Studierenden-Sozialerhebung 06  

erstellt am
26. 07. 07

Die/den klassischen Studierenden gibt es nicht mehr
BM Hahn: Lebenswelten der Studierenden ernst nehmen und danach handeln
Wien (bmwf) - Die soziale Schere geht leicht zusammen, so ein Ergebnis der umfassenden Studierenden-Sozialerhebung 2006, die auch in die europäische Vergleichsstudie Eurostudent III einfließen wird. Erstmals wurde sie online durchgeführt. 9000 Studierende wurden vom Institut für höhere Studien befragt.

Die soziale Durchmischung an den Hochschulen hat sich seit 1990 verbessert, die Überrepräsentanz höherer Schichten geht leicht zurück. Die verbesserte soziale Durchmischung ist vor allem auf den neu aufgebauten FH-Sektor zurückzuführen. Die Fachhochschulen waren von ihrer Konzeption her speziell angelegt bildungsfernere Schichten anzusprechen- mit berufsbegleitenden Angeboten und starker Praxisorientierung. Für Wissenschaftsminister Johannes Hahn bleibt das Ziel einer "besseren sozialen Ausgewogenheit" aufrecht, "auch wenn es Sisyphusarbeit ist und Erfolge sich nur zögerlich einstellen".

Tendenzen zu mehr Bildung, weniger Job und weniger bummeln
Der Trend zu höherer Bildung hält an, immer mehr Personen auch in der Elterngeneration haben höhere Bildungsabschlüsse, jede/r zweite/r Maturant/in gelangt über die Hauptschule zur Hochschulreife.

Die Erwerbstätigkeit von Studierenden während des Semesters ist von 67% auf 60% zurückgegangen. Die Befürchtung, durch die Einführung der Studienbeiträge müssten mehr Studierende erwerbstätig sein, ist nicht eingetreten.

Rund ein Viertel der Studierenden gibt an, aus Gründen der Weiterbildung ein Hochschulstudium zu absolvieren. Wissenschaftsminister Hahn: "Das zeigt, dass die Gruppe der Studierenden enorm heterogen ist, es den klassischen Studenten, die klassische Studentin nicht mehr gibt und daher nicht alle über einen Kamm geschoren werden können."

Der Anteil der Studienwechsler (Studienrichtung oder Hochschule) ist gegenüber der Sozialerhebung 2002 von 27,5% auf 22% zurückgegangen. Der Anteil studieninaktiver Studierender ist seit 2002 ebenfalls gesunken, und zwar von 5,3% auf 3,6%. Der Anteil der Prüfungsaktiven liegt bei beachtlichen 91%. Und es wird ernsthafter studiert. Das bestätigt auch den positiven Steuerungseffekt der Studienbeiträge.

Der Anteil jener Studierenden, die Familienbeihilfe beziehen, hat sich von 2002 48% auf 58,4 % (2006) erhöht.

Positiv bemerkbar macht sich die Ausweitung der Studienförderung zwischen 2001 bis 2006 von 120 Mio. Euro auf 180 Mio. Euro. Bekamen 2001 noch 34.000 Studierende eine Studienförderung sind es im Jahr 2006 an die 48.000 Studierende gewesen. Die gesamte Förderquote (inklusive Rückvergütung der Studienbeiträge) ist von 23,3% im Jahr 2002 um rund 3 Prozentpunkte auf 26,3% angestiegen.

Die beschlossene Studienbeihilfenerhöhung von 12% ab Herbst 2007 ist in der nun veröffentlichten Studie noch nicht enthalten.


Lückenlose Auswertung für Ausweitung
Bundesminister Hahn will die vollständige Auswertung der Studie in die Diskussion um die Ausweitung der Studienbeihilfen einbringen. Sonderstudien zu den Themen Mobilität, ausländische Studierende, Studierende mit gesundheitlicher Beeinträchtigung sowie eine Auswertung von Seniorstudenten sollen eine vollständige Analyse der Studierenden-Gesamtsituation erst ermöglichen.

Eine Tendenz für die Ausweitung ist aber schon skizzierbar: Studieren mit Kind soll erleichtert werden, an den Unis braucht es mehr Kinderbetreuungsplätze. Eine Anhebung bzw. Vereinheitlichung der Zuverdienstgrenze scheint sinnvoll. Sonderregelungen für behinderte Studierende sollen ebenfalls diskutiert werden sowie eine bessere Durchlässigkeit des Studienförderungssystems.

