Heinz Fischer: Wien "mithelfender Faktor" bei EU-Ambitionen Skopjes  

erstellt am
13. 07. 07

Bundespräsident absolviert Arbeitsbesuch in Mazedonien - Hoffen auf Lösung für Kosovo innerhalb der UNO
Wien/Skopje (hofburg) - Bundespräsident Heinz Fischer hat Mazedonien auf seinem Weg in die Europäische Union Unterstützung zugesichert. "Österreich wird kein hemmender, sondern ein mithelfender Faktor sein", sagte er am 12.07. in Skopje auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit seinem Amtskollegen Branko Crvenkovski. Nach den Worten des mazedonischen Präsidenten erwartet sich das EU-Kandidatenland einen Termin für die Aufnahme der Beitrittsgespräche im ersten Halbjahr 2008 unter slowenischer Ratspräsidentschaft. Laut Crvenkovski ist dieser Zeitplan "real erreichbar", wie ein Mitarbeiter der Präsidentschaftskanzlei der APA aus der Pressekonferenz berichtete. Es läge an Mazedonien selbst, die nötigen Reformschritte zu setzen, sagte er demnach. Für die Unterstützung Österreichs zeigte sich das Staatsoberhaupt dankbar.

Fischer verwies auf den nächsten Fortschrittsbericht der EU-Kommission zu Mazedonien. Zu einem möglichen Termin für die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit dem kleinen Balkan-Land mit Zwei-Millionen-Einwohnern wollte er sich nicht äußern. Er sei für die Annäherung des Westbalkan an die EU, da es sich bei der Gemeinschaft nicht nur um ein Wirtschafts-, sondern auch um ein Friedensprojekt handle.

Weiteres Thema zwischen den beiden Präsidenten war der künftige Status der südserbischen Provinz Kosovo, an die Mazedonien grenzt. Beide meinten, die beste Lösung erfolge durch eine Resolution des UNO-Sicherheitsrates. Crvenkovski sagte, sein Land werde als Beitrittsland den Linien von EU und NATO folgen, sollte keine Entschließung verabschiedet werden. Die USA haben angekündigt, in diesem Fall einen unabhängigen Kosovo anzuerkennen; in der EU gibt es noch keine eindeutige gemeinsame Linie.

Fischer befürwortete in Skopje eine Lösung auf der Basis des Plans des UNO-Sonderbeauftragten Martti Ahtisaari. Dies sei der "erste Schritt". Der Ahtisaari-Plan sieht eine international überwachte Unabhängigkeit vor. Die Führer der kosovo-albanischen Mehrheitsbevölkerung befürworten den Vorschlag, Serbien, das die Region in seinem Staatsverband halten will, ist dagegen. Es wird von der UNO-Vetomacht Russland unterstützt, die nur eine von Belgrad akzeptierte Lösung gutheißen will. Der Kosovo wird seit dem Krieg 1999 von der UNO verwaltet.

Die Unterzeichnung eines bilateralen Abkommens zwischen Österreich und Mazedonien ist beim Besuch des Bundespräsidenten unterdessen fehl geschlagen. Die Nachrichtenagentur Makfax berichtete, dass der mazedonische Finanzminister Trajko Slavevski nicht unterschreiben wollte. Gründe wurden nicht genannt. Präsident Crvenkovski erklärte bei der Pressekonferenz mit Fischer, das Problem liege ausschließlich in der mazedonischen Innenpolitik, und entschuldigte sich. Fischer zeigte Verständnis und Zuversicht, dass bald ein neuer Termin für die Unterzeichnung gefunden werde. Das Abkommen betrifft die Besteuerung von Unternehmen, die demnach nur in jenem Land Abgaben entrichten müssen, in dem sie am meisten erwirtschaften.

Am Donnerstag standen noch Begegnungen Fischers mit dem mazedonischen Ministerpräsidenten Nikola Gruevski und Parlamentspräsident Ljubisa Georgievski auf dem Programm. Zudem wollte Fischer Vertreter der beiden großen Albaner-Parteien des Landes treffen. Die Albaner stellen rund 25 Prozent der Bevölkerung Mazedoniens.

