Leon Zelmann ist gestorben  

erstellt am
11. 07. 07

Der Leiter des Jewish Welcome Service Vienna (JWS) Dr. Leon Zelman ist am 11.07. früh im Alter von 81 Jahren nach langer schwerer Krankheit in einem Wiener Spital verstorben.
     
Israeltische Kultusgemeinde tief betroffen über das Ableben von Leon Zelman
Wien (ikg) - Die Israelitische Kultusgemeinde gibt mit Bestürzung und Trauer den Tod von Prof. Dr. Leon Zelman bekannt. Österreich und die jüdische Welt verlieren mit ihm einen grossartigen Menschen von hoher moralischer Integrität, geprägt von der Katastrophe der Shoah. Trotz seiner bitteren Traurigkeit suchte er keine Vergeltung, sondern Versöhnung und wollte besonders der Jugend helfen, den Weg in eine neue Welt der Toleranz und des gegenseitigen Verstehens zu finden.

Initiativen, wie die des Jewish Welcome Service, durch die hoch betagte jüdische Vertriebene erstmals wieder nach Österreich "zurückgerufen" wurden, gehen auf seine Initiative zurück. Er kämpfte während der gesamten 2. Republik als Student und später als oft unbequeme Person des öffentlichen Lebens für eine korrekte Aufarbeitung der Geschichte und ein Bekenntnis Österreichs, auch zur Täterrolle von manchen seiner Bürger.

Wir verlieren in ihm, dessen Familie ermordet wurde, eine Vaterfigur für die nachkommende Generation, war er doch einer der Gründer der Vereinigung Jüdischer Hochschüler nach dem Krieg verwaisten Jugendlichen zur Ersatzfamilie wurde, und einen großen Sohn für uns alle.

Die Verabschiedung und das anschließende Begräbnis finden am Freitag, den 13.7.2007 am Wiener Zentralfriedhof, 4.Tor, Zeremonienhalle,um 12.30 Uhr statt.

 

Bundeskanzler Alfred Gusenbauer
Wien (sk) - "Leon Zelman hat großes für Österreich geleistet. Er hat als KZ-Häftling der Shoa ins Auge geblickt und seine Familie in den Gaskammern der NS-Schergen verloren. Seine schrecklichen persönlichen Erfahrungen veranlassten ihn dennoch, sein Leben in den Dienst der Verständigung und des Dialogs zu stellen. Leon Zelman war eine moralische Instanz in unserem Land. Er hat sich unablässig darum bemüht, Brücken der Verständigung zu bauen. Durch sein einzigartiges und hingebungsvolles Engagement hat er mit dem Jewish Welcome Service Vienna vielen Österreichern, die als Flüchtlinge vor dem Nationalsozialismus in Israel eine neue Heimat gefunden hatten, einen neuen Blick auf Österreich und auf Wien vermitteln können. Er konnte so zu einer Annäherung an deren alte Heimat beitragen, die sie unter tragischen Umständen hatten verlassen müssen", sagte Bundeskanzler Alfred Gusenbauer zum Ableben von Leon Zelman.

"Der Tod von Leon Zelman macht mich auch persönlich sehr betroffen. Ich habe ihn als weltgewandten, offenherzigen, begeisterungsfähigen und optimistischen Menschen kennen gelernt, der seine Standpunkte in einer unverwechselbaren Art vertreten hat. Ich kann sagen, dass ich mit ihm auch einen guten Freund verloren habe", so Gusenbauer.

 

Nationalratspräsidentin Barbara Prammer
Wien (pk) - Tiefe Betroffenheit bekundete Nationalratspräsidentin Barbara Prammer – sie ist derzeit zu einem offiziellen Besuch in Israel - über die Nachricht vom Ableben Leon Zelmans. Er sei einer der beeindruckendsten Kämpfer gegen das Vergessen der Gräuel des Nationalsozialismus gewesen. Sein Streben galt der Menschlichkeit und dem Ziel, dass "so etwas nie wieder passieren darf und kann". Zelman sei einer der hervorragenden Menschen gewesen, der nie locker gelassen habe und mit großer Energie und Vehemenz konsequent seinen Weg gegangen ist. Leon Zelman hinterlasse ein großes Vermächtnis, sagte Prammer.

Beeindruckend, so Prammer weiter, sei auch Zelmans anhaltender und aktiver Kontakt mit der Jugend. Als Zeitzeuge und Verfolgter des NS-Regimes habe er an der Aufklärung der Jugend über die Verbrechen der Nationalsozialisten mitgewirkt, sei unermüdlich für Toleranz zwischen Kulturen und Religionen eingetreten. Auch damit habe er einen wesentlichen Beitrag zum Verständnis des Judentums in Österreich geleistet. Mit Zelman verliere Österreich einen großartigen Menschen und Kämpfer für Verständnis, Toleranz für andere Kulturen und Menschlichkeit, schloss Prammer.

Internationales Ansehen erlangte Leon Zelman als Präsident des "Jewish Welcome Service Vienna", den er 1980 mitbegründet hatte und bis zu seinem Tod leitete. In den letzten 25 Jahren engagierte sich Leon Zelman mit großem Elan dafür, Jüdinnen und Juden, die von den Nationalsozialisten aus Österreich vertrieben wurden, im Rahmen der Aktion "Willkommen in Wien" einen Besuch in Österreich zu ermöglichen. Diese großartige Aktion hat bisher rund 4000 Menschen auf Vermittlung des Jewish Welcome Service in ihre alte Heimat gebracht. Leon Zelman machte damit auf die jüdische Kultur in Österreich aufmerksam und trug wesentlich zum besseren Verständnis des Judentums in Österreich bei. 1995 veröffentlichte er mit Hilfe von Armin Thurnher sein autobiografisches Buch "Ein Leben nach dem Überleben" (Verlag Kremayr & Scheriau), das 1998 in englischer Übersetzung bei Holmes & Meier in New York herauskam.

