Gesundheitsministerin will 2,9 Mrd. Euro einsparen  

erstellt am
29. 08. 07

Gesundheitsministerin Andrea Kdolsky (ÖVP) hat angekündigt, sie wolle bis 2010 aus ihrem 25-Milliarden-Budget 2,9 Milliarden Euro einsparen. Als "Quelle" sozusagen nannte sie etwa Doppelgleisigkeiten zwischen Krankenhäusern in unmittelbare Nähe, wie etwa die Unfallchirurgie am AKH Linz und das Unfallkrankenhaus der Landeshauptstadt.

 

Gusenbauer: Mit der SPÖ wird es zu keiner Zusperrpolitik im Spitalsbereich kommen
SPÖ wartet gespannt auf konkrete Vorschläge von Gesundheitsministerin Kdolsky
Stadtschlaining (sk) -
"Es spricht nichts gegen Einsparungen, wo es Doppelgleisigkeiten gibt. Aber Gesundheitsministerin Kdolsky spricht von 2,9 Milliarden Euro, das sind 10 Prozent des gesamten Gesundheitsbudgets, damit müsste jedes dritte Spital geschlossen werden. Zu einer derartigen Zusperrpolitik wird es mit der SPÖ nicht kommen. Dies würde Versorgungsprobleme und eine Weiterführung des Weges in die Zwei-Klassen-Medizin bedeuten", erklärte Bundeskanzler Alfred Gusenbauer im Rahmen der Pressekonferenz zur SPÖ-Präsidiumsklausur auf Burg Schlaining im Burgenland am 28.08..

"Wir warten gespannt auf konkrete Vorschläge von Gesundheitsministerin Kdolsky zu den von ihr angekündigten Einsparungen im Gesundheitsbereich. Jedes Ressort ist dazu angehalten, Einsparungsvorschläge im Rahmen der Verwaltungsreform vorzulegen. Wir werden diese Vorschläge offen diskutieren, aber eine Zusperrpolitik wird es nicht geben", stellte der Bundeskanzler klar.

 

 Missethon: Die Ärzte sollen näher zu den Menschen
Ablehnung durch SPÖ unverständlich
Wien (övp-pk) - "Wir wollen, dass die Ärzte näher bei den Menschen sind. Dafür müssen wir mehr Geld für die Kranken und Älteren unserer Gesellschaft einsetzen. Die Ablehnung der SPÖ für die Vorhaben von Gesundheitsministerin Andrea Kdolsky ist daher unverständlich", betont ÖVP-Generalsekretär Hannes Missethon in Richtung SPÖ-Chef Gusenbauer.

"Wir wollen näher zu den Menschen. Daher ist es notwendig, die Effizienz des Gesundheitssystems noch weiter zu steigern. Von rund 25 Milliarden Euro versickern 2,9 Milliarden in ineffizienten Strukturen. Diese Ressourcen müssen gezielt zum Wohl der Patienten umgeschichtet werden. Gerade die Älteren und Kranken unserer Gesellschaft profitieren davon. Das Geld muss dort investiert werden, wo die Menschen zu Hause sind", so Missethon. Notwendig ist eine Stärkung der Hausärzte, ein Ausbau der Arztpraxen vor Ort und die Schaffung von regionalen Gesundheitszentren. Kdolsky weiß aus ihrer Berufslaufbahn als Ärztin ganz genau, wie wichtig diese Maßnahmen sind. Sie geht hier den richtigen Weg", so Missethon.

 

 Grünewald: Alte Hüte neu verkauft
Derart massive Kürzungen können Tendenz zur Zweiklassen-Medizin verstärken
Wien (grüne) - "An einen Sommerschlussverkauf", erinnern den Gesundheitssprecher der Grünen, Kurt Grünewald, die Einsparungsvorschläge von Gesundheitsministerin Kdolsky. "Wichtige Fortschritte und Neuerungen in der Medizin werden bei derart massiven Einsparungen kaum mehr finanzierbar sein. Das würde die Tendenz zur Zweiklassen-Medizin gefährlich verstärken".