Der Bundespräsident wird von einer Wirtschaftsdelegation sowie von Verteidigungsminister Norbert Darabos (S) begleitet. Am Abend wollte Fischer der Eröffnung des jährlichen Kultur-Festivals in der Stadt Ohrid beiwohnen. Seinen Arbeitsbesuch beendet er am Freitag.


Treffen mit Albaner-Vertretern - Verteidigungsminister Norbert Darabos bekräftigt Unterstützung für EU-Annäherung
Bundespräsident Heinz Fischer hat am Freitag seine am Vortag begonnene Arbeitsvisite in Mazedonien mit dem Besuch eines Ikonen-Museums in der Stadt Ohrid beendet. Am Donnerstag hatte er in der Hauptstadt Skopje neben seinem Amtskollegen Branko Crvenkovski den mazedonischen Parlamentspräsidenten Ljubisa Georgievski, ein früherer Theater- und Filmregisseur, sowie den national-konservativen Ministerpräsidenten Nikola Gruevski getroffen. Auch Begegnungen mit Vertretern von Parteien der albanischen Volksgruppe standen auf dem Programm. Den Albaner-Parteien kommt im Polit-Gefüge Mazedoniens eine entscheidende Rolle zu. 2001 kam es in dem Balkan-Land zu mehrmonatigen Kämpfen zwischen albanischen Extremisten und der mazedonischen Armee. Der Konflikt wurde mit dem unter EU-Vermittlung erzielten Rahmenabkommen von Ohrid mit größeren (Selbstbestimmungs)Rechten für die albanische Volksgruppe beigelegt.

Seither müssen Gesetze, die direkt Kultur, Sprachverwendung, Bildung, Personendokumente, den Gebrauch von Symbolen, die lokalen Finanzen, die Lokalwahlen, die Hauptstadt Skopje und ferner die Grenzen der Gemeinden betreffen, mit einer doppelten Mehrheit beschlossen werden: Neben der Mehrheit aller Parlamentsabgeordneten ist auch die Mehrheit unter jenen anwesenden Abgeordneten nötig, die angeben, einer der Minderheiten des Landes anzugehören. 25 Prozent der mazedonischen Bevölkerung sind ethnische Albaner.

Fischer traf den Chef der derzeit in Opposition befindlichen größten Albaner-Partei DUI (Demokratische Integrationsunion), den ehemaligen Extremisten-Führer Ali Ahmeti, sowie den neuen Chef der mitregierenden Demokratischen Partei der Albaner (DPA), Menduh Thaci. Die DUI sorgte heuer für Aufregung, indem sie mehrere Monate das Parlament boykottierte. Im Mai drohte die DPA, sich aus der Regierung mit Gruevskis National-Konservativen zurückzuziehen - inoffiziell wegen der Kontakte, die der Regierungspartner zur DUI aufnahm, um sie wieder ins Parlament zurückzubringen.

Die Hauptthemen bei Fischers Besuch waren die weitere Annäherung des Beitrittskandidaten Mazedonien an die EU sowie die Kosovo-Frage. Für Mazedonien stellt die Entscheidung über den Status der südserbischen Provinz eine außenpolitische Gratwanderung dar: Zum einen grenzt das Land sowohl an Serbien als auch an den zu 90 Prozent von Albanern bewohnten Kosovo und will zu beiden gute Beziehungen. Zum anderen sollen erneute radikale Strömungen unter den Albanern in Mazedonien in diesem Zusammenhang vermieden werden.

Begleitet wurde Fischer von einer Wirtschaftsdelegation sowie von Verteidigungsminister Norbert Darabos (S), der am Donnerstag mit seinem Amtskollegen Lazar Elenovski zusammentraf. Dabei bekräftigte Darabos laut einer Aussendung die Unterstützung Österreichs für die EU-Beitrittsbestrebungen Mazedoniens, die auch Fischer betont hatte. Zudem sei eine Vertiefung der bilateralen Zusammenarbeit in der Sicherheitspolitik vereinbart worden.

Der Bundespräsident wohnte in Ohrid der Eröffnung des dortigen Kultur-Festivals bei und fliegt von dort aus direkt nach Kärnten, wo er am späteren Nachmittag bei der Eröffnung des Carinthischen Sommers in Villach eine Rede hält.

Quelle: APA
 
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