Die Studierendensozialerhebung steht auf http://www.bmwf.gv.at zum Download bereit.
     

 Broukal: "Wir müssen konsequent an den Schwachstellen arbeiten"
Berufstätige und Studierende mit Kindern sind Stiefkinder des Systems - SPÖ verlangt Runden Tisch und rasche Lösungen
Wien (sk) - "Richtig gelesen ist die Studierenden-Sozialerhebung eine große Handlungsanleitung für die Wissenschaftspolitik. Ich erwarte, dass Minister Hahn die wichtigsten Probleme anspricht und angeht", so SPÖ-Wissenschaftssprecher Josef Broukal zum Bericht über die soziale Lage der Studierenden. "Ein runder Tisch noch im September wäre ein erster Ansatzpunkt", so Broukal am 25.07.

Für die SPÖ ergibt eine erste Analyse folgende große Problemzonen:

  • Berufstätige Studierende brauchen Unterricht am Abend oder in der Ferienzeit.
  • Studierende mit Kindern brauchen leistbare Betreuungsplätze an den Unis, die auch am Abend offen haben.
  • Die Studiengebühr ist für Studierende aus ärmeren Schichten eine große finanzielle Belastung.
  • Die Studienbeihilfe reicht bei ärmeren Familien nicht aus.
  • 90 Prozent der Studierenden erwarten eine Möglichkeit zum Master-Studium, während einzelne Rektoren immer wieder Einschränkungen in den Raum stellen.

Zahl der Uni-Studierenden stagniert
"Alarmierend ist, dass wir laut Studierenden-Sozialerhebung bei der Zahl der inländischen Studierenden an den Unis nicht vom Fleck kommen. Europa zieht bei den Studierendenzahlen davon, bei uns diskutiert man über Zugangsbeschränkungen", sagt Broukal.

SPÖ schlägt Runden Tisch zu den Ergebnissen der Studie vor
"Die heutige Präsentation der Studierenden-Sozialerhebung kann nur der Anfang sein. Die SPÖ schlägt vor, die Studie an einem Runden Tisch ausführlich zu besprechen. Ziel sollte sein, die Probleme einzugrenzen und sie auch zu lösen", so Broukal abschließend.


 

 Brinek: Erfreuliche Entwicklung an Universitäten
Bericht zur sozialen Lage der Studierenden bestätigt aktuelle politische Strategie
Wien (övp-pk) - Als positiv wertet die ÖVP- Wissenschaftssprecherin Dr. Gertrude Brinek einige aus der Studierenden-Sozialerhebung 2006 hervorgehende Fakten. So sei die auf hohem Niveau steigende Zahl der Studienanfänger/innenzahlen sowie der Rückgang der Zahl der Studienwechsler um immerhin 5,5 Prozent zu begrüßen. Hervorzuheben ist auch die Tatsache, dass 53 Prozent der Studienanfänger/innen im Hochschulsektor Frauen sind.

Ebenso begrüßt Brinek die Verbesserung der sozialen Durchmischung an Hochschulen. Selbst wenn hier die Fachhochschulen besser abschneiden als die Unis. So haben laut Studie 54 Prozent der Studienanfänger/innen einen Vater ohne Matura aus einer so genannten bildungsfernen Schicht. "Hier ist ein Trend zu höherer Bildung zu erkennen", so Brinek. Immer mehr Personen auch in der Elterngeneration haben höhere Bildungsabschlüsse erreicht. Jeder zweite Maturant/in gelangt über die Hauptschule zur Hochschulreife.

Zudem ist die Zahl der erwerbstätigen Studierenden während des Semesters auf 59,6 Prozent zurückgegangen. Die von der ÖH heute genannte Zahl von 84 Prozent ist nicht nachvollziehbar und keinesfalls aus der Studie heraus zu lesen. Die ÖVP- Wissenschaftssprecherin betont in diesem Zusammenhang, dass der soziale Hintergrund der Studierenden sich gewandelt hat. "Berufstätigkeit unter Studierenden ist nicht von vorne herein zu beweinen. Der/die typische Studierende ist nicht mehr der/die 18- jährige MaturantIn. Es gibt immer mehr Menschen, die das Studium berufsbegleitend betreiben. Und das ist ein positiver Schritt im Sinne eines lebenslangen Lernens", so Brinek.

