Einigung auf ein neues Marktordnungsgesetz  

erstellt am
03. 07. 07

Kalina/Gaßner: Neues Marktordnungsgesetz bringt mehr Gerechtigkeit
Wien (sk) - "Das neue Marktordnungsgesetz bringt mehr Gerechtigkeit und Fairness und ist ein Erfolg für die kleinen Bauern", erklärte SPÖ-Bundesgeschäftsführer Josef Kalina am 03.07. in einer Pressekonferenz. Demonstrationen von ÖVP-Bauern während der Verhandlungen seien ein "Ausdruck schlechten Gewissens auf Seiten der ÖVP", da dieser die kleinen Bauern in Scharen davonlaufen. Für SPÖ-Agrarsprecher Kurt Gaßner ist das neue Gesetz "ein wesentlicher Schritt für mehr Gerechtigkeit und gerechte Verteilung der Fördermittel im Agrarbereich".

Aus Sicht der SPÖ ist die erzielte Einigung sehr erfreulich, weil sie "mehr Gerechtigkeit für jene bringt, die es schwer haben im Leben", so Kalina. Im bisherigen System sei ein Großteil der Bäuerinnen und Bäuerinnen stark benachteiligt worden, da die ÖVP "nur die großen Tiere gefüttert hat". Kalina belegte diese Aussage anhand konkreter Zahlen: So erhalten 3 Prozent der Betriebe 16 Prozent der Fördermittel,
564 (Groß-)Betriebe erhalten beinahe gleich viel Fördermittel wie die 46.875 kleinen Betriebe. Dies sei ein System, das grundsätzliche in Frage zu stellen ist, betonte der SPÖ-Bundesgeschäftsführer.

Eine Reihe von Betroffenen, die entgegen der Propaganda der ÖVP nicht von der SPÖ instrumentalisiert worden sind, hätten daher aufgrund ihrer Unzufriedenheit mit diesem ungerechten Fördersystem den VfGH angerufen und von diesem Recht bekommen, hielt Kalina fest. Nach diesem Urteil habe die SPÖ dann versucht, ein "Stück Gerechtigkeit zu schaffen – was mit dem neuen Gesetz auch gelungen ist".

SPÖ-Landwirtschaftssprecher Kurt Gaßner nannte die wesentlichsten Verbesserungen, die die neue Marktordnung für die kleinen Bauern bringt. Bei der Milchquote werden in Hinkunft alle Bauern bei der Verteilung der nationalen Reserve berücksichtigt. Auch jene 38.000 Bauern, die 2003 leer ausgegangen sind, werden aliquote Anteile bei der Vergabe der Milchquote erhalten. Weiters gibt es durch das neue Gesetz mehr Transparenz bei den Förderungen. Spätestens ab 2009 müssen alle Agrarförderungen offen gelegt werden.

Ebenfalls mehr Gerechtigkeit gibt es bei der Mutterkuh- und Kalbinnenprämie, so Gaßner. Bisher wurden die Prämien nur an jene Bauern ausgezahlt, die Mitglied im Zuchtverband waren. Nun wird diese Mitgliedschaft im Zuchtverband ergänzt durch weitere Qualitätsnachweise. Damit haben erstmals auch Bauern Anspruch auf Prämien, die nicht Mitglieder in den Zuchtverbänden sind. Verbesserungen gibt zudem es auch im Bereich des Verbraucher- und Tierschutzes, die erstmals als wesentliche Ziele des MOG festgelegt worden sind.

Eine wesentliche Neuerung ist auch bei der Betriebsprämie zu vermelden, so Gaßner. Hier wird eine Kommission eingesetzt, die bestehende Härtefälle überprüfen soll. Bisher sei von der ÖVP gesagt worden, dass dies EU-Recht widerspreche. Dies sei aber nicht richtig, wie man aus Brüssel hört, so Gaßner. "Unschärfen" gebe es noch, was die soziale und gerechte Gestaltung der Betriebsprämien betrifft. Hier gebe es noch Verhandlungen mit der ÖVP, da diese das bisherige ungerechte Modell – Prämien erst ab 12 Hektar – beibehalten will.

Änderungen gibt es auch bei den Förderungen für ländliche Entwicklung. Bisher wurden die Vergaben "vorbei am Parlament beschlossen", so Gaßner. Die dafür eigentlich eingesetzte Kommission sei bisher "zahnlos gewesen, bekommt aber jetzt Zähne". Denn die ländliche Entwicklung werde nun von einer paritätisch besetzten Kommission behandelt.. Zudem werde mittels eines Entschließungsantrages geprüft, ob es ein eigenes Gesetz geben soll.

