Für den Herrn Mozart arbeiten  

erstellt am
10. 07. 07

Geneviève Geffray erhielt den höchsten französischen Kulturorden und ist "Salzburgerin der Woche"
Salzburg (lk) - Seit mehr als 30 Jahren ist Geneviève Geffray – wie sie es nennt –"für den Herrn Mozart tätig". Die Leiterin der Bibliotheca Mozartiana wurde kürzlich mit dem höchsten französischen Kulturorden, dem "Ordre des Arts et Lettres" in der Kategorie "Chevalier" (Ritter), ausgezeichnet und am 10.07. zur "Salzburgerin der Woche" auf SALZBURG.AT, der Internet-Plattform für die Europaregion gekürt.

Mit etwa 35.000 Titeln ist die Bibliotheca Mozartiana der Internationalen Stiftung Mozarteum die größte Mozart-Bibliothek der Welt. Sie enthält neben Spezialliteratur zu Wolfgang Amadeus Mozart und zum 18. Jahrhundert Noten, Musik- und Briefautographe der Familie Mozart, Erst- und Frühdrucke sowie zeitgenössische Kopien von Werken Mozarts und von Komponisten des 18. und 19. Jahrhunderts.

34 Jahre leitet Geneviève Geffray nun schon diese Bibliothek. Im Mozart-Jahr 2006 war es, als eine kleine, aber hochrangige Delegation um den damaligen französischen Premierminister Dominique de Villepin die Mozart-Bibliothek besuchte. Geffray leitete die Führung, der Premierminister zeigte sich beeindruckt. "Das hat mir wahrscheinlich die Ehrung eingebracht", vermutet Geffray. Damit reiht sich die gebürtige Französin unter eine Reihe prominenter Träger des Ordens wie die Schauspieler Jean-Paul Belmondo, Leonardo DiCaprio und Robert Redford oder Musiker wie David Bowie und Cecilia Bartoli.

Die Auszeichnung erhalten Personen für einen Beitrag zur "Ausstrahlung der Künste und der Literatur in Frankreich und in der Welt". Geffrays Beitrag ist bemerkenswert: 14 Jahre lang – der erste der sieben Bände erschien 1984, der letzte 1999 – arbeitete sie an der Übersetzung einer kommentierten Edition der Briefe Mozarts und seiner Familie ins Französische. Geffray ließ sich auf eine Zeitreise ins 18. Jahrhundert und in Mozarts Leben und Schaffen ein. Er war abwechselnd ihr Vater, Freund und Bruder. Sie amüsierte sich beim Vergleich mit Übersetzungen, die aus dem 19. Jahrhundert stammen, da sich der französische Autor offenbar nicht getraut hatte, Mozarts teilweise derbe Sprache wortgetreu zu übersetzen. Und sie ärgerte sich, wenn der junge Mozart seinen Vater belog.

Mit Sprachspielen lernen
Die Übersetzungen gingen Geffray zum Großteil leicht von der Hand. "Mozart schreibt eine ganz natürliche, alltägliche Sprache", erzählt sie. Herausfordernd waren aber die Kommentare und Mozarts Korrespondenz mit dem "Bäsle", seiner Cousine Maria Anna Thekla Mozart – wegen den Reimen und den internen Sprachspielen der beiden. Die Aufgabe erledigte sie nicht im Auftrag der Stiftung Mozarteum, sondern in ihrer Freizeit – an Abenden, Wochenenden, im Urlaub. "Ich bereue keine Sekunde. Es war eine schöne Arbeit, und ich habe selber viel gelernt", sagt sie überzeugt. Das Werk bekam im Jahre 1999 den "Prix des Muses" der Klassik-Plattform Musicora für die beste musikwissenschaftliche Dokumentation.