Der Abbau von Akutbetten und deren Umwidmung in billigere Betten für Akutgeriatrie oder Rehabilitation war jahrelang Inhalt der österreichischen Krankenanstalten-Pläne und dann auch der Gesundheitsreform, erläutert Grünewald. Vielfach scheiterten diese Bemühungen am Widerstand der Länder sowie an mangelnden Bundeskompetenzen. Auch die Verlagerung von stationären Leistungen in den niedergelassen Bereich erfordert Investitionen sowie Maßnahmen der Qualitätssicherung bei niedergelassenen ÄrztInnen.

"Wenn die Mehrzahl aller ExpertInnen die föderalen Strukturen und das Wirrwarr von Kompetenzen und Verantwortlichkeiten im Gesundheitssystem als den zentralen kostentreibenden Faktor bezeichnet, so wird sich auch Kdolsky diesen Problemen stellen müssen, um nicht nur Seifenblasen zu erzeugen", so Grünewald. Notwendig wäre es, die Gesundheitsplattformen auf ihre Effizienz zu evaluieren, die Bundeskompetenzen zu stärken und den Krankenkassen mehr Mitsprache im stationären Sektor einzuräumen.

"Solange es Defizite im Versorgungsbereich gibt, wie sie bei Psychotherapie auf Krankenschein, Rehabilitationsplätzen und an der Schnittstelle zur Pflege existieren, scheinen kurzfristige Einsparungen illusorisch, wenn gleichzeitig Vorschläge einer sinnvollen Reinvestition dieser Budgets fehlen", so Grünewald. Die Krankenkassen leiden unter einem akuten Finanzierungsproblem von etwa einer Milliarde Euro und können nicht weitere Legislaturperioden auf frische Gelder warten.

   
Belakowitsch-Jenewein: Ein dreifaches Nein zu Sparmaßnahmen auf dem Rücken der Patienten!
Sparpotentiale bei den Krankenversicherungsträgern, im Verwaltungsbereich und bei Generika nutzen!
Wien (fpd) - Als "gefährliche Drohung" müssten die jüngsten Ankündigungen von Gesundheitsministerin Kdolsky aufgefasst werden, wenn diese von einem Umschichtungspotential von 3 Milliarden Euro philosophiere. Seit einem guten halben Jahr kündige Kdolsky in schöner Regelmäßigkeit "große Würfe" in der Gesundheitspolitik an - passiert sei indes herzlich wenig, so die Gesundheitssprecherin der FPÖ, NAbg. Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein.

Faktum sei, dass es gerade im Bereich der Krankenversicherungsanstalten sowie im Verwaltungsbereich große Einsparungspotentiale vorhanden sind. So müssten etwa die Schnittstellen zwischen dem Extramuralen- und dem Intramuralenbereich endlich überarbeitet werden, so Dr. Belakowitsch-Jenewein.

Aber auch beim größten Finanzbrocken, bei den Medikamenten, sei die Bundesregierung nach wie vor säumig. So hätten z.B. Generika bei der Erstverschreibung nach wie vor nicht dieselben Packungsgrößen wie etwa Markenprodukte, was sich natürlich auch auf die Akzeptanz bei Patienten aber auch bei den Ärzten negativ auswirkt. Hier wäre Kdolsky dringlich gefordert, sich im Hauptverband für ein Ende dieser Benachteiligung stark zu machen, da hier eines der größten Einsparungspotentiale liege. Einsparungsmaßnahmen oder "Umschichtungen", wie von Kdolsky abgekündigt, die auf eine Schlechterstellung der Patienten abzielen, werden jedenfalls von der FPÖ keine Zustimmung erhalten, so Dr. Belakowitsch-Jenewein abschließend.

 

 Haubner: Kdolsky soll am System sparen und nicht bei den Menschen
Kdolsky versucht die Flucht nach vorne, landet aber wie immer im Hintertreffen
Wien (bzö) - Skeptisch zu den Kdolsky-Plänen zeigt sich das BZÖ. Gesundheitssprecherin Ursula Haubner bezweifelt stark, ob mit Umwidmungen von Betten, neuen Leistungskatalogen und Ärzte GmbHs drei Milliarden Euro noch in dieser Legislaturperiode eingespart werden können. "Drei Milliarden in drei Jahren sind wohl eher ein Wunsch ans Christkind und mit diesen Plänen völlig unrealistisch. Echte Einsparungen wird man nur mit Einsparungen im System erreichen und einer echten Strukturreform erreichen, so müssen Doppelgleisigkeiten im Hauptverband beseitigt werden, denn gerade im Moloch Hauptverband liegen die wahren Einsparungsmöglichkeiten", so Haubner, die sich hier für eine weitere Zusammenlegung der Sozialversicherungen ausspricht.