Ein Betroffener, der Milchbauer und Obmann der SPÖ-Bauern OÖ Franz Hochegger, bezeichnete es als wichtigstes Anliegen, mehr Gerechtigkeit zu schaffen. Er verwies darauf, dass von der Milchquote bisher nur 12.000 Bauern profitiert haben, 38.000 Bauern hätten nichts bekommen. Daher sei der Schritt zum VfGH die logische Konsequenz gewesen. Kritik übte Hochegger an Landwirtschaftskammerpräsident Wlodkowski, der gemeint hatte, dass Parlament sei nicht für Einzelfälle zuständig. "Das ist falsch, das Parlament ist für ALLE Bauern da", unterstrich Hochegger.

Der Rechtsanwalt Josef Weixelbaum, der Betroffene vor dem VfGH vertreten hat, betonte, dass es bei den Klagen darum gegangen sei, das Verfassungsrecht zu beachten und für Gerechtigkeit bei den Förderungen zu sorgen. "Wir wollten nie Bauern Geld wegnehmen, sondern eine gerechte Verteilung der Fördermittel – im Sinne eines gesunden Bauernstandes", so Weixelbaum.

Demonstration der ÖVP Ausdruck schlechten Gewissens
Für den SPÖ-Bundesgeschäftsführer ist es einmalig, dass die ÖVP während der Verhandlungen Demonstranten auf die Straße schickte, die mit unwahren Argumenten gegen die SPÖ Stimmung machen. Aus Sicht von Kalina sind diese Proteste "schlechter Stil". Vor allem sei die "gekünstelte Aufregung" aber ein "Ausdruck schlechten Gewissens auf Seiten der ÖVP", da dieser die kleinen Bauern in Scharen davonlaufen.

Dass die Kritik an der Agrarpolitik keineswegs parteipolitische Hintergründe hat, zeigen laut Kalina die zahlreichen überparteilichen Initiativen, die gegen die bisherige Marktordnung protestiert haben. Der zitiert dabei aus einem Offenen Brief der IG-Milch, die 6.500 Mitglieder zählt, an Bundeskanzler Alfred Gusenbauer. Darin heißt es: "Mit großer Verwunderung nehmen wir die Protestaktionen des österreichischen Bauernbundes wahr. Es ist uns ein wichtiges Anliegen, dass die ungerechte Verteilung der Gelder für den Agrarsektor geändert wird." Und weiter. "Abschließend bedanken wir uns bei ihrer Partei für das große Interesse und den Einsatz bezüglich einer guten Umsetzung der Marktordnung."

Weiters zitierte Kalina aus dem Mail eines südsteirischen Kürbisbauern und Mitglieds der "Überparteilichen Initiative für eine gerechte Agrarreform": "Es geht einem der Hut hoch, wenn man liest, was der Bauerbund an Lügen und Unwahrheiten an die Medien verbreitet. Das einzige Ziel ist nur das Beibehalten der jetzigen, für eine gewisse Schicht finanziell sehr angenehmen Situationen." Auch eine oberösterreichische Ackerbäuerin macht in einem Mail ihrer Empörung über die ÖVP Luft: "Die Bemühungen der SPÖ für eine gerechte Aufteilung der Agrarsubventionen sind weder verlogen noch feig! Die Bemühungen des Koalitionspartners SPÖ sind nur zustande gekommen, weil geschädigte Bauern, wie ich auch, sich in ihrer Verzweiflung an die Grünen und an die SPÖ gewendet haben, nachdem die ÖVP-dominierten bäuerlichen Vertreter und Kämmerer seit Verordnung und Durchführung dieses ungerechten Prämiensystems uns bisher nur abschasselten."

"Durch das Verhalten der SPÖ in den Verhandlungen über das neue Marktordnungsgesetz wurde kein einziger Bauer und keine einzige Bäuerin geschädigt. Im Gegenteil: Es ist also die glatte Unwahrheit uns vorzuwerfen, dass dadurch irgendjemand einen erheblichen Nachteil hätte", betonte auch SPÖ-Agrarsprecher Kurt Gaßner. Nachteile hätten allerdings sehr viele Bauern durch die bisherige Agrarpolitik, die durchaus ungerecht und unfair war. "Die SPÖ ist wirklich nicht daran schuld, dass dieses Gesetz jetzt auf Veranlassung des Verfassungsgerichtshofes geändert werden muss. Das ist nicht eine Fehlleistung der Sozialdemokratie gewesen, sondern dafür sind sehr wohl die letzten ÖVP-Landwirtschaftsminister verantwortlich", betonte Gaßner.

