"Landesverwaltungsgericht ist nicht das Gelbe vom Ei"  

erstellt am
31. 07. 07

Gerasdorf (nöwpd) - Gegen die Schaffung zusätzlicher Kontrollmechanismen zur Kontrolle der Gemeinden, wie vom Präsidenten des Rechnungshofes vorgeschlagen, spricht sich der Bürgermeister von Gerasdorf, Bernd Vögerle, zugleich Vizepräsident des Österreichischen Gemeindebundes und Präsident des Verbandes sozialdemokratischer Gemeindevertreter in Niederösterreich, aus.

Dieser Vorschlag sieht vor, dass die Einschautätigkeit des Rechnungshofes auf sämtliche Gemeinden und damit auch auf die Kleinstgemeinden ausgedehnt wird. Derzeit ist die Kontrolle durch den Rechnungshof, abgesehen von einem konkreten Auftrag im Einzelfall, nur in Statutarstädten und in Gemeinden mit mehr als 20.000 Einwohnern vorgesehen. Die Kontrolle durch die Gemeindeaufsicht im Amt der Landesregierung sei ausreichend, meint Vögerle.

Ein Problem der Rechtssicherheit sieht der SPÖ-Gemeindevertreter hinter der Absicht der Expertengruppe Staats- und Verwaltungsreform, Landesverwaltungsgerichte einzurichten, die die derzeitige Berufungsinstanz des Landes ersetzen sollen. Es sei nämlich zu befürchten, dass Verfahren vor dem Verwaltungsgericht aufwendige Kosten verursachen und länger dauern. "Derzeit werden 95 Prozent der Bescheide der Gemeinde als einwandfrei akzeptiert und nur in rund fünf Prozent der Fälle wird dagegen Einspruch erhoben", so Vögerle. Künftig werde man aber einen Anwalt brauchen, was sich als Hürde im Zugang zum Recht vor allem für jene erweisen werde, die keine Rechtsschutzversicherung haben.

Lob spendet Vögerle der Expertengruppe, zu der Vertreter des Städte- und Gemeindebundes nicht eingeladen worden waren, für den Vorschlag, einen Justizanwalt zu schaffen und die "interkommunale Zusammenarbeit von Gemeinden" auf eine verfassungsrechtliche Grundlage zu stellen. Das entspreche nicht nur einer langjährigen Forderung des Österreichischen Gemeindebundes sondern auch der neuen Kooperation der Gemeinden Gerasdorf, Hagenbrunn und Großebersdorf, die sich zur "Interkommunalen Zusammenarbeit an der Brünnerstraße" zusammengeschlossen haben. Damit will man in wichtigen Fragen, wie Flächenwidmung, Grundverwertung, Betriebsansiedlungen, Wohnbau und Verkehr, Freizeitanlagen und Bildungseinrichtungen, koordiniert vorgehen.

"Was den künftigen Finanzausgleich betrifft, wollen wir mehr Geld für die kleinen Gemeinden, ohne den anderen etwas wegzunehmen", betonte Vögerle gegenüber dem NÖ Wirtschaftspressedienst. Er rechnet mit zusätzlich 300 Millionen Euro, von denen etwa die Hälfte an die kleinen Gemeinden geht. Schließlich seien alle Kommunen einer gewaltigen Kostenbelastung, insbesondere in den Bereichen Gesundheit und Soziales, ausgesetzt.

Allein im Jahr 2005 seien 100 Millionen Euro Mehreinnahmen aus den Bundesertragsanteilen 400 Millionen Euro Mindereinnahmen gegenüber gestanden, die den Gemeinden als Verlust aus der Lohnsteuerreform erwachsen sind. Der derzeitige Aufteilungsschlüssel des Finanzausgleiches sieht rund 75 Prozent für den Bund, 14 Prozent für die Länder und elf Prozent für die Gemeinden vor.

Das neue zentrale Melderegister wird ab dem Jahr 2008 die Feststellung der jeweiligen Bevölkerungszahl vereinfachen und die bisherige Volkszählung als Berechnungsbasis der Höhe der Finanzausgleichsmittel, die der Gemeinde zustehen, ersetzen. Damit wird die Zeit des Wirksamwerdens des neuen Verteilungsschlüssels erheblich verkürzt. "Die neue Berechnungsmethode ist wirklichkeitsnäher, wird aber die Position der Abwanderungsgemeinden deutlich verschlechtern", so Vögerle.

Auf Grund der hohen Lebensqualität misst Vögerle dem ländlichen Raum große Chancen bei. Allerdings müsse man der Abwanderung gegensteuern. Um das Entstehen attraktiver Kleinregionen zu fördern, spricht sich der Kommunalpolitiker dafür aus, dass das Land Niederösterreich die jährlichen Bedarfszuweisungsmittel in der Höhe von mehr als einer Milliarde Euro vorwiegend dem ländlichen Raum zur Verfügung stellt. "Voraussetzung dafür ist allerdings," so Vögerle, "dass der städtische Raum ausreichend mit Mitteln aus den Ertragsanteilen ausgestattet wird und dass die zentralörtlichen Aufgaben zusätzlich vom Bund abgegolten werden."

Informationen: http://www.gvvnoe.at
 
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