Wie funktioniert RNAi?  

erstellt am
13. 07. 07

Entscheidungsprozesse auf molekularer Ebene
Wien (prd) - "Wie funktioniert RNAi?" Das ist eine Frage, die sich ForscherInnen weltweit schon seit Jahren stellen. Nun ist einer Forschungsgruppe am Campus Vienna Biocenter rund um Prof. Renée Schroeder (MFPL) und Dr. Javier Martinez (IMBA) ein bedeutender Schritt zur Beantwortung dieser Frage gelungen. Die Ergebnisse der Arbeit werden heute im international renommierten Wissenschaftsjournal CELL veröffentlicht und unterstreichen die Bedeutung der österreichischen Forschung im RNA-Feld, die auch vom Wissenschaftsfonds FWF intensiv unterstützt wird.

RNA-Interferenz (RNAi) ist ein natürlicher Abwehr- und Steuerungsmechanismus der Zelle, der über die Eliminierung unerwünschter RNA-Moleküle funktioniert. Sein Potenzial für den therapeutischen Einsatz wurde im vergangenen Jahr durch die Verleihung des Nobelpreises für Physiologie oder Medizin anerkannt. Tatsächlich befinden sich derzeit bereits die ersten Medikamente in der klinischen Prüfung, die auf diesem Mechanismus beruhen. Trotzdem ist dieser Prozess bei weitem noch nicht bis in alle Details aufgeklärt und bietet somit noch genügend Spielraum zur Optimierung darauf beruhender medizinischer Therapien.


No risc. No fun.
Genau aus diesem Potenzial hat nun eine Gruppe am Campus Vienna Biocenter mit der Klärung wesentlicher Details zur Effizienz der RNA-Interferenz geschöpft. Dazu der Projektleiter, Dr. Stefan L. Ameres von den Max F. Perutz Laboratories (MFPL), Department für Biochemie der Universität Wien: "Ein entscheidender Schritt der RNA-Interferenz ist die Bindung der zu eliminierenden RNA durch den so genannten RISC, den RNA-Induced Silencing Complex. Über die anschließende Zerstörung der Ziel-RNA durch den RISC weiß man recht viel über die davor erfolgende Entscheidung, welche RNA gebunden wird und wie genau dies geschieht, nur wenig. Zur Klärung dieses Vorgangs konnten wir gemeinsam mit dem Institut für Molekulare Biotechnologie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (IMBA) einen wichtigen Beitrag leisten."

Zunächst konzentrierte sich das Team dabei auf die Charakterisierung des Einflusses der RNA-Struktur: Variationen eines RNA-Zielmoleküls wurden hergestellt, in denen die RISC-Bindungsstellen aufgrund von Strukturunterschieden zunehmend weniger gut zugänglich waren. Zum Ergebnis des Experiments meint Dr. Ameres: "Das war eine wirklich klare Sache! Je weniger gut die Bindungsstelle zugänglich war, desto weniger effizient erfolgte die Eliminierung der Ziel-RNA durch den RISC. Unsere Schlussfolgerung aus diesen Daten ist, dass der RISC keine Funktionalität besitzt, die es ihm erlaubt, RNA-Moleküle strukturell zu ändern eine wichtige Erkenntnis zur effektiven Anwendung dieses Prozesses." Ebenso grundlegend für das Verständnis von RNA-Interferenz war ein weiteres Ergebnis: Die Bindungsstärke zwischen Ziel-RNA und dem RISC muss einen bestimmten Schwellenwert überschreiten, damit der weitere Prozess der RNA-Eliminierung eingeleitet wird. Dieses Ergebnis deutet tatsächlich an, dass RISC RNA eher zufällig bindet und erst die Stärke dieser Bindung die Entscheidung über das weitere Schicksal der RNA besiegelt. "Man kann sich das so vorstellen, dass RISC während der Bindung seiner Ziel-RNA eine Kontroll-Instanz durchlaufen muss, um sicherzustellen, dass wirklich nur bestimmte RNAs zerstört werden", so Dr. Ameres.


Karrierechance "Doktoratskolleg"
Die Veröffentlichung dieser Ergebnisse im Journal CELL bestätigt nicht nur die Qualität der RNA-Forschung an den Max F. Perutz Laboratories (einer gemeinsamen Einrichtung der Universität Wien und der Medizinischen Universität Wien), sondern auch die Ausbildung junger WissenschafterInnen im Rahmen von Doktoratskollegs. Denn für Dr. Ameres ist diese Veröffentlichung auch ein Höhepunkt seiner nun abgeschlossenen PhD-Ausbildung im Rahmen eines solchen Kollegs. Tatsächlich wurde im Juni 2007 am Campus Vienna Biocenter sogar ein spezielles Doktoratskolleg "RNA Biology" etabliert, das die Spitzenstellung der dortigen RNA-Forschung nachhaltig sichern wird. Eine Stellung, die auch durch die Molekularbiologin Prof. Renée Schroeder mitetabliert wurde. Sie nutzte das Preisgeld des ihr 2003 vom Wissenschaftsfonds FWF zuerkannten Wittgensteinpreises zur Unterstützung der Arbeit von Dr. Ameres und leistete so einen wichtigen finanziellen Beitrag zur Kontinuität der RNA-Forschung am Campus Vienna Biocenter.
 
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