Bauernkinder sind weniger allergieanfällig  

erstellt am
28. 06. 07

Im Rahmen der europaweiten, so genannten Gabriel-Studie wurden auch über 27.000 Tiroler Kinder im Hinblick auf allergische Erkrankungen befragt
Innsbruck (universität) - Die ersten Ergebnisse liegen nun vor und bestätigen den "Bauernhofeffekt", die Tatsache, dass Kinder die auf Bauernhöfen aufwachsen deutlich seltener an Asthma oder anderen allergischen Erkrankungen leiden. Die Leiterin des Tiroler Projektes, Oberärztin Dr. Elisabeth Horak, und ihr Team von der Kinderpneumologie/Allergologie der Univ.-Klinik für Kinder- und Jugendheilkunde der Medizinischen Universität Innsbruck sind daher auch zuversichtlich, jetzt in der zweiten Phase des Projektes entsprechende Erkenntnisse über die Gründe für diesen Effekt zu erhalten.

Allergische Erkrankungen haben in den vergangenen Jahrzehnten deutlich zugenommen. Asthma, Heuschnupfen und Neurodermitis gehören zu den häufigsten chronischen Krankheiten im Kindesalter, mittlerweile leidet etwa jedes zehnte Kind vorübergehend oder dauerhaft daran. Um diesen Erkrankungen vorbeugen zu können, ist es notwendig, Ursachen und Auslöser besser zu verstehen. Bisher weiß man, dass allergische Erkrankungen durch ein Zusammenspiel von Vererbung und Umwelteinflüssen entstehen. Welche Faktoren im Einzelnen welche Rolle spielen, ist noch nicht ausreichend geklärt. Eine besonders interessante Erkenntnis in diesem Zusammenhang ist, dass Asthma und Allergien im bäuerlichen Umfeld seltener vorkommen. Man geht davon aus, dass Kinder, die in ihren ersten Lebensjahren vermehrt von mikrobiellen Substanzen (Bestandteile oder Stoffwechselprodukte von Bakterien oder Pilzen) umgeben sind, einen Schutz vor der Entstehung von Asthma und Allergien haben, weil das frühkindliche Immunsystem durch entsprechende Stimulation in die richtige Richtung dirigiert wird. Die GABRIEL-Studie ist nun dabei näher zu erforschen, welche Faktoren auf dem Bauernhof für die positive Entwicklung des kindlichen Immunsystems verantwortlich sind. Zugleich sollen Gen-Umwelt Interaktionen aufgedeckt werden, denn im Zusammenspiel von Umweltfaktoren und genetischen Anlagen wird der Schlüssel zur Entstehung von Asthma und Allergien vermutet. Sind diese Mechanismen einmal erkannt, so könnten in weiteren Schritten wirksame Methoden zur Vorbeugung und Behandlung von Asthma und Allergien bei Kindern entwickelt werden.
Europaweite Studie mit Tiroler Beteiligung

Die GABRIEL-Studie ist ein EU gefördertes europaweites Projekt und hat zum Ziel, die Ursachen von Asthma und Allergien bei Kindern zu erforschen. Die Studie wird von anerkannten Experten und Ärzten geleitet und gleichzeitig in Deutschland, der Schweiz, Österreich und Polen durchgeführt. Die österreichische Studienregion ist Tirol, und die entsprechende Studienzentrale ist das Department für Kinder- und Jugendheilkunde der Medizinischen Universität Innsbruck. Insgesamt haben sich im vergangenen halben Jahr europaweit mehr als 200.000 Volksschulkinder bzw. deren Eltern durch Ausfüllen eines Kurzfragebogens an der Studie beteiligt.

In Tirol haben 355 Volksschulen die Studie unterstützt, indem sie die Kurzfragebögen ausgeteilt und auch wieder eingesammelt haben. Allein in Tirol konnten so über 27.000 Kinder und deren Eltern erreicht werden. Die Daten sind eingegeben, die Auswertungen haben begonnen und es liegen erste Ergebnisse vor. Studienleiterin Elisabeth Horak ist mit den ersten Ergebnissen sehr zufrieden: "Wir haben die notwendige vorausberechnete Teilnehmerrate erreicht und dadurch ist der Fortgang der Studie auch in Tirol gewährleistet!

13% der befragten Tiroler Eltern gaben an, dass ihr Kind auf einem Bauernhof lebt. Bezüglich Asthmahäufigkeit bestätigen sich auch in Tirol die bereits vorhandenen Daten vorangegangener Studien: 11 % der Nicht-Bauernkinder leiden an Asthmabeschwerden, hingegen nur 6% der Bauern-Kinder. Diese Ergebnisse bestätigen den so genannten "Bauerneffekt", der bereits in früheren Studien dokumentiert wurde. Damit ist durch die erste Phase der GABRIEL-Studie eine hervorragende Grundlage geschaffen, um das Ziel der Studie zu erreichen und die schützenden Faktoren auf dem Bauernhof zu identifizieren."

Großartige Unterstützung durch Schulen und Rotes Kreuz
Aktuell läuft derzeit tirolweit Phase 2 des Projektes mit jenen Familien und Kindern, die sich an der ersten Umfrage beteiligten und einer Teilnahme in Phase 2 zugestimmt haben. In einem Zufallsverfahren wurden vom Computer 2.100 Kinder ausgewählt. Die ausgewählten Familien erhalten Post von der Studienzentrale der Kinderklinik Innsbruck mit einem ausführlichen Fragebogen, einer Anleitung zum Sammeln von Hausstaub und einem Termin für die Blutabnahmen des Kindes. Die Blutabnahme bei den ausgewählten Kindern wird in Zusammenarbeit mit den tiroler Rotkreuz-Stellen durchgeführt, die nicht nur ihre Räumlichkeiten zur Verfügung stellen, sondern sich durch Freundlichkeit, Hilfsbereitschaft und Engagement auszeichnen. Dank dieser Kooperation mit dem Roten Kreuz können den Kindern und ihren Eltern lange Anfahrtswege erspart werden, da die nötigen Blutabnahmen in der Nähe ihres jeweiligen Heimatortes durchgeführt werden. Das Rote Kreuz Tirol überraschte mancherorts sogar mit persönlicher Betreuung und einem Lehrprogramm für die Kinder: Diese konnten die Rettungsfahrzeuge besichtigen, Verletzungsmuster wurden nachgestellt, Geräte spielerisch erklärt und die Kinder wurden mit Süßigkeiten, Getränken und anderen Leckerbissen sowie kleinen Geschenken bei Laune gehalten. "Auch in der Studienphase 2 sind wir auf rege Teilnahme angewiesen, denn nur dann sind aussagekräftige Ergebnisse zu erwarten. Wir freuen uns daher über jeden tapferen "Asthmaforscher", betont die Studienleiterin, Elisabeth Horak.
 
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