Reisen: Mittelalter in Bewegung  

erstellt am
21. 08. 07

Salzburg (universität) - Das Interdisziplinäre Zentrum für Mittelalter-Studien (IZMS) der Universität Salzburg bietet im Wintersemester 2007/08 eine Ringvorlesung zum Thema Reisen im Mittelalter. Sie findet an Montagen, 18.00 Uhr, HS 380, Haus der Gesellschaftswissenschaften, Rudolfskai 42 statt. Gasthörer sind herzlich willkommen.

Kaiser, Mönche, Pilger Händler, Scholaren, Musikanten Kreuzritter, Handwerker, Minnesänger sie alle gehören zum Personenrepertoire des Mittelalters, und sie alle waren reisend unterwegs, manche ständig, manche nur punktuell. Die Ziele der Reisen würden dem Programm eines heutigen Reiseveranstalters durchaus Ehre machen: auf Pilgerfahrt nach Santiago de Compostela oder nach Jerusalem, auf Kreuzfahrt nach Damaskus oder nach Königsberg und Litauen, Geschäftsreisen auf den Handelsstraßen nach Osten weit nach Asien oder „nur über die Alpen“ nach Venedig oder Sizilien. Den Handwerkern waren wohl nähere Ziele vorbehalten. Permanent auf der Straße, oder nicht weit davon entfern, befanden sich die fahrenden Sänger, die sich ihr Publikum suchen mussten, die einen auf den Märkten und Plätzen, die anderen an den fürstlichen, königlichen und kaiserlichen Höfen.

Was diese und noch andere Reisende bewogen hat, sich dem damals mühseligen Unternehmen „Reise“ zu unterziehen, welche Erwartungen dahinter standen und welche Schwierigkeiten sich vor den Reisenden auftaten, dies sind die zentralen Themen der diesjährigen Ringvorlesung des Zentrums für Mittelalter-Studien der Universität Salzburg .

Von besonderem Interesse sind in diesem Zusammenhang auch die „Kreuzritter“, denn Politiker verschiedener Weltgegenden glauben sich wieder auf einem Kreuzzug zu befinden oder sich auf einen begeben zu müssen. Wer noch mehr darüber wissen will, kann eine sehenswerte Ausstellung über „Kreuzritter“ auf der Schallaburg besuchen, die im Rahmen der Lehrveranstaltung als Exkursion vorgesehen ist.

Eine friedlichere Aktualität haben die „fahrenden Sänger und Sängerinnen“, sie waren die „Popstars des Mittelalters auf Tournee“. Wie die heutigen Stars der Musik, der U- oder der E-Musik, waren auch jene des Mittelalters, vor allem vom 12. bis zum 15. Jahrhundert keine homogene Gruppe. Es gab jene, die zeitweise als „Jongleure“ bekannt waren, die auf Märkten nicht nur ihre musikalischen Künste zum Besten gaben, sondern auch Kunststücke vorführten und die Bären tanzen ließen. Sie waren das wenig geschätzte fahrende Volk, das sich schon durch ihre Namen und ihre Kleidung kenntlich machen musste. Die Namen, Pseudonyme verweisen auf das Unstete: Suchendank, Suchsbrot, Elias auf und dahin, so schreibt Walter Salmen. Grelle Stoff- und Haarfarben erregten Aufmerksamkeit und wiesen die Sängerinnen und Sänger diesem nicht sehr ehrbaren Volk zu, zumindest in den Augen der Zeitgenossen.

Dann gab es die mit den großen Namen, die heute noch als solche geläufig sind: Reinmar, Walther von der Vogelweide, Heinrich von Morungen und viele mehr. Wenn man allerdings versucht, ihre Künstlerbiographie zu schreiben, prallt man abrupt an unüberwindliche Grenzen des Wissens. Zu dünn sind die historischen Überlieferungen zu den uns namentlich aus den Liederhandschriften bekannten Minnesängern des 12. und 13. Jahrhunderts. Auf Walther von der Vogelweide ist nur in einer Reiserechnung des Passauer Bischofs Wolfger von Erla ein ziemlich eindeutiger Hinweis zu finden: Zeiselmauer, 12. November 1203: Wolfger von Erlau lässt dem „cantor Walther von der Vogelweide für die Anschaffung eines Pelzes 5 Soldi auszahlen“. Diese wenigen Informationen sind unter anderem als die wichtige Bestätigung zu werten, dass um 1200 tatsächlich ein Sänger Walther von der Vogelweide existierte, der diesen Namen auch offiziell trug.

Rege Reisetätigkeit ist auch von einem überaus bekannten Sänger des 14. Jahrhunderts, Oswald von Wolkenstein, belegt. In seinen Liedern ist sie literarisch gestaltet, wie z.B.: „Es kam dazu, dass ich, an die zehn Jahre alt, mir ansehn wollte, wie die Welt beschaffen ist ….Nach Preußen, Litauen; Zur Krim; Türkei, ins Heilige Land; Nach Frankreich, Lombardei und Spanien … Allerdings finden sich diese Reiseziele weitgehend in den Dokumenten seines Lebens bestätigt, die Anton Schwob und seine Grazer Forschergruppe in mehreren Bänden sammeln konnten. Denn unterwegs war Oswald im Wesentlichen als Politiker, was in Urkunden etc. seinen Niederschlag fand. Das Dichten, Komponieren und Singen waren gewissermaßen seine kostspieligen Hobbys.

Grundsätzliches Anliegen der Ringvorlesung des IZMS, die mit verschiedenen Themen nun schon fünfmal angeboten wurde, ist es, den Hörern aller Fakultäten einen allgemeinen und einführenden Blick auf die Geschichte und Kulturgeschichte des Mittelalters zu eröffnen. Ist das Interesse am Mittelalter auf diese Weise nachhaltiger geweckt, so wird es im nächsten Studienjahr die Möglichkeit eines interdisziplinären Master-Studiums „Mittelalter“ geben, das umfassendes Wissen zu diesem (kultur)historischen Zeitabschnitt vermittelt.

Informationen: http://www.uni-salzburg.at/
 
zurück