Finanzierung der 24-Stunden-Betreuung zu Hause  

erstellt am
09. 08. 07

 Buchinger: Politik stellt sich der Herausforderung Pflege
Sozialminister für Finanzierung der Pflege über Steuermittel
Wien (sk) - "Die Politik verdrängt das Problem der Pflege nicht mehr, sondern stellt sich der Herausforderung", betonte Sozialminister Erwin Buchinger am 08.08. im Rahmen einer Podiumsdiskussion unter dem Titel "Was bringt das Alter? - Pflege: Wer sie braucht, was die kostet, wer sie finanziert", organisiert vom Arbeiter-Samariter-Bund Österreich. Man sei auf einen "guten Weg" und habe schon einiges erreicht, wie beispielsweise die Regelung der 24-Stunden-Betreuung zu Hause. Die 24-Stunden-Betreuung sei zwar nur ein schmales Segment der gesamten Pflegethematik, jedoch umso wichtiger, da bisher in diesem Bereich kein leistbares legales Angebot existiert habe.

Buchinger betonte, dass in der Pflegediskussion zwei Dimensionen unterschieden werden müssten. Einerseits die Pflege und Betreuung von behinderten Menschen aller Altersgruppen und andererseits die Pflege von Personen, deren Beeinträchtigungen durch das Alter bedingt seien. Prognosen würden voraussagen, dass die Zahl der Behinderten in den nächsten Jahren relativ stabil bleibe, während die Anzahl der über 85-Jährigen stetig steige, derzeit seien 300.000 Menschen über 85, bis 2050 habe man mindestens mit einer Verdoppelung zu rechnen. Trotz allem, so Buchinger, sehe er keinen Anlass zur Angst, ein "Pflegekollaps" sei nicht zu befürchten, die Politik müsse sich nur weiterhin dem Thema bewusst sein und weiter an Lösungen arbeiten.

Neben der Betreuung daheim, sei auch die stationäre Pflege ein wichtiger Bereich, hier würden die Menschen derzeit zwar gut betreut werden, allerdings brauche es auch hier eine Weiterentwicklung. Die ambulante Betreuung sei oft zu teuer, überdies gebe es kaum Angebote für die Nacht oder das Wochenende. Der Bereich der Tagesbetreuung sei momentan noch zu sehr auf den urbanen Raum konzentriert, hier brauche es mehr Angebote außerhalb der Ballungszentren. Überdies forderte Buchinger, dass man die Förderbedingungen bundesweit vereinheitlichen müsse.

Zur 24-Stunden-Betreuung erklärte der Sozialminister, dass die Amnestieregelung noch bis 31.12.2007 gelte, er jedoch den Betroffenen davon abrate, weiterhin illegale Pflegekräfte in Anspruch zu nehmen. Zwar schütze die Amnestiereglung vor verwaltungsrechtlichen Maßnahmen, jedoch nicht vor zivilrechtlichen. "Jeder, der die Amnestiereglung so versteht, dass von Betreuern keine Nachzahlung gefordert werden kann, missversteht sie", warnte Buchinger. Zu befürchten sei, dass gegen Jahresende wieder die Diskussion um eine Verlängerung der Amnestieregelung aufbreche. Man brauche aber den Praxistest des 24-Stunden-Modells, nur so könne man evaluieren und eventuell nachbessern, sollten derzeit noch Schwächen vorhanden sein.

Die Verhandlungen um die Finanzierung seien oft nicht einfach, da der Bereich der Pflege von den Zuständigkeiten zersplittert sei. Einerseits gebe es eine horizontale Zersplitterung zwischen den Ressorts, andererseits eine vertikale zwischen Bund und Ländern. Buchinger nannte drei Möglichkeiten zur Finanzierung der Pflege. So könne man eine Pflegeversicherung im Rahmen der Pflichtversicherung etablieren, zum zweiten sei die Finanzierung über Steuermittel vorstellbar und des Weiteren gebe es die Möglichkeit der privaten Vorsorge. "Meine Sympathie gehört der zweiten Variante", stellte der Sozialminister klar.

Buchinger zeigte sich auch erfreut, dass man endlich mehr Qualitätsstandards in der Pflege festgeschrieben habe. So seien etwa bei Personen, die zu Hause betreut würden, Besuche von Diplompflegekräften vorgesehen, um abzuklären ob die Pflege zu Hause möglich ist und welche Maßnahmen es brauche und zum zweiten werde die Ausbildung von Heimhilfen erhöht, hier brauche es mindestens 200 Theoriestunden, das Nachholen dieser Ausbildung werde gefördert, so Buchinger.

