Rund-um-die-Uhr-Pflege neu: die 10 wichtigsten Fragen und Antworten   

erstellt am
02. 07. 07

Mit 1. Juli 2007 sind das Hausbetreuungsgesetz (HBeG) und Änderungen der Gewerbeordnung (GewO) in Kraft getreten
Wien (pwk) - Kaum ein Thema war in den vergangenen Monaten so heiß umkämpft wie das der Rund-um-die-Uhr-Pflege. Seit 1. Juli 2007 sind die neuen gesetzlichen Regeln in Kraft. Demnach kann die Betreuung unselbständig oder selbständig ausgeübt werden, wobei für zweiteres das freie Gewerbe „Personenbetreuung“ vorgesehen ist. Eine Förderung der öffentlichen Hand für die 24-Stunden-Betreuung winkt ab Pflegestufe 3 und beträgt maximal 800 Euro pro Monat bei unselbständig Beschäftigten und maximal 225 Euro beim Selbständigen-Modell.

Die Pflegeamnestie wurde zwar bis Jahresende 2007 verlängert, Betroffene sollten aber rechtzeitig Vorkehrungen für eine Legalisierung der Betreuung treffen. Was bei der Rund-um-die-Uhr-Pflege neu zu beachten ist? In der Folge finden Sie Antworten auf die zehn wichtigsten Fragen:

1. Was ist Betreuung im Sinn des Hausbetreuungsgesetzes?
Die Betreuung umfasst haushaltsnahe Dienstleistungen wie die Zubereitung von Mahlzeiten oder Reinigungstätigkeiten, die Unterstützung bei der Lebensführung (z.B. Gestaltung des Tagesablaufs) und eine Gesellschafterfunktion, also etwa das Führen von Konversation. Tätigkeiten aus dem medizinischen Pflegebereich – etwa das Verabreichen von Injektionen - dürfen nur von Ärzten, Krankenschwestern und Krankenpflegern verrichtet werden. Wer dagegen verstößt, riskiert eine Strafe von bis zu 3.600 Euro.

2. Kann 24-Stunden-Betreuung selbständig ausgeführt werden?
Ja. Wobei gilt: Selbständigkeit liegt in jedem Fall dann vor, wenn der Betreuer weder persönlich noch wirtschaftlich von der betreuten Person abhängig ist - also z.B., wenn der Betreuer generell befugt ist, sich vertreten zu lassen oder Hilfskräfte heranzuziehen und er bei Untätigkeit – z.B. Krankheit - das Risiko des Verdienstentganges trägt.

3. Was ist der Vorteil des Gewerbes?
Pflege kann im freien Gewerbe wesentlich kostengünstiger angeboten werden kann als durch eine unselbständige Tätigkeit. Das unter anderem, weil der Gewerbetreibende den Preis frei gestalten kann und an keine Mindestlohntarife gebunden ist und die Sozialversicherungsbeiträge geringer sind als bei Unselbständigen. Außerdem ist der Gewerbetreibende in keiner Weise hinsichtlich der Arbeitszeit beschränkt.

4. Welche Tätigkeiten dürfen im Gewerbe der Personenbetreuung erbracht werden?
Das Spektrum reicht von haushaltsnahen Dienstleistungen über die Unterstützung bei der Lebensführung (Gestaltung des Tagesablaufs etc.), Gesellschafterfunktion, die Führung des Haushaltsbuches bis hin zu praktischen Vorbereitungen der betreuten Person auf einen Ortswechsel und der Organisation von Personenbetreuung.

5. Wie erfolgt die Gewerbeanmeldung?
Das freie Gewerbe der Personenbetreuung ist bei der Gewerbebehörde anzumelden, das ist die Bezirksverwaltungsbehörde des Gewerbestandorts. In der Praxis sollte zuerst die zuständige Wirtschaftskammer (Bezirksstelle oder Gründerservice) kontaktiert werden, die mit Beratung und bei Neugründungen mit der Ausstellung einer NeuFöG-Bestätigung zur Verfügung steht. Bei der Gewerbeanmeldung fallen Gebühren und Abgaben von ca. € 70 an.