Haubner kritisiert, dass Kdolsky anscheinend überall kürzen wolle nur nicht in ihrer eigenen Verwaltung. "Kdolsky soll am System sparen und nicht bei den Menschen", so Haubner, die in den ÖVP-Plänen auch einen Anschlag auf die lückenlose medizinische Versorgung des ländlichen Raumes sieht. Das BZÖ kritisiert auch, dass Kdolsky nur von Einsparungen rede, aber kein Wort von mittelfristigen Kostenoptimierungen durch ein verstärktes Augenmerk auf Prävention verliere. Bisher habe die Gesundheitspolitik der Ministerin Kdolsky nur Beitragserhöhungen und keine Erleichterungen wie die vom BZÖ geforderte Halbierung der Mehrwertsteuer auf 10 Prozent gebracht. "Kdolsky versucht anscheinend nach den Turbulenzen der letzten Tage, die Flucht nach vorne, landet aber wie immer als überforderte Fachministerin im Hintertreffen", so Haubner, die abschließend massiv gegen gekürzte Leistungen und eine drohende Zweiklassenmedizin unter dieser SPÖ-ÖVP-Regierung eintritt.

 

 Leitl erteilt "Sofort-Nein-Sagern" eine Absage
Vele Institutionen wie Rechnungshof, IHS oder OECD sehen Einsparungsmöglichkeiten, ohne Qualitätsstandards zu senken
Wien (pwk) - Gesundheitsministerin Andrea Kdolsky möchte entsprechend den Vorschlägen des Rechnungshofes bis 2010 rund 2,9 Milliarden Euro im Gesundheitsbereich, vor allem durch den Wegfall von Doppelgleisigkeiten und bei den Spitälern, einsparen. WKÖ-Präsident Christoph Leitl in einer "Absage an die Sofort-Nein-Sager": "Die Gesundheitsministerin hat bei ihren Bemühungen um mehr Wirtschaftlichkeit und Effizienz die volle Unterstützung der Wirtschaft. Nicht nur der Rechnungshof, sondern auch die OECD, der Gesundheitsökonom Köck und das IHS haben bereits mehrfach auf das mögliche Einsparungspotential im Gesundheitswesen hingewiesen. Wir haben die weltbesten Gesundheitsstandards und wir werden sie auch in Zukunft haben. Allerdings sollen sie unter vernünftigen wirtschaftlichen und organisatorischen Rahmenbedingungen umgesetzt werden." Jetzt einfach - ohne nähere Prüfung - die Vorschläge für mehr Effizienz einfach reflexartig abzulehnen, sei, so Leitl, einfach "zu wenig".

 


Dorner sieht Investitionsbedarf von zwei Milliarden
ÖÄK-Präsident: "Ausbau extramuraler Strukturen zur Spitalsentlastung notwendig, sonst landen Patienten im Niemandsland"
Wien (öäk) - Gut zwei Milliarden Euro an Investitionsbedarf sieht ÖÄK-Präsident Walter Dorner für die von Gesundheitsministerin Andrea Kdolsky für das kommende Jahr angekündigten neuen Ärztegesellschaften im niedergelassenen Bereich. Diese Summe sei erforderlich, um den Ausbau der ambulanten ärztlichen Versorgung durch Arztpraxen und die neuen Ärzteorganisationen im niedergelassenen Bereich - etwa Schmerz-, Onkologie- oder psychosoziale Zentren - so zu realisieren, dass sie tatsächlich spitalsentlastend arbeiten könnten. Bundesministerin Kdolsky sei aufgerufen, die Umschichtung bzw. das Aufbringen der entsprechenden finanziellen Mittel zu sichern, damit die Versorgung der Menschen bei der geplanten Entlastung der Spitäler so sichergestellt werden könnte, "dass niemand durch das soziale Netz fällt", erklärte Dorner in einer Aussendung am 28.08. Er gehe jedenfalls davon aus, dass es Kdolsky nicht darum gehe, einen Betrag in dieