Ausbau der öffentlichen Kinderbetreuung  

erstellt am
07. 08. 07

Grillitsch und Karas fordern Ausbau der Kinderbetreuung im ländlichen Raum
Wien (hilfswerk) - Nicht nur in den Städten, auch im ländlichen Raum gibt es einen erheblichen Mangel an Kinderbetreuungsplätzen. Bauernbundpräsident Fritz Grillitsch und der Präsident des Österreichischen Hilfswerks, Othmar Karas, forderten bei einer gemeinsamen Pressekonferenz, am 06.08. den Ausbau der Kinderbetreuung im Ländlichen Raum.

Österreich weist große Lücken im Kinderbetreuungsbereich auf. Vor allem in den Altersgruppen 0 bis 3 Jahre, sowie bei Schulkindern gilt es noch viel aufzuholen. Das zeigt eine Studie des Europäischen Zentrums für Wohlfahrtspolitik und Sozialforschung im Auftrag der Industriellenvereinigung, die den Status Quo 2005 erfasst hat. Die niedrigste Betreuungsquote weist Österreich bei den 0- bis 3-jährigen Kindern auf. Hier liegt sie nur bei etwa 12%. Die höchste Betreuungsquote liegt bei 3- bis 5-jährigen Kindern mit einer Betreuungsquote von 86% vor. Bei den 6- bis 14-jährigen Kindern liegt die Betreuungsquote bei 14%. Im OECD-Vergleich liegt Österreich bei den Betreuungsquoten der unter 3-jährigen im unteren Drittel. Auf das Barcelona-Ziel von 33% fehlen rund 50.000 Plätze.

"Die oft geforderte Vereinbarkeit von Familie und Beruf bleibt zu oft auf der Strecke, weil die enorme Nachfrage nach Kinderbetreuungsplätzen nicht befriedigt wird", sagte Hilfswerk-Präsident Othmar Karas, "Insgesamt werden rund 200.000 Kinder unter 15 Jahren mit einer voll erwerbstätigen Mutter nicht außerhäuslich betreut."

Aber nicht nur rein quantitativ herrscht ein Mangel. Vor allem die Öffnungszeiten der Kinderbetreuungseinrichtungen sind ein großes Problemfeld. Lediglich 42% der Kindertagesheime in Österreich halten bis mindestens 17:00 Uhr offen. Bei den Kindergärten sind dies sogar nur 25%. Die Öffnungszeiten und die Schließzeiten in den Ferien stehen an erster Stelle bei der Kritik der Eltern an den Kinderbetreuungseinrichtungen.

Ein Modell, das sich wesentlich flexibler den modernen Ansprüchen anpasst, sind Tagesmütter und -väter, die keine starren Öffnungszeiten kennen. "Das von der EU geförderte Pilotprojekt, Kinderbetreuung am Bauernhof' war ein voller Erfolg", sagte Bauernbundpräsident Fritz Grillitsch, der jetzt auf eine Fortsetzung und einen Ausbau drängt. Noch mehr Bäuerinnen und Bauern sollen als Tagesmütter und -väter ausgebildet und gefördert werden. "Das Projekt hat gezeigt: Alle haben profitiert, die Kinder, die Eltern, die Bauern und die Gemeinden, und da vor allem die kleineren, wo sich die Strukturverbesserung am stärksten auswirkt.", so Grillitsch weiter.

Die Landwirtin Silvia Feichtiger, die als Tagesmutter im Rahmen des Projektes ausgebildet wurde, übt diesen Beruf heute noch aus. Sie berichtete aus ihrer Erfahrung: "Die Kinder lieben die Natur, die Tiere und die Erlebnisse wie in einer Großfamilie, die Eltern die flexible Betreuungsmöglichkeit. Für mich ist es eine schöne Ergänzung meiner Arbeit und eine zusätzliche Erwerbsquelle."

"Nicht nur am Bauernhof ist die Kinderbetreuung durch Tagesmütter und -väter am besten geeignet, Betreuungslücken intelligent zu schließen," ergänzte Hilfswerk-Präsident, "denn diese Betreuungsform ist familiennah, flexibel und ressourcenschonend!" Schließlich fordert Karas auch Gutscheine für Kinderbetreuung, die analog zu Essensgutscheinen von Arbeitgebern an Arbeitnehmern steuerbegünstigt gegeben werden: "Damit würden alle Familien gleich viel profitieren - unabhängig vom Einkommen!"