 

 Becker: "Buchinger trägt alleine die Verantwortung für die unzulängliche Betreuungsregelung!"
Verlängerung der Pflegeamnestie bleibt eine absolute Notwendigkeit
Wien (seniorenbund) - Auf einer Podiumsdiskussion begründete Sozialminister Buchinger am 08.08. das bisher geringe Interesse der Betroffenen an der Neuregelung der 24-Stunden-Betreuung mit der von ihm als "Fehler" bezeichneten Verlängerung der Amnestie bis Jahresende. Diese Haltung des Ministers kritisierte Heinz K. Becker, der Generalsekretär des Österreichischen Seniorenbundes: "Das ist selbst für einen Sommerloch-Minister Buchinger unverantwortlich, denn die von Vizekanzler Molterer durchgesetzte Verlängerung der Amnestie ist die einzige, sozial und menschlich vertretbare Lösung." Schließlich müssen die Menschen die Möglichkeit haben, sich über neue gesetzliche Regelungen ausreichend zu informieren. Generalsekretär Becker nannte Buchinger zudem "verblendet", da dieser nach wie vor das Selbstständigen-Modell in der 24-Stunden-Betreuung nicht wirklich akzeptiert. Becker: "Einzig die Betreuung durch selbstständige Betreuungskräfte aus dem Ausland ist überhaupt handhabbar. Und ausgerechnet dieser praktikable Weg wird von Buchinger nach wie vor wenig unterstützt."

Becker zu dem von Buchinger beklagten, bisher geringen Interesse an der Neuregelung: "Wir haben seitens des Seniorenbundes immer davor gewarnt: Das Modell ist in dieser Form für einen durchschnittlichen Pensionisten, oder gar einen Ausgleichszulagenbezieher nicht leistbar. Und die von Buchinger eingeführte Vermögensgrenze von 5.000 Euro verhindert eine breitere Akzeptanz dieser Neuregelung, da sie sich bei näherer Betrachtung als kontraproduktiv herausstellt."

Minister Buchinger sollte endlich die Realitäten akzeptieren und die neue Betreuungsregelung grundlegend verbessern. Becker: "Die 5.000 Euro Vermögensgrenze gehört sowieso gestrichen, Buchingers Berufung auf ähnliche Regelungen bei der Pflege im Heim ist völlig inakzeptabel." Im Gegensatz zur Pflege im Heim habe man bei der Betreuung zuhause schließlich zusätzlich zu den Betreuungskosten auch noch die vollen Ausgaben für Wohnen, Essen, Heizen u.ä. zu bestreiten. "Und wenn Buchinger keine Amnestieverlängerung will, soll er endlich seine Arbeit machen und für ein leistbares Modell zur 24-Stunden-Betreuung sorgen. Sommerloch-Aktionismus hilft niemanden", so Becker abschließend.

 

 Haubner: Pflegemurks Marke Buchinger
"Projekt ist mit dem heutigem Tag gescheitert"
Wien (bzö) -
Als "Bestätigung aller berechtigten Warnungen vor Einführung des 24-Stunden Pflegemurks durch Sozialminister Buchinger", sieht die stellvertretende Klubobfrau des BZÖ Sozialsprecherin Ursula Haubner, die bisherige katastrophale Akzeptanz bei der legalen 24-Stunden-Betreuung. "Buchinger steht nicht nur als Parteipolitiker weit links in der SPÖ, sondern auch als Minister absolut daneben. Es ist ein Unterschied ob man der König des Sommerlochs sein will, oder als Minister reale Verantwortung wahrnimmt. Buchinger hat bis jetzt als Ankündigungsriese und Umsetzungszwerg nur ein Projekt verwirklicht und das ist mit heutigem Tag gescheitert", so Haubner.

"Wenn es schon im Bereich der 24-Stunden Pflege ein Desaster gibt, wie sieht es dann bei einem Gesamtkonzept für die Pflege aus, wo noch viele offene Fragen anstehen. Was ist mit den Anregungen und Projekten für Prävention, Erweiterung des Dienstleistungsangebotes, was ist mit der Frage des Lehrberufes Pflege und Betreuung, wo sind die Antworten im Bezug auf das freiwillige soziale Jahr und wo sind weitere Entlastungen für pflegende Angehörige," fragt sich Haubner. Bei den Kosten der Werbekampagne für den Pflegeflop hätte der Sozialminister den beiden Pflegebedürftigen die eine Kraft legalisiert haben beinahe ein eigenes Pflegeheim bauen können.

"Das BZÖ fordert eine sofortige Erhöhung des Pflegegeldes um mindestens 5 Prozent und die jährliche Valorisierung sowie Förderungen bereits ab Pflegestufe 3. Wir brauchen tragfähige und leistbare Lösungen, anstatt so ein unwürdiges Schauspiel wie es zwischen zwei Ministern passiert. Alt werden zu Hause und selbständig qualitativ leben zu können ist mit dem derzeitigen Modell nicht möglich", kritisierte Haubner abschließend.

 

Hilfswerk-Website bringt alle Details zur 24-Stunden-Betreuung
Präsident Othmar Karas fordert Nachbesserung bei Förderungen
Wien (hilfswerk) - Seit dem 1. Juli 2007 gelten in Österreich neue Gesetze und Verordnungen in Bezug auf die bisher illegale 24-Stunden-Betreuung. Jetzt müssen Betroffene und deren BetreuerInnen handeln. Das Hilfswerk hat die Fakten zur Legalisierung der 24-Stunden-Betreuung zusammengestellt. Auf http://www.hilfswerk.at sind alle Details abzurufen, alle Gesetze und Formulare stehen dort zum Download bereit.

Die wesentlichen Fakten:

  1. Die neuen Bestimmungen betreffen alle Personen, die zu Hause von BetreuerInnen "rund-um-die-Uhr" betreut werden sowie deren BetreuerInnen. Dazu gehören auch Vereine und Agenturen, die die Vermittlung der BetreuerInnen nach Österreich durchführen, gleichgültig ob der Verein, die Agentur oder die BetreuerIn den Geschäfts- oder Wohnsitz in Österreich hat oder im Ausland. Die bisher geübte Praxis der 24-Stunden-Betreuung verstößt in der Regel gleich gegen mehrere Rechtsvorschriften (Ausländerbeschäftigungsrecht, Sozialversicherungsrecht, Arbeitszeit, Mindestlöhne, Berufsrecht etc.).
  2. Personen, die stundenweise mobile Dienste von einem österreichischen Träger wie dem Hilfswerk beziehen, sind von den neuen Gesetzen nicht betroffen.
  3. Die Amnestie bis 31.12.2007, bedeutet nur, dass man bis zum 31.12. 2007 keine Strafe für die verspätete Anmeldung einer 24-Stunden-Betreuung bekommt, nicht aber, dass man bis 31.12.2007 gar nicht anmelden muss. Deshalb ist es ratsam, möglichst bald eine Anmeldung vorzunehmen.
  4. Die einfachste und billigste Lösung ist die Gewerbeanmeldung der BetreuerIn als "Selbstständige PersonenbetreuerIn" beim Gründerservice der Wirtschaftskammer. Die BetreuerIn muss StaatsbürgerIn eines EU-Landes sein und einen Geschäftssitz in Österreich haben. Das Hilfswerk empfiehlt den Mustervertrag des Wirtschaftsministeriums, der auf http://www.hilfswerk.at zum Download zur Verfügung steht.
  5. Laut Gesetz gibt es auch noch die Möglichkeit, dass die BetreuerIn im Haushalt des/der Betroffenen angestellt wird, jedoch ist diese Alternative derzeit nicht zu empfehlen, weil der gesetzliche Mindestlohn noch unklar ist (wird derzeit noch verhandelt). Ähnliches gilt für die Variante, dass 24-Stunden-BetreuerInnen bei einem Träger wie dem Hilfswerk angestellt sind. Deshalb bietet das Hilfswerk derzeit keine 24-Stunden-Betreuung an.

In vielen Fällen ist eine 24-Stunden-Betreuung jedoch gar nicht nötig. Es lohnt sich daher das Hilfswerk zu kontaktieren und einmal unverbindlich anzufragen, wie eine Unterstützung durch mobile Dienste erfolgen kann.

Die Möglichkeiten der Förderungen sind auf www.hilfswerk.at ebenfalls ausführlich dargestellt, auch wenn noch nicht alle Förderungen endgültig entschieden sind. Einige Bundesländer, wie zB Niederösterreich planen nämlich auch Personen zu unterstützen, die durch die vom Bund vorgesehenen Einkommens- und Vermögensgrenzen nicht gefördert werden würden. Zusätzlich zur Website hat das Hilfswerk auch noch eine Telefon-Hotline eingerichtet: 0810 820 024. (Mo-Do 10-16 Uhr, Fr 10-12 Uhr, zum Ortstarif aus ganz Österreich).
Nachbesserungen notwendig

"Die Legalisierung der 24-Stunden-Betreuung ist zwar nicht optimal gelöst, aber ein wichtiger erster Schritt", sagt Hilfswerk-Präsident Othmar Karas. "Bei den Förderungen muss jedoch noch kräftig nachgebessert werden. Da sind einige Dinge unbefriedigend, ungerecht und bieten Fehlanreize im System. Mit der an sich begrüßenswerten Ausdehnung auf die Pflegestufen 3 und 4 sowie die ausschließliche Förderung von Vollvarinaten der 24-Stunden-Betreuung ist die Situation entstanden, dass jene, die die Betreuung - oft unter größten Entbehrungen - selbst auf sich nehmen, in bestimmten Fällen weniger gefördert werden als jene, die sich fremde Hilfe organisieren. Ich fordere daher alle verantwortlichen Politiker auf, wieder den Weg zu den Fachleuten zu finden, die sich bereits in den zahlreichen Arbeitsgruppen sehr nützlich eingebracht haben.", so Karas abschließend.

 

Wir übernehmen hier Stellungnahmen aller im Parlament
vertretenen Parteien – sofern vorhanden! Die Redaktion

 
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