Auch wenn die klassische Musik schon immer eine große Rolle im Leben Geffrays spielte, die Liebe zu Mozart hat sie erst durch ihre Arbeit in Salzburg entdeckt. 1973 erfuhr sie während eines Besuches in Salzburg von der freien Stelle, sie bewarb sich und erhielt die Stelle. Ihre eigenen musikalischen Vorlieben gelten auch heute noch Bach, Brahms und Schubert.

Geneviève Geffray wurde 1945 in Paris geboren und ging 1968 nach ihrem Studienabschluss in Französisch, Deutsch und Englisch an der Universität Paris-Nanterre nach München. Für eine Karriere als Musikerin war sie nach eigenen Worten zu faul zum Üben, auf der Universität wollte sie wegen der aufkommenden Studentenunruhen nicht bleiben. Also arbeitete sie in München als Produktionsassistentin für klassische Musik in einer Schallplattenfirma. Unter dem Motto "viel gelernt – wenig verdient" erinnert sie sich an diese Zeit. Wenig später kehrte sie wieder nach Paris zurück und arbeitete zwei Jahre in einer Bank, wo sie sich "zu Tode langweilte". Dann kam die Reise nach Salzburg. Heute bezeichnet sie es als "Glück, für diesen Menschen arbeiten zu dürfen".

Mozart in Beruf und Freizeit
Als Bibliotheks-Leiterin ist Geffray für den Erhalt der Bestände wie den wertvollen Brief- und Musikautographen zuständig. Über ihren Beruf hinaus begann sie sich als Mitverantwortliche für die jährlich wechselnden Sonderausstellungen in Mozarts Geburtshaus auch wissenschaftlich mit dem Genius loci auseinanderzusetzen. Im Mozart-Jahr 1991 folgte mit der Mitarbeit an der Salzburger Landesausstellung "Mozart – Bilder und Klänge" ein erster Höhepunkt in ihrer Karriere. Für einen deutschen Verlag publizierte und kommentierte sie 1998 Nannerl Mozarts Tagebuchblätter, in Faksimile-Ausgaben präsentierte sie Bestände der Internationalen Stiftung Mozarteum.

Seit 1997 ist sie für die Redaktion und die Herausgabe des Almanachs der Mozartwoche der Internationalen Stiftung Mozarteum verantwortlich, wo sie neben der Musik auch ihre zweite Leidenschaft, die Bildende Kunst, einbringen und Ikonographie und Musik verbinden kann. Die Digitalisierung der Autographe ist seit vorigem Jahr abgeschlossen.

Derzeit laufen die Arbeiten am Almanach für die Mozartwoche Ende Jänner 2008, der auch wieder Beiträge in Englisch enthalten wird, auf Hochtouren. Ihr großes Wissen gibt Geffray bei Vorträgen im In- und Ausland und bei Führungen im Autographen-Keller, der sonst öffentlich nicht zugänglich ist, weiter. Für Geffray besteht die Faszination Mozarts darin, dass Mozart sowohl Musiker als auch Laien begeistert. Bei ihren Führungen beobachtete sie, wie es nicht nur Musikern und Wissenschaftern "unter die Haut geht, vor den Original-Handschriften zu stehen". Selber bekennt sie sich zur Aussage des französischen Schriftstellers Romain Rolland über Mozarts Briefe: "Wenn man sie gelesen hat, bleibt Mozart das ganze Leben lang Ihr Freund."

Wer wird nächste/r "Salzburger/in der Woche"?
Auf SALZBURG.AT, der Internet-Plattform für die Europaregion auf http://www.salzburg.at, wird regelmäßig der oder die "Salzburger/in der Woche" gekürt. Auch eigene Vorschläge für den/die Salzburger/in der Woche können eingebracht werden. Ein E-Mail an landespressebuero@salzburg.gv.at mit der Begründung und eventuell einem Foto der Kandidatin bzw. des Kandidaten genügt. Diese Internet-Plattform verzeichnet bis zu 20.000 Seitenaufrufe täglich.
 
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