkollektivvertrag greifen, wenn es zu den genannten Daten noch Bereiche gibt, die die 1.000 Euro nicht umgesetzt haben."

WKÖ-Präsident Leitl machte deutlich, "dass es besser ist, Menschen zu motivieren und setzen daher auf die Vernunft aller Beteiligten. Wenn Menschen fair bezahlt werden, dann sind sie auch motiviert." Aus Sicht der Wirtschaftskammer sei kein General-Kollektivvertrag notwendig.

Für Leitl gab es drei wichtige Punkte für die heute unterzeichnete Grundsatzvereinbarung. "Erstens muss es sich lohnen, zu arbeiten. Mit dem 1.000 Euro-Mindestlohn heben wir uns deutlich von der Grundsicherung und dem Arbeitslosenentgelt ab. Wir erwarten uns davon, dass die Arbeitslosigkeit sinkt. Der Mindestlohn von 1.000 Euro, der inklusive Sonderzahlungen 1.167 Euro beträgt, ist attraktiv und es lohnt sich zu arbeiten."

Der zweite wesentliche Punkt, so der WKÖ-Präsident weiter, sei, dass nunmehr der Niedriglohnsektor attraktiv geworden ist. "Ich bin überzeugt, dass mit dieser Maßnahme, die Schwarzarbeit reduzieren wird", sagte Leitl, der als dritten Punkt herausstrich, dass sich die Sozialpartnerschaft einmal mehr bewährt hat und durch diesen Verhandlungsabschluss lösungs- und konsensorientiert gehandelt hat. Die Handlungsfähigkeit der Sozialpartnerschaft unterstrich auch ÖGB-Präsident Hundstorfer: Nach der Sozialbetrugs-Bekämpfung, Arbeitszeit und der Ladenöffnung sei der Mindestlohn nunmehr bereits der vierte Erfolg der Sozialpartner.

"Mit der heutige Vereinbarung zwischen ÖGB und WKÖ wird künftig niemand, der in Österreich Vollzeit arbeitet, unter 1.000 Euro verdienen, sagte Hundstorfer, der die Kammern der freien Berufe und die Landwirtschaftskammern einlud, sich diesem Vertrag anzuschließen.

Obwohl es nur noch wenige Bereiche gibt, wo 1.000 Euro-Mindestlohn/Gehalt bei Vollzeitbeschäftigung noch nicht verwirklicht sind, ist die heutige Vereinbarung auch eine wichtige Maßnahme, um die Einkommensschere zwischen Frauen und Männern zu verringern. Denn insbesondere Frauen arbeiten in Branchen, wo man bisher weniger als 1.000 Euro trotz Vollzeitbeschäftigung verdient hat. Hundstorfer abschließend: "Gleicher Lohn für gleiche Arbeit ist keine leere Phrase. Neben dem vor einigen Wochen vereinbarten Mehrarbeitszuschlag für Teilzeitbeschäftigte setzen wir nun den nächsten Schritt, um die Einkommenskluft zwischen Männern und Frauen zu verringern.

 

 Kalina: SPÖ begrüßt Einigung der Sozialpartner
Wien (sk) - Die SPÖ begrüßt die Einigung der Sozialpartner zur Erhöhung des Mindestlohns auf 1.000 Euro in allen Branchen. SPÖ-Bundesgeschäftsführer Josef Kalina lobt "die schnelle und gute Arbeit der Sozialpartner", die sich binnen weniger Monate auf die Umsetzung des im Regierungsprogramm festgeschriebenen Mindestlohns geeinigt haben. "Die Zusammenarbeit zwischen Regierung und Sozialpartnern funktioniert wieder", betonte Kalina, das sei ein entscheidender Unterschied zur alten Regierung.

"Damit ist ein weiterer Schritt gesetzt, um die niedrigen Einkommen zu stärken. Die neue Regierung sorgt dafür, dass alle Arbeitnehmer vom Aufschwung profitieren", erklärte Kalina am Montag gegenüber dem SPÖ-Pressedienst. Der SPÖ-Bundesgeschäftsführer sieht in der Sozialpartnereinigung auch einen Beweis dafür, dass wirklich große Fortschritt für die Arbeitnehmer möglich sind, "wenn beide Seiten das wollen". Laut Angaben der Sozialpartner werden 30.000 ArbeitnehmerInnen, überwiegend Frauen, davon profitieren.