Beim Thema Studienbeihilfen und der von der ÖH in diesem Zusammenhang erneut geübten Kritik betont Brinek, dass diese bereits im Frühjahr um 12 Prozent angehoben worden sind und erinnert an die weitere geplante differenzierte Anpassung und Erhöhung der Studienförderung.

 

 Grünewald: Soziale Herkunft darf nicht über Studium entscheiden
Grüne: Erhöhung der AkademikerInnenquote durch bessere Studieneingangsphasen
Wien (grüne) - "Die soziale Herkunft und der Bildungsstand der Eltern entscheiden darüber ob jemand studiert oder nicht", so Kurt Grünewald, Wissenschaftssprecher der Grünen, anlässlich der Präsentation der Studie zur sozialen Lage der Studierenden. "Ein wesentliches Ziel im Sinne gleicher Chancen muss es daher sein, diesen Trend endlich zu brechen", fordert Grünewald. Das erfordert mehrere Maßnahmen:

Die tatsächliche soziale Selektion beginne bereits in der Schule. Erster wichtiger Schritt ist daher das klare Bekenntnis zur gemeinsamen Schule. "Die frühe Trennung in Hauptschule und AHS nimmt einer großen Gruppe potentieller StudentInnen die Chance zu studieren", erklärt Grünewald. Ebenso wichtig sei der Ausbau der Studienberatung. "Über Vielfalt und Bandbreite und darüber was angehende StudentInnen erwartet, muss bereits in der Schule umfassender informiert werden", fordert Grünewald. Außerdem müssen die Möglichkeiten des Zugangs über den zweiten Bildungsweg erleichtert, die Studienbeihilfen ausgeweitet und der Inflationsrate angepasst werden.

Alarmierend sei die stagnierende Anzahl Studierender. "Wir haben in Österreich ohnehin eine besonders niedrige AkademikerInnenquote", so Grünewald. Hier sei dringend zu handeln: Die hohe Drop Out Rate soll mit besserer und intensiverer Betreuung zu Studienbeginn verhindert werden. Im Rahmen von Studieneingangsphasen sollen möglichst viele StudentInnen auf das weitere Studium vorbereitet werden. Grundlegend seien außerdem massive Investitionen in die Universitäten, um für möglichst vielen StudentInnen eine hochwertige Ausbildung zu gewährleisten. "Auf keinen Fall darf die Zahl der Studierenden aufgrund von Ressourcenmängeln - insbesondere schlechte Betreuungsverhältnisse aufgrund einer ungenügenden Zahl von HochschullehrerInnen - weiter reduziert werden", schließt Grünewald.

 

 Darmann sieht "positives Signal"
"Zeigt nun deutlich, daß der eingeschlagene Weg der richtige ist"
Wien (bzö) - Als ein "positives Signal" sieht der BZÖ-Wissenschaftssprecher Abg. Mag. Gernot Darmann den Umstand, daß sich der Anteil bildungsferner Schichten, die ein Studium beginnen, kontinuierlich erhöhe. "Diese Entwicklung bestätigt ganz klar, daß wir am richtigen Weg zu sein scheinen, wenn die soziale Durchmischung an den Hochschulen in den letzten Jahren besser geworden ist", so Darmann zur Präsentation des "Berichts zur sozialen Lage der Studierenden 2006".

Natürlich dürfe die soziale Herkunft kein Ausschließungsgrund sein, ein Studium nicht beginnen zu können. "Um eine noch bessere soziale Durchmischung an den Unis zu erzielen, benötige es selbstverständlich noch weitere Maßnahmen, sicher aber keine halbherzigen Schnellschüsse. Unser Bestreben in der letzten Regierungszusammenarbeit mit der ÖVP, Verbesserungen in diesem Bereich erreichen zu müssen, zeigt nun deutlich, daß der eingeschlagene Weg der richtige ist", schloß Darmann.