6. Welche Bestimmungen gelten für selbständige Personenbetreuer aus dem Ausland?
Staatsangehörige aus EU- oder EWR-Staaten und der Schweiz haben Sichtvermerks- und Niederlassungsfreiheit und dürfen das Gewerbe wie Österreicher anmelden und ausüben.

Staatsangehörige aus Drittstaaten brauchen einen Aufenthaltstitel nach dem Nieder¬lassungs- und Aufenthaltsgesetz, der die Ausübung der selbständigen Erwerbstätigkeit umfasst. Die Ausübung einer vorübergehenden (bis zu sechs Monate dauernden) selbständigen Tätigkeit ist nur mit einem Aufenthalts-Reisevisum (Visum D+C) zulässig.

Eine Ausnahme von der Pflicht, das Gewerbe in Österreich anzumelden, besteht nur im Rahmen der Dienstleistungsfreiheit innerhalb der EU, des EWR und der Schweiz. Bürger aus diesen Ländern dürfen unter bestimmten Voraussetzungen nach Österreich ohne Gewerbeanmeldung „herüberarbeiten“ – und zwar dann, wenn sie in ihren Heimatstaaten Tätigkeiten, die das Gewerbe der Personenbetreuung umfasst, befugt ausüben. In diesem Fall darf die Tätigkeit in Österreich aber nur „vorübergehend“ erbracht werden.

7. Welche sozialversicherungs- und steuerlichen Regeln gelten für Personenbetreuer?
Eine gewerbliche Tätigkeit führt zu einer Pflichtversicherung in der Kranken-, Pensions- und Unfallversicherung. Für Kleingewerbetreibende ist unter bestimmten Voraussetzungen eine Ausnahme von der Kranken- und Pensionsversicherung möglich. Sie müssen dann nur den Unfallversicherungsbeitrag bezahlen.

Eine Steuererklärungspflicht für die Einkommensteuer bestegt erst, wenn die Einkünfte aus dem Gewerbebetrieb mehr als € 10.000 betragen. Bei der Umsatzsteuer können Personenbetreuer mit österreichischem Wohnsitz von der Kleinunternehmerregelung Gebrauch machen.

8. Welche Maßnahmen zur Qualitätssicherung sind vorgesehen?
Es bestehen Qualitätssicherungsvorgaben auf gesetzlicher und auf Verordnungs-Ebene. Im Gesetz vorgesehen ist der Abschluss von Handlungsleitlinien, an die sich der Betreuer im Alltag und Notfall zu halten hat. Weiters muss er ein Haushaltsbuch über für die zu betreuende Person geführt werden, das zwei Jahre lang aufzubewahren ist. In den Verordnungen sind weitere konkrete Maßnahmen vorgesehen – etwa, dass die erbrachten Leistungen ausreichend und regelmäßig zu dokumentieren und beiden Vertragsteilen zugänglich zu machen sind.

9. Was ist unter der Tätigkeit „Organisation von Personenbetreuung“ zu verstehen?
Dabei geht es einerseits die Vermittlung von selbständigen Personenbetreuern: Die Person, die das Gewerbe der Personenbetreuung angemeldet hat, muss also nicht unbedingt selbst die Betreuung durchführen.

Anderseits ist das sogenannte „case-management“ zu nennen. Dies bedeutet, dass Personenbetreuer organisieren können, wer wann und zu welchem Zweck zu den Betreuungsbedürftigen kommt, um einen optimalen „Betreuungs-Mix“ zusammenzustellen.

10. Wo erhält man weitere Infos über praxisrelevante Aspekte der Personenbetreuung?
Im Kompetenzcenter Wirtschaftsrecht der WKO ist ein Leitfaden abrufbar, der Schritt für Schritt aufzeigt, wie man zum Personenbetreuer wird und was man bei Ausübung dieses Gewerbes zu beachten hat.

Dieser Leitfaden ist abrufbar unter http://wko.at/wknoe/rp/Leitfadenpersonenbetreuer.pdf
 
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