 

 Grillitsch: Frontalangriff auf Österreichs Bäuerinnen und Bauern konnte abgewehrt werden
Wien (övp-pk) - "Heute um 17:00 findet ein Landwirtschaftsausschuss statt, bei dem das Marktordnungsgesetz behandelt wird. Ich hoffe, dass auch in den letzten zwei noch offenen Punkten eine Einigung erzielt werden kann", so Bauernbundpräsident Abg. Fritz Grillitsch am 03.07.

"An und für sich liegt das gegenwärtige Ergebnis schon seit Wochen auf dem Tisch - die Vernunft hat gesiegt. Wir haben für die Bauern, vor allem auch für kleine Berg- und Biobauern, die notwendige Rechtssicherheit hergestellt. Wir konnten verhindern, dass die Bauern zum ständigen parteipolitischen Spielball werden", erklärte der Bauernbundpräsident.

Das Gesetz wird rechtzeitig rückwirkend mit 1. Juli 2007 in Kraft treten. "Wir waren den Bauern immer im Wort und haben in den letzten Wochen deutlich gezeigt, dass wir die Einzigen wirklichen Vertreter für bäuerliche Interessen in Österreich sind", so Grillitsch abschließend.

 

 Pirklhuber: SPÖ geht bei Marktordnungsgesetz vor Bauernbund in die Knie
Wien (grüne) - "Die SPÖ geht beim Agrarmarktordnungsgesetz vor dem Bauernbund in die Knie. Sie hat zwar einige allgemeine Formulierungen zum Thema KonsumentInnenschutz, Tierschutz und Gentechnikfreiheit in die Zielbestimmungen des Marktordnungsgesetzes hineinverhandelt, allerdings bleiben diese völlig zahnlos, da die dafür nötigen Umsetzungsschritte gemäß Artikel 69 der EU-Verordnung 1782/2003 in keiner Weise genutzt werden", kritisiert Wolfgang Pirklhuber, Landwirtschaftssprecher der Grünen nach einer ersten Prüfung der eingelangten Vorschläge.

"Für die konkreten Anliegen der überparteilichen Initiative für eine gerechte Agrarreform, die hunderte Beispiele von Härte- und Sonderfällen dokumentiert hatte, wurde nur wenig erreicht", kommentiert Pirklhuber die von der SPÖ lancierten Verhandlungserfolge für die Kleinbauern. "Weder ist ein zukünftiger Umstieg auf ein gerechtes Fördermodell mit regional einheitlichen Flächenprämien für Acker- und Grünland im Rahmen des EU-Health-Check der Agrarpolitik vorgesehen, noch werden alle Härtefälle endlich erledigt, wie anfangs von der SPÖ immer gefordert", zeigt sich Pirklhuber enttäuscht.

"Der uns vorliegende Abänderungsantrag zur Regierungsvorlage des Marktordnungsgesetzes sieht sogar eine Stärkung der Verordnungskompetenz des Landwirtschaftsministers vor. Damit wird der Kritik des Verfassungsgerichtshofs nicht wirklich Rechnung getragen", argumentiert Pirklhuber. - Der Verfassungsgerichtshof hatte bei der Aufhebung der Tierprämienverordnung, der Milchgarantiemengen-Verordnung und bei der Prüfung der Betriebsprämien-Verordnung darauf hingewiesen, dass bei jenen Fällen, bei denen das EU-Recht mehrere Umsetzungsmöglichkeiten vorsieht eine Verordnung rechtlich nicht ausreicht und der Gesetzgeber (das Parlament) für diese Belange zuständig wäre.

"Die im Gesetz gewählte Formulierung, dass Bundesminister Pröll eine Veordnungskompetenz bei 'Regelungen der gemeinschaftlichen Marktordnung' habe, die 'bestimmt, bestimmbar und begrenzt' sind" wurde bereits 2006 vom Verfassungsdienst des Bundeskanzleramtes, damals noch unter Bundeskanzler Schüssel als unzureichend kritisiert, informiert Pirklhuber.
 

Wir übernehmen hier Stellungnahmen aller im Parlament
vertretenen Parteien – sofern vorhanden! Die Redaktion

 
zurück