Prof. Dr. Alexander Tollmann ist gestorben  

erstellt am
27. 08. 07

Wien (arge-ja) - Die "ARGE ja zur Umwelt, nein zur Atomenergie" gibt in tiefer Trauer bekannt, daß ihr Ehrenobmann, Prof. Dr. Alexander Tollmann, am 8. August 2007 verstorben ist und am 24.08. in Wien am Gersthofer Friedhof beigesetzt wurde.

Sein Name ist unauflöslich verknüpft mit der Volksabstimmung über das Atomkraftwerk Zwentendorf am 5.11.1978. Tollmann warnte vor den nicht kontrollierbaren Risiken der Atomenergie und insbesondere vor dem geologisch ungeeigneten Standort Zwentendorf, sowie der Unmöglichkeit, aufgrund der geologischen Bedingungen in Österreich ein sicheres Endlager zu errichten. Sein unermüdlicher, beispielhafter Einsatz an vorderster Front auch noch viele Jahre nach der Volksabstimmung hat entscheidend dazu beigetragen, daß Österreich diese gefährliche und unnötige Technologie bis heute erspart geblieben ist. Tollmann war einer der Mitbegründer und führenden Köpfe der österreichischen Umweltschutzbewegung. Außerdem hat er als Universitätsprofessor für Geologie ein umfangreiches wissenschaftliches Werk hinterlassen, das in der Fachwelt weit geschätzt wird.

Das Gedenken an Tollmann und den Sieg einer demokratischen Basisbewegung möge all jenen, die sich heute der Atomindustrie und anderen menschenfeindlichen Machtblöcken entgegenstellen, die Gewißheit geben, daß der Kampf "David gegen Goliath" nie von vorneherein vergeblich ist.

"Das Zwentendorfer Ergebnis stört mein pessimistisches Weltbild erheblich." (Prof. Dr. Lazslo Trunko, Zeitgenosse Tollmanns, deutscher Geologe und Anti-Atom-Aktivist)

Lebenslauf
27.Juni 1928 in Wien geboren. 1946 Maturiert mit Auszeichnung am humanistischen Gymnasium in Wien 18 und beginnt mit dem Studium der Geologie 1955 Promoviert wegen seines ausgezeichneten Studienerfolgs "sub auspiciis praesidentis rei publicae" 1959 Heirat mit der Paläontologin Edith Kristan. 1967 Geburt des Sohnes Raoul 1969 Berufung als Professor für Geologie an die Universität Wien 1972 -1984 Vorstand des geologischen Instituts 1978 Obmann des Dachverbands der österreichischen Atomkraftgegner "Arge Nein zu Zwentendorf" Dezember 1982 bis Mai 1983: Bundesvorsitzender der "Vereinten Grünen Österreichs" (VGÖ). 1980 bis 1997: Obmann der "Arge Ja zur Umwelt, nein zur Atomenergie", gestaltet lange Zeit im Alleingang die Zeitung "Neue Argumente".

Wissenschaftliches Werk
In der Fachwelt geschätzt sind Tollmanns Veröffentlichungen im Bereich der geotektonischen Forschung: Die Ostalpensynthese (1963), Grundprinzipien der alpinen Deckentektonik (1973), Analyse des klassischen nordalpinen Mesozoikums (1976), Geologie von Österreich in 3 Bänden (1977-86).

Als besonderes Verdienst Tollmanns gilt seine Beweisführung zugunsten der lange Zeit umstrittenen Theorie des Deckenbaus der Alpen.

In dem gemeinsam mit seiner Frau Edith verfaßten Buch "Und die Sintflut gab es doch" wird die These vertreten, daß die Genesis und die Johannes-Apokalypse den Einschlag eines siebenteiligen Meteors vor etwa zehntausend Jahren und den Zustand danach beschreiben. Dieses Werk sowie "Das Weltenjahr geht zur Neige" haben Tollmann weit über die Fachwelt hinaus bekannt gemacht.

  • Alexander Tollmann: Geologie von Österreich. Deuticke, Wien 1977-1986.
  • Alexander und Edith Tollmann: Und die Sintflut gab es doch. Vom Mythos zur historischen Wahrheit. Droemer Knaur, München 1993, ISBN 3-426-26660-1
  • Alexander und Edith Tollmann: Das Weltenjahr geht zur Neige. Böhlau, Wien 1998, ISBN 3-205-98898-1.
  • Alexander Tollmann: Und die Wahrheit siegt schließlich doch
  • Autobiographie und Biographie seiner Frau Edith. Windeck 2003, Verlag Kritische Wissenschaft ISBN 3-925914-99-4


Erinnerungen an Alexander Tollmann von Tobias Kühne
Der aufrechteste Mensch, den ich je kennen lernte, ist von uns gegangen. Kompromißlos und ohne jede Rücksicht auf sich und seine Familie setzte er sich für die Wahrheit ein. Jeder, der ihn wirklich kannte, konnte nur staunen über die Energie und Zielstrebigkeit, mit der er das von ihm als richtig Erkannte verfolgte. Meine ersten Begegnungen mit ihm fielen in eine Zeit, als er durch die Kenntnis fachlich unrichtiger Gutachten, die der Allgemeinheit unzugänglich waren, zum erklärten Atomkraftgegner geworden war. Es war die Zeit des dramatischen Ringens um die Inbetriebnahme des Atomkraftwerks Zwentendorf. Das geschah vor nun fast dreißig Jahren. Tollmann warf sein ganzes Fachwissen in die Waagschale, sein unermüdlicher, beispielhafter Einsatz an vorderster Front hat trotz Verleumdungen entscheidend dazu beigetragen, daß durch die damalige Volksabstimmung Österreich von dieser gigantomanen, gefährlichen und unnötigen Technologie verschont blieb.

Die Gründung der "Arbeitsgemeinschaft Nein zu Zwentendorf", wie sie damals noch hieß, fällt in diese bewegten Tage. Für jüngere Menschen, die diese Ereignisse nicht miterlebten, ist heute kaum nachzuvollziehen, mit welcher Intensität sich dieser Abstimmungskampf abspielte. Tollmann hat alle diese Ereignisse in seinem Buch "Desaster Zwentendorf" minutiös festgehalten. Die entscheidende Mehrheit von nur 30.000 Stimmen bei der Volksabstimmung am 5. November 1978 ließ jeden der bis an die Grenze der Belastbarkeit sich strapazierenden Mitstreiter das eigene Engagement an dem endlich errungenen Sieg doppelt sinnvoll erscheinen. Wirklich bewundernswert war Tollmanns unglaubliche Zivilcourage, wie er sich z.B. bei einer Bürgermeisterversammlung in Zwentendorf Zutritt verschaffte und dem damaligen Bundeskanzler Kreisky vor laufender Fernsehkamera seine Argumente entgegenschleuderte.

Auch nach der Volksabstimmung war er unermüdlich tätig, in unzähligen Sitzungen konnte ich seine kluge Vorausschau und seine unmittelbare Aktivität erleben. Das Thema Zwentendorf war ja lange nicht vom Tisch. Die Größe des persönlichen Opfers, das von ihm in diesen Jahren erbracht wurde, da ihm für seine eigentliche geologische Arbeit kaum Zeit blieb, können wir gar nicht ermessen. Er war ja weltweit einer der bedeutendsten Geologen. Das Wirken Alexander Tollmanns wird ein Markstein in der jungen Geschichte des österreichischen Umweltschutzes bleiben. Sein Name wird immer damit verbunden sein.

 
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