Glawischnig: Statt Paartherapie Arbeit aufnehmen  

erstellt am
10. 07. 07

Wien (grüne) - Einen Tag vor der Regierungsklausur hat Grünen-Vizechefin Eva Glawischnig die Große Koalition in die Mangel genommen. "Der Stil dieser Regierung ist geprägt von gegenseitigem Misstrauen", kritisierte sie Rot-Schwarz bei einer Pressekonferenz am 09.07. "Wadelbeißen" und "gegenseitige Unterstellungen" würden an der Tagesordnung stehen. Bundeskanzler Alfred Gusenbauer attestierte Glawischnig Führungsschwäche, der ÖVP warf sie vor, wichtige Projekte zu blockieren.

"Paartherapie" auf dem Rücken der Familien
"Wenn zwei sich dauernd streiten und man fährt dann gemeinsam weg, dann nennt man das in der Regel Paartherapie", kommentierte Glawischnig die anstehende Regierungsklausur am Dienstag und Mittwoch. Alles würde auf dem Rücken der Familien ausgetragen. Und selbst halbherzige Lösungen - etwa jene zur 24-Stunden-Betreuung - seien erst nach monatelangen gegenseitigen Fouls möglich gewesen.

Handlungsbedarf sieht Glawischnig vor allem bei den Kinderbetreuungsplätzen. Eltern würden im Sommer vor verschlossenen Einrichtungen stehen. "Wir wollen deutlich mehr als 50.000 Kinderbetreuungsplätze und eine Qualitätsdiskussion", forderte die stellvertretende Grünen-Chefin. Auch der Umweltschutz und der Anti-Atombereich würden außerdem "dahindümpeln". So habe der Umweltkontrollbericht die Regierung völlig unbeeindruckt gelassen.

Weitere Bereiche, in denen Glawischnig mehr Engagement sehen will: Die Verfassungsreform und die Ortstafelfrage, die offensichtlich schon ad acta gelegt worden sei.

Kindergeld neu regeln
Überdies will Glawischnig eine komplett neue Regelung zum Kindergeld. Anlass ist die Stichprobenkontrolle in Salzburg mit dem Ergebnis, dass 40 Prozent der jungen Mütter in den vergangenen Jahren zu Unrecht diese Leistung bezogen hätten. "Ich bin der Meinung, dass es eine Generalamnestie geben sollte und dass man eine neue Basis schaffen sollte", sagte Glawischnig. Eine Reparatur der derzeitigen Regelung kommt für die Grünen-Vizechefin nicht in Frage: "Ich habe keine Lust, ein vermurkstes Modell zu verbessern." Dieses sei zudem "kontraproduktiv" für berufstätige Frauen, da diese nur wenige Stunden arbeiten könnten. Glawischnig schlug stattdessen ein "einkommensabhängiges Karenzgeld" vor.

Fremdenrecht: umfassende Reform nötig
Als die "größte offene Wunde dieser Koalition" bezeichnete Glawischnig das Fremdenrecht. Bezugnehmend auf die Stellungnahme des Menschenrechtsbeirates forderte sie eine umfassende Reform. Wenn ein Höchstgericht die Ausweisung einer 80-jährigen schwer kranken Türkin stoppen müsse, dann sei wohl offenkundig, dass es Änderungsbedarf gebe.

"Das Fremdenrechtspaket schreit nach einer Reparatur", so Glawischnig. Sie sprach sich erneut für ein Bleiberecht für gut integrierte AsylwerberInnen aus. Der Menschenrechtsbeirat hat am Montag darauf hingewiesen, dass das derzeitige Fremdenrecht "menschenrechtswidrig" sei und den Artikel 8 der europäischen Menschenrechtskonvention nicht berücksichtige. Der Artikel schützt das Privat- und Familienleben.
 
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