Die Forderungen im Detail
Bei der Debatte um Kinderbetreuung und die Schaffung zusätzlicher Betreuungsplätze darf nicht nur an institutionelle Angebote gedacht werden. Gerade im ländlichen Raum kommen flexiblen Angeboten wie Tagesmüttern entscheidende Rolle zu.

Im Bereich der Kleinkindbetreuung sollte die Tagesmutter als vollwertige Alternative zu Einrichtungen wie Kinderkrippen ähnliche Unterstützung von der öffentlichen Hand erfahren wie diese. Ähnliches gilt für Nachmittagsbetreuung in Kindergärten und Schulen.

Gerade im Hinblick auf die Erfordernisse im ländlichen Raum sollte das Modell der Tagesmütter genützt werden, um die Betreuungsmöglichkeiten im Hinblick auf die Bedürfnisse der Eltern auszuweiten (z.B. hinsichtlich der Betreuungszeiten).

Das Erwerbsmodell der Tagesmütter in Kombination mit der Betreuung der eigenen Kinder soll bei der Neugestaltung des Kindergeldes besonders Berücksichtigung finden (Freigrenzen etc.)

Neben der traditionellen Form der Tagesmutter mit der Betreuung in den eigenen vier Wänden soll das Modell der mobilen Tagesmutter (mobile Mamis) flächendeckend ausgebaut werden.

Da viele Tagesmütter diesen Beruf temporär in der Phase der Betreuungsbedürftigkeit ihrer eigenen Kinder ausüben, bedarf es Unterstützung seitens des Arbeitsmarktservices für den (Wieder-)Einstieg in das ursprünglich gewählte Berufsfeld.

Die betriebliche Förderung von Kinderbetreuung soll auf das Modell der Tagesmütter insoweit ausgeweitet werden, als analog zu den Essensgutscheinen auch Kinderbetreuungsgutscheine steuerlich gefördert werden sollen.

Das Österreichische Hilfswerk ist mit seinen Landesverbänden und dem Hilfswerk Austria einer der größten österreichischen Anbieter sozialer Dienstleistungen. Im Bereich Tagesmütter ist das Hilfswerk die größte Organisation in Österreich. 9.122 Kinder werden von 1.283 Tagesmüttern und -vätern betreut, weitere 4.514 Kinder sind in Kinderbetreuungs-einrichtungen des Hilfswerks gut aufgehoben. Das Hilfswerk beschäftigt 7.754 MitarbeiterInnen. Die Gesamtleistung des Hilfswerks (Umsatz) beträgt 160,29 Millionen Euro.

 

 Stadlbauer: Ausbau der öffentlichen Kinderbetreuung hat Priorität
Wien (sk) - "Bei der Regierungsklausur in Eisenstadt wurde ein sehr gutes Angebot an die Länder entwickelt. Priorität hat der Ausbau der öffentlichen Kinderbetreuung", betonte Bundesfrauengeschäftsführerin und Nationalratsabgeordnete Bettina Stadlbauer am 06.08. in Reaktion auf die Aussagen von Bauernbundpräsident Fritz Grillitsch und dem Präsidenten des Österreichischen Hilfswerks Othmar Karas, die in Zukunft mehr die Tagesmütter fördern wollen.

Zu dem ÖVP-Vorschlag der Gutscheine für Kindergärten betonte Stadlbauer, dass es eine bestehende weit bessere Vereinbarung gebe, nämlich fix 45 Mio. Euro Bundesförderung für den dringend nötigen Ausbau er Betreuungsplätze und Verhandlungen mit den Bundesländern bezüglich zusätzlichen Landesförderungen. "Denn was nützt den Eltern ein Gutschein, wenn es keinen Betreuungsplatz gibt?", so Stadlbauer, die daran erinnerte, dass der Focus des Ausbaus bei den unter Dreijährigen liegen werde und die Förderhöhe von klar nachvollziehbaren Qualitätskriterien abhängig ist.

Es sei nun wichtig, rasch in Verhandlungen mit den Ländern zu treten und zielorientiert zu arbeiten. Sowohl der Bedarf an Kinderbetreuung stehe fest, wie auch die Prioritäten. "Jetzt geht es um eine rasche Umsetzung", meinte Stadlbauer abschließend.  
 

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