Die Präsidenten von ÖGB und Wirtschaftskammer, Rudolf Hundstorfer und Christoph Leitl, haben eine Umsetzung von 1.000 Euro Mindestlohn über das Instrument Brachenkollektivvertrag vereinbart. Ab 1. Jänner 2008 erfolgt der erste Schritt, hier wird für Branchen mit KV-Löhnen über 900 Euro, aber unter 1.000 Euro der Tarif auf 1.000 Euro angehoben. Die Branchen, in denen in der ersten Jahreshälfte 2007 der letzte Lohn-Gehaltsabschluss erfolgte, werden spätestens am 1. Juli 2007 auf einen Mindestlohn von 1.000 Euro umstellen. Und schließlich werden Branchen, deren niedrigster Bruttolohn derzeit unter 900 Euro liegt, den Mindestlohn spätesten mit 1. Jänner 2009 auf 1.000 Euro anheben.

 

 Missethon: Erfolgskurs der letzten Jahre wird fortgesetzt
Wien (övp-pk) - "Mit der Einigung der Sozialpartner auf den Mindestlohn profitieren die Arbeitnehmer vom ÖVP- Wirtschaftskurs der letzten Jahre. Durch die gesetzten Maßnahmen wurde die Wirtschaft angekurbelt und die Arbeitslosigkeit effizient bekämpft", so ÖVP-Generalsekretär Hannes Missethon. "Jetzt ernten wir, was wir in den letzten Jahren gesät haben." Mindestlohn, Mitarbeiterbeteiligung und Arbeitszeitflexibilisierung sorgen dafür, dass die Arbeitnehmer vom ÖVP-Kurs profitieren werden, so Missethon, der betont, dass die Einigung auf den Mindestlohn in guter sozialpartnerschaftlicher Tradition zustande gekommen ist. Die Umsetzung erfolgt schrittweise bis 2009.

 

Westenthaler: 818 Euro netto sind ein Schandlohn für Vollzeitarbeit
Wien (bzö) - "Ein Mindestlohn von 1.000 Euro brutto bedeutet für einen Arbeiter gerade einmal 818 Euro netto. Das ist ein Schandlohn für Vollzeitarbeit, wenn gleichzeitig eine Mindestsicherung von 726 Euro für alle die nicht arbeiten überlegt wird. Vollzeitarbeit ist SPÖ und ÖVP anscheinend nur mehr 90 Euro pro Monat wert, das ist eine Verhöhnung der fleißigen Menschen", argumentiert BZÖ-Chef Peter Westenthaler am 02.07. im Rahmen einer Pressekonferenz. Österreich solle sich hier an Ländern wie Irland ein Beispiel nehmen, dass mit 1.293 Euro einen Mindestlohn habe, der sich mit den Vorstellungen des BZÖ decke.

"Das BZÖ tritt für einen Mindestlohn von 1.300 Euro brutto ein, das sind ehrliche 1.000 Euro netto. Damit zahlt sich Arbeit wieder aus und hebt sich massiv von der Mindestsicherung ab", bekräftigt Westenthaler. Der BZÖ-Chef fordert die Bundesregierung und die Sozialpartner auf, gerade in Zeiten höchster Steuereinnahmen und einer boomenden Wirtschaft hier kreativ zu werden, um auch die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer an der ausgezeichneten Wirtschaftslage teilhaben zu lassen. "Angesichts der Rekordgewinne der Unternehmen ist es höchst an der Zeit die Menschen über Gewinn- und Mitarbeiterbeteiligungen teilhaben zu lassen. Mit einer steuerlichen Entlastung und einer Förderung des BZÖ-Modells des Investivlohnes, könnten die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in guten Zeiten mit einem Lohnzuwachs von 20-30 Prozent rechnen und gleichzeitig die Unternehmen über steuerliche Anreize und Entlastungen unterstützt werden. Das BZÖ fordert in einem ersten Schritt einen Mindestlohn von 1.300 Euro einzuführen und anschließend in einem zweiten Schritt den Investivlohn zu verwirklichen, denn hier hinkt Österreich in Europa mittlerweile hinterher", bekräftigt Westenthaler am Ende seiner Pressekonferenz.
 

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