Kreuzgang Brixen: Barium-Methode zur Konservierung der Wandmalereien  

erstellt am
09. 08. 07

Bozen (lpa) - Der Kreuzgang von Brixen brigt den wohl größten Bestand an gotischen Wandmalereien in Südtirol. Immer wieder wurden die Kreuzgang-Fresken auch restauriert. Die jüngsten Restaurierungsarbeiten werden unter Verwendung von Bariumhydroxid durchgeführt, wovon sich die Landesabteilung Denkmalpflege besondere Haltbarkeit verspricht. Am 08.08. wurde Einblick in die Arbeiten gewährt.

Seit vergangenem Mai wurde an den Wandmalereien in der 14. und 15. Arkade des Brixner Domkreuzgangs gearbeitet. Im Auftrag des Landes führte Restaurator Georg Gebhard aus Feldthurns, der die entsprechende Ausschreibung gewonnen hatte, die Restaurierungsarbeiten durch. Dabei wurde erstmals in Südtirol die so genannte Barium-Methode in größerem Ausmaß angewandt.

"Die Beobachtungen und Kontrollen der nächsten Jahre werden zeigen, ob die positiven Ergebnisse auch nachhaltig wirken und die Schäden und deren Ursachen dauerhafter behoben werden konnten als bisher", erklärte dazu bei der heutigen Vorstellung der Restaurierungsarbeiten die Direktorin im Amt für Bau- und Kunstdenkmäler, Waltraud Kofler Engl. Die Kosten der Restaurierung bezifferte sie auf 32.000 Euro sowie zusätzlich 685 Euro für chemische Analysen.

Die Notwendigkeit dieser Restaurierung hatte sich aus den laufenden Kontrollen der Malereien durch das Amt für Bau- und Kunstdenkmäler ergeben. Diese hatten Schäden an den zwischen 1464 und 1473 entstandenen Malereien der 14. und 15. Arkade nachgewiesen. Diese Wandmalereien aus der Werkstatt des „Leonhard von Brixen“ mit den Darstellungen der sieben Freuden Mariens und alttestamentarischen Szenen waren zwar 1987 nach einem Wassereinbruch behandelt worden, die getroffenen Maßnahmen hatten die Schadensursachen aber nicht dauerhaft beheben können. Ausblühende Salze und eine Vergipsung des Putzes als Folge von Wassereinbrüchen hatten zu abbröckelnden Malpartien und weißen Schleiern an der Oberfläche sowie zu Haftungsschäden des Malputzes geführt. So entschied man sich nach einer Voruntersuchung durch die Bozner Restauratorin Lucia Saccani und auf der Grundlage der chemischen Analysen der Salze sowie der verwendeten Pigmente und Bindemittel, die Fresken reinigen, die Übermalungen abnehmen, die Sulfate umwandeln und die Malereien nach der sogenannten „Barium-Methode“ festigen zu lassen.

"Die Wandmalereien des Brixner Kreuzganges bedürfen auch in Zukunft einer laufenden Beobachtung", waren sich heute Landeskonservator Helmut Stampfer und Stellvertreterin Kofler Engl einig, eine weitere Gesamtrestaurierung solle möglichst weit in die Zukunft gerückt werden, da jeder Eingriff einen Substanzverlust mit sich bringe.

Im Brixner Kreuzgang findet sich wohl der größte Bestand an gotischer Wandmalerei in Südtirol. Der Kreuzgang war zunächst mit spätromanischen und frühgotischen Fresken geschmückt, nach seiner Einwölbung um 1370 wurde er ein zweites Mal ausgemalt. Die Malereien in den 15 Arkaden sind nicht einheitlich gestaltet und stammen aus der frühen Gotik (Beginn des 14. Jahrhunderts) bis zur Spätgotik (frühes 16. Jahrhundert).

Am Beispiel der Kreuzgang-Fresken - die mittlerweile drei Gesamtrestaurierungen hinter sich haben - lasse sich die Geschichte der Restaurierung und der Denkmalpflege allgemein und speziell verfolgen, so die Leiterin des Landesamtes für Baudenkmäler: "Der Umgang mit den Malereien, der Respekt vor dem Original und die unterschiedlichsten dem Wissensstand der Zeit entsprechenden Konservierungsmethoden spiegeln die Haltung des Menschen gegenüber dem kulturellen Erbe wider."

Bei der heutigen Vorstellung wurde Einblick in die Restaurierungsgeschichte der Fresken gegeben: Erste Ausbesserungsarbeiten sind bereits für das Jahr 1477 bezeugt. Im Zuge des barocken Domneubaus und in der Zeit der Säkularisation zu Beginn des 19. Jahrhunderts litt der Kreuzgang größere Schäden. 1842 wurden erste Restaurierungsarbeiten eingeleitet, die aber erst nach Interventionen in Wien 1890 konkretere Form annahmen. Dabei kam es zu Diskussionen über die Restaurierungsmethoden. "Letztlich wurde vieles ergänzt, übermalt, Konturen nachgezogen und die Fresken durch eine Wachsimprägnierung aufgefrischt, was in der Folge große Schäden verursachte", so Kofler Engl.

Zwischen 1955 und 1970 führte das staatliche Denkmalamt eine neuerliche Restaurierung durch, nahm die Wachsschichten und Übermalungen ab, festigte und reinigte die Mal- und Putzschichten und beließ die Fehlstellen. Nach erneuten Schäden in den 1980er Jahren ging man nach der Neueindeckung der Dächer, den Entfeuchtungsarbeiten und einem Teilaustausch des Fußbodens 1987 die dritte Gesamtrestaurierung an. Dabei investierte die öffentliche Hand (Abteilung Denkmalpflege/Amt für Bau- und Kunstdenkmäler) ca. 550.000 Euro allein im Bereich Wandmalereien.

Das nun in Brixen verwendete Bariumhydroxid wurde nach der Flutkatastrophe von Florenz 1966 als Festigungsmittel und zur Gipsumwandlung im Bereich der Wandmalerei vom „Opificio delle Pietre Dure“ verstärkt untersucht und eingesetzt. Bariumhydroxid allein reicht jedoch zur Umwandlung von Sulfat-Salzen insbesondere von Gips nicht aus. Ein erster Reaktionsschritt muss daher durch eine Behandlung mit Ammoniumcarbonat erfolgen, das auch als Reinigungsmittel wirkt. Dabei überführt das Ammoniumcarbonat den Gips (Calciumsulfat) in das leicht lösliche Ammoniumsulfat und in Calciumcarbonat (Kalk). Kalk wird in den Putz eingelagert und bewirkt eine erste Festigung. Das leicht lösliche Ammoniumsulfat muss nach mehreren Wochen durch Bariumhydroxidpackungen in das schwer lösliche Bariumsulfat umgewandelt werden. Bariumsulfat hat ebenfalls eine festigende Wirkung, ist dem Kalk mineralogisch sehr ähnlich und bewirkt zudem eine Vertiefung der Farben. Die Anwendung ist zwar nicht reversibel, behindert jedoch nachfolgende Restaurierungsmaßnahmen nicht.

Im Fall der Kreuzgang-Restauration zog Restaurator Gebhard auch die Restauratorin Maria Rosa Lanfranchi vom „Opificio delle Pietre Dure“ in Florenz als Fachberaterin bei. Auf Einladung des „Verbandes der Restauratoren - Konservatoren Südtirols“ gab die Restauratorin kürzlich auch eine eintägige Einführung in die Theorie und Praxis der Behandlung von Wandmalereien mit Bariumhydroxid. Durch die Initiative konnten eine Gruppe von Fachrestauratoren in die Methode eingeführt werden.
 
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