 

 Tumpel fordert bessere Vereinbarkeit von Studium und Beruf
Mehr als 150.000 Studierende arbeiten neben dem Studium
Wien (ak) - Maßnahmen für eine bessere Vereinbarkeit von Studium und Beruf fordert AK Präsident Herbert Tumpel anlässlich der Studie "Soziale Lage der Studierenden". "Drei von fünf Studierenden müssen neben dem Studium während der Vorlesungszeit arbeiten, um sich ihre Ausbildung überhaupt leisten zu können", sagt Tumpel, "und die Vereinbarkeit von Studium und Beruf stellt viele vor große Probleme." So gaben bei einer Umfrage im Auftrag der AK drei von vier Universitätsstudierenden an, dass sich ihr Studium wegen ihrer Berufstätigkeit verlängern werde. "Der Einsatz den berufstätige Studierende leisten ist enorm", sagt Tumpel. Studierende an Fachhochschulen kommen mit Studium und Beruf auf eine wöchentliche Arbeitszeit von mehr als 70 Stunden, bei Uni-Studierenden sind es knapp 60 Stunden. Für eine bessere Vereinbarkeit von Studium und Beruf verlangt daher die AK ein eigenes für berufstätige konzipiertes Studienangebot, mehr be-rufstätigenbezogene Hilfen bei der Studienwahl, bedarfsgerechte Öffnungszeiten von Instituten und Bibliotheken, ein besseres Angebot von Kinderbetreuungsplätzen aber auch mehr finanzielle Unterstützung für Studierende.

AK Forderungspaket für eine bessere Vereinbarkeit von Studium und Beruf

  • Ein eigens für Berufstätige konzipiertes Studienangebot an Universitäten in Studienrichtungen mit einem hohen Erwerbstätigenanteil sowie mehr Abend- und Blockveranstaltungen.
  • Verstärkte Anrechnung von einschlägiger beruflicher Erfahrung im Studium.
  • Mehr berufstätigenbezogene Orientierungshilfen bei der Studienwahl, beim Studienbeginn, aber auch während des Studiums (z.B. eigene "Berufstätigenreferenten/-referentinnen").
  • Bedarfsgerechte Öffnungszeiten von Bibliotheken und Instituten etc. und Abbau von administrativen Hürden, um die Planung für berufstätige Studierende zu erleichtern, z.B. rechtzeitige Bekanntgabe von Prüfungsterminen.
  • Qualitativ hochwertiger Einsatz neuer Kommunikationstechnologien, wie z.B. Lernmaterialien im Internet oder in der Administration.
  • Bedarfsorientiertes Angebot von Kinderbetreuungsplätzen an Universitäts- und Fachhochschulstandorten.
  • Verbesserung der finanziellen Unterstützungen, z.B. Reform der Studienbeihilfe (Ausweitung des BezieherInnenkreises, Anhebung der Altersgrenzen, Verbesserung der Studienabschluss-Stipendien). 

 

ÖH Uni Wien: Lage der Studierenden unverändert schlecht
Damit verlängert sich das Studium merklich, was wiederum zum Verlust von Beihilfen führt
Wien (öh) - Die Studierenden-Sozialerhebung 2006 zeigt erneut die schlechte finanzielle Lage der Studierenden und die Benachteiligung sozial schwächerer Studierender auf. Mehr als 80% der Studierenden sind erwerbstätig, von den Studierenden an der Universität Wien sind 45,9% der Studierenden gezwungen, während des gesamten Semesters einer Erwerbstätigkeit nachzugehen.

"Für die Studierenden ist diese Erwerbstätigkeit ein wesentlicher Hinderungsgrund für das Fortkommen im Studium. Damit verlängert sich das Studium merklich, was wiederum zum Verlust von Beihilfen führt" sagt Sophie-Marie Wollner vom Vorsitzteam der ÖH Uni Wien. "Gerade die Studierenden an der Uni Wien liegen bei der Erwerbstätigkeit im österreichweiten Vergleich ganz vorne."

Ohne dieses zusätzliche Einkommen können 72,4% der Betroffenen ihren Lebensunterhalt nicht finanzieren. "Studieren im Sinn von umfassendem Erwerb von Bildung, kritischer Wissenschaft und Emanzipation ist nur einer finanziell besser gestellten Schicht zugänglich" so Marlies Wilhelm vom Vorsitzteam.

Ein besonderes Anliegen von Fanny Rasul ist die Berücksichtung ausländischer Studierender. Trotz doppelter Studiengebühren und Ausschluss von Erwerbstätigkeit für nicht-EWR StaatsbürgerInnen finden ausländische Studierende keinen Eingang in die Sozialerhebung.

Die ÖH Uni Wien stellt fest: Ein einfacher erster Schritt zur Verbesserung der sozialen Lage der Studierenden bleibt weiterhin die bedingungslose Abschaffung der Studiengebühren.
 

Wir übernehmen hier Stellungnahmen aller im Parlament
vertretenen Parteien – sofern vorhanden! Die Redaktion

 
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