Wenn der Zelltod wünschenswert wäre  

erstellt am
23. 08. 07

Ein jetzt bewilligtes DFG-Projekt an der Universität Witten/Herdecke untersucht, wie Zellen dem programmierten Tod entgehen und zu Krebs entarten
Witten/Herdecke (universität) - Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert an der Universität Witten/Herdecke Untersuchungen, bei denen es um Zellveränderungen und Krebsentstehung am Beispiel des Schwermetalls und Umweltgiftes Cadmium geht. Im Mittelpunkt der biowissenschaftlich-medizinischen Forschungen steht die Frage, wie Cadmium-geschädigte Zellen dem programmierten Tod entgehen und dadurch die Gefahr erhöht wird, dass sie zu Krebszellen entarten. Projektleiter ist Prof. Dr. Dr. Frank Thévenod, Inhaber des Lehrstuhls für Physiologie und Pathophysiologie an der Wittener Fakultät für Medizin.

Der Einfluss von Schadstoffen wie Cadmium führt bei vielen Zellen zur so genannten Apoptose, zum programmierten natürlichen Tod der Zelle. "Die Apoptose ist eine Art Selbstzerstörungsprogramm", erläutert Prof. Thévenod. "Die Zellen leiten es ein, wenn sie so stark geschädigt sind, dass sie sich nicht mehr selbst reparieren können." Manchen Zellen jedoch gelingt es, dem Apoptose-Mechanismus zu entgehen - mit dem Effekt, dass sie entarten und bösartig werden. Die Apoptose hat also durchaus ihr Gutes: Denn aus einer geschädigten, absterbenden Zelle kann keine Krebszelle mehr entstehen.

"Wir wollen nun herausfinden, wie Zellen es schaffen, der Apoptose zu trotzen", sagt Thévenod. Vom Verständnis dieser "Überlebensstrategien" erhofft sich der Wissenschaftler Anhaltspunkte für die Entwicklung gezielter Krebstherapien. Eine Therapiemöglichkeit bestünde darin, die Zelle am Umgehen der Apoptose zu hindern, damit sie gerade nicht zur Krebszelle wird. Das Forschungsprojekt wird von der DFG bis zum Mai 2010 mit 250.000 Euro gefördert.

Die aktuelle Bewilligung ist bereits die zweite innerhalb der letzten drei Jahre, mit der die DFG ein Projekt des Instituts für Physiologie und Pathophysiologie an der Universität Witten/Herdecke unterstützt, das sich mit den Mechanismen der Zellschädigung durch Cadmium befasst.

Die Cadmiumbelastung der Umwelt hat in den Industrieländern drastisch abgenommen, nachdem die Gefährlichkeit dieses Schwermetalls für den Menschen erkannt wurde. Das liegt zum Teil daran, dass zunehmend auf die Verwendung von Cadmium in der Industrie verzichtet wird. Vielfach wurde aber die Cadmium verarbeitende Industrie in andere Länder verlagert. Faktisch nimmt dadurch die Cadmiumbelastung der Umwelt global zu. Insbesondere in Schwellenländern, wie China oder Indien, sind Gewässer und Böden zunehmend durch Cadmium verunreinigt. Dort ist Cadmium zum ökologischen Problem geworden.

Cadmium gelangt über Nahrungs- und Genussmittel in den menschlichen Körper. Es reichert sich vor allem in Fisch, Reis und Gemüse an und auch in der Tabakpflanze. Gelangt Cadmium in den Körper kann es unter anderem Lungen, Gehirn, Knochen und Nieren schädigen. Chronische Cadmiumbelastung kann auch zu Krebsen von Lunge, Prostata, Hoden und Niere führen.

Der Wittener Wissenschaftler Frank Thévenod untersucht konkret die Schädigungswirkung von Cadmium auf die Niere. Der grundlegende Mechanismus ist aber auch auf andere Umweltgifte und Organe zu übertragen. Vorarbeiten zu dem jetzt begonnenen DFG-Projekt publizierte das Team um Thévenod in der Online-Ausgabe des Fachjournals "BioMetals - An International Journal on the Role of Metal Ions in Biology, Biochemistry and Medicine" (DOI 10.1007/s10534-006-9044-9). Die Print-Version ist im Druck.
 
zurück