2007 bisher 60 Mio. Euro Schäden durch Dürre und Hagel  

erstellt am
02. 08. 07

Klimawandel erfordert Umstellungsprozess in der Landwirtschaft
Wien (bmlfuw/aiz) - Wenig gute Nachrichten überbrachte der Generaldirektor der Österreichischen Hagelversicherung (ÖHV), Kurt Weinberger, bei der Pressekonferenz zur Zwischenbilanz des Jahres 2007. Bis zum 01.08. sind insgesamt 18.699 Hagel- und Dürreschadens-Meldungen eingetroffen, was im Vergleich zum Vorjahreszeitraum eine Verdoppelung darstellt. Insgesamt seien bisher 135.000 Hektar der landwirtschaftlichen Flächen durch diese Wetterextreme in Mitleidenschaft gezogen worden, so Weinberger.
Das Schadensausmaß habe bereits 60 Millionen Euro erreicht, 70 bis 75 Millionen Euro und somit ein negatives Gesamtergebnis für die Versicherung werden im gesamten Jahr 2007 erwartet. Kaum Grund zur Erleichterung gab auch Klimaexpertin und Universitätsprofessorin Helga Kromp-Kolb. "Es wird heißer, es wird trockener - in Großteilen Österreichs", prognostiziert die Wissenschaftlerin. Ein wenig positiv stimmt jedoch die Tatsache, dass die österreichischen Bauern auf das erhöhte Wetterrisiko professionell reagieren. Die versicherte landwirtschaftliche Fläche sei gegenüber dem Vorjahr um 5 Prozent auf insgesamt über 1 Million Hektar gestiegen, so Weinberger. Kromp-Kolb gab zudem Tipps, was jeder Einzelne tun kann, um einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten.

Dürre als große Herausforderung für die Landwirtschaft
Massive Dürreschäden in der Landwirtschaft sind eine dramatische Folge des wärmsten Frühjahres seit Beginn der Aufzeichnungen, des niederschlagsfreien Aprils und der regenarmen ersten Sommerhälfte - verbunden mit extrem hohen Temperaturen, insbesondere im Osten und Süden des Bundesgebiets. Das Risiko „Trockenheit“ ist seit 2000 in Österreich - als zweitem Land in der Europäischen Union - versicherbar. Heuer sind von diesem Wetterereignis bereits 50.000 Hektar Agrarnutzflächen beeinträchtigt worden. Nach der Jahrhundertdürre 2000 gibt es 2007 mit vorerst 6.091 derartigen Schadensfällen die zweitgrößten Ausfälle. "Nach achtjähriger Erfahrung zeigt sich, dass die Trockenheit unter den Wetterrisiken die größte Herausforderung für die heimische Landwirtschaft ist", so Weinberger. Nach dem niederschlagsarmen und extrem heißen Juli erwartet die Hagelversicherung in den kommenden Wochen weitere Dürreschäden - vor allem an den Kulturen Körnermais und Kartoffeln.

Mittelfristig keine Prämienerhöhungen, sondern Systemanpassungen
Die Tatsache, dass es im Osten Österreichs Regionen gebe, die in sieben von acht beobachteten Jahren Dürreschäden aufgewiesen hätten, führe zu erheblichen Problemen. Dies ergebe auch für die ÖHV als Versicherer von Naturgefahren die Frage, ob in diesen Regionen für bestimmte wasserintensive Kulturen die Grenze der Versicherbarkeit erreicht werde. Laut Weinberger werden derzeit intensive Diskussionen mit den Rückversicherbarkeitspartnern geführt, inwieweit das bisherige Versicherungssystem so weiter angeboten werden kann. Wahrscheinlich sind gewisse Adaptierungen in den nächsten zwei bis vier Jahren nötig, wobei insbesondere an die Steigerung der Selbstbehalte für bestimmte Kulturen, wie beispielsweise Körnermais, gedacht wird. "Eine Prämienerhöhung wäre aber die falsche Antwort", so Weinberger.

Zunahme der Hitzetage - Abnahme der Niederschläge
Die Erwartungen der Hagelversicherung, dass Wetterextremereignisse – und speziell Dürrefälle – in den kommenden Jahren und Jahrzehnten zunehmen werden, wurden von wissenschaftlicher Seite mit konkreten Daten untermauert. Laut Kromp-Kolb wird es in den kommenden 30 bis 50 Jahren eine "gewaltige Beschleunigung gegenüber dem geben, was wir bisher erlebt haben". Die mittlere Anzahl an Hitzetagen (über 30° C) werde von derzeit 15 Tagen deutlich ansteigen. Für die Periode 2010 bis 2039 werden im Schnitt 18 Hitzetage erwartet, in extremen Jahren könnte es jedoch bereits 35 Tage mit Temperaturen über 30° C geben. Schweißtropfen treten wohl jedem auf die Stirn, der die Erwartungen für den Zeitraum 2061 bis 2090 betrachtet. Für diese Periode werden bereits durchschnittlich 37,5 Hitzetage berechnet. In extremen Jahren könnten bereits 60 Mal im Jahr Temperaturen über 30° C erreicht werden. Gleichzeitig prognostizieren die Forscher jedoch auch eine deutliche Abnahme der Niederschläge.

Klimaschutz und Umstellungsprozess der Landwirtschaft notwendig
Kromp-Kolb betonte, dass dies einen Umstellungsprozess in der Landwirtschaft erfordere. Die Wissenschaftlerin sprach dabei unter anderem von Anpassungen bei Terminen, Sortenauswahl und Bodenbearbeitung. Gerade bei langjährigen Kulturen sei ein frühzeitiges Handeln notwendig, gab die Forscherin zu bedenken. Zudem könne jeder Einzelne etwas zum Klimaschutz beitragen. Wesentlich sei dabei insbesondere die Reduktion von Treibhausgas-Emissionen. Einsparungspotenzial ortet die Expertin in vielen Bereichen des Lebens, speziell jedoch im Mobilitätssektor. Jeder Konsument könne beispielsweise ein Augenmerk darauf legen, woher seine gekauften Produkte kommen. Weit transportierte Erzeugnisse stünden für hohe Treibhausgas-Emissionen und einen schweren ökologischen Rucksack. Doch auch im Wohnbereich sieht Kromp-Kolb Verbesserungsbedarf. Beispielsweise mit einer geeigneten Wärmedämmung könne nicht nur ein positiver Beitrag zum Klimaschutz geleistet, sondern auch die eigene Lebensqualität verbessert werden. Derartige Maßnahmen kommen laut der Expertin in der Regel nicht nur dem Klima, sondern auch der heimischen Wirtschaft und dem Wohlbefinden jedes Einzelnen zugute.
 
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