Der Publizist Leon Zelman war als Zwölfjähriger mit seiner Familie in das Ghetto Lodz deportiert worden, wo er seine Eltern verlor. Über Auschwitz, wo 1944 sein Bruder starb, kam er in das Lager Ebensee, aus dem 1945 US-Truppen den Schwerkranken befreiten. Nach insgesamt dreijährigen Aufenthalten in verschiedenen Krankenhäusern studiert Leon Zelman Zeitungswissenschaften in Wien, war ein führender Funktionär der Jüdischen Hochschülerschaft und gründetet 1951 die Zeitschrift "Das Jüdische Echo", die er als Chefredakteur leitete.

Professor Leon Zelman wurde vielfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Goldenen Rathausmann der Stadt Wien, dem Goldenen Doktordiplom der Universität Wien und dem Goldenen Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich.

 

Außenministerin Ursula Plassnik
Wien (bmeia) - "Leon Zelman war ein großer Österreicher, der unermüdlich für das bessere Verständnis zwischen Juden und Nichtjuden in Österreich gearbeitet hat. Seine Kraft und sein Eintreten für ein Österreich, das sich seiner wichtigen jüdischen Traditionen in Kultur, Wissenschaft und im Geistesleben bewusst ist, haben wesentlich dazu beigetragen, dass vertriebene jüdische Mitbürger und ihre Angehörigen wieder Kontakt mit ihrer ehemaligen Heimat aufgenommen haben. Er hat Brücken der Versöhnung geschaffen, damit Altösterreicher sich überzeugen konnten, dass die junge Generation aus den Schrecken der Geschichte gelernt hat", so Außenministerin Ursula Plassnik zum Ableben von Leon Zelman, dem Leiter des Jewish Welcome Service.

"Er war ein leidenschaftlicher Mitgestalter der Versöhnung jüdischer Mitbürger mit dem modernen Österreich. Mit dem 'Jewish Welcome Service', der Zeitschrift 'Jüdisches Echo' und den großen Wiener Theodor Herzl-Konferenzen hat er nicht nur Bleibendes geschaffen, sondern auch unermüdlich dem Dialog sozusagen "Hände" und "Füße" gegeben", so die Außenministerin.

 

Bürgermeister Michael Häupl
Wien (rk) - Mit Trauer und Betroffenheit reagierte der JWS-Präsident und Wiener Bürgermeister Dr. Michael Häupl auf den Tod von Leon Zelman: "Mit Leon Zelman verlieren wir einen Menschen, dessen Leben, dessen Wirken und dessen Herz so voll, so traurig und so großartig war, wie es kein Roman fassen kann. Leon Zelman hat nicht die Distanz, sondern die Versöhnung gesucht. Er hat nicht die Abrechnung, sondern das Miteinander und die Zukunft zum Leit- und Lebensbild erhoben. Für diese menschliche Größe und seinen stetigen Einsatz danke ich in aller Demut einem Freund, den wir in Wien sicher nicht vergessen werden."

Leon Zelman bekam 2001 von Bürgermeister Dr. Häupl den Ehrenring der Stadt Wien überreicht, für den Herbst war die Verleihung der bereits beschlossenen Bürgerwürde geplant. Der Gründer des "Jewish Welcome Sercive Vienna" hat durch sein Engagement Tausenden jüdischen Exilösterreichern einen Blick auf das neue Wien und damit eine Annäherung an die alte Heimat ermöglicht und so maßgeblich zur Vergangenheitsbewältigung beigetragen.

"Es hat mich glücklich und dankbar gemacht, dass Leon Zelman, dieser Mann, der durch die Nazis seine Familie verloren hat, nach seiner Befreiung aus dem Konzentrationslager Mauthausen Wien als seine neue Heimat gewählt und empfunden hat. Seine mahnende Tätigkeit hat uns geholfen, aus dieser Welt eine bessere zu machen. Ich werde ihn, seine Hartnäckigkeit, seine Freundlichkeit, seine Schrullen und seine Liebenswürdigkeit vermissen", erklärte Häupl. (

 

Eva Glawischnig, die Grünen
Wien (grüne) - "Mit Leon Zelman ist ein großer Versöhner von uns gegangen", bedauert die Dritte Nationalratspräsidentin Eva Glawischnig das Ableben des Gründers des Jewish Welcome Service zutiefst. "Unermüdlich hat Zelman sich dafür eingesetzt, das verbliebene mit dem vertriebenen Österreich zu versöhnen." Besonders bemerkenswert an dieser großen Persönlichkeit sei gewesen, dass er - obwohl er selbst ein KZ-Überlebender war, seine Familie von den Nazis ermordet wurde - ohne Rachegedanken daran gearbeitet habe, die Geschichte des Landes korrekt aufzuarbeiten und die Menschen wieder zusammenzuführen. Glawischnig: "Mit ihm verliert Österreicher einen engagierte Proponenten der Vergangenheitsbewältigung."

 

David Lasar, FPÖ
Wien (fpd) - Der Wiener FPÖ-Landtagsabgeordnete David Lasar äußerte heute sein Bedauern über das Ableben von Leon Zelman. Lasar, der mit Zelman auch persönlich bekannt war, bezeichnete den Verstorbenen als einen integren Menschen, der durch sein schweres Schicksal geprägt gewesen sei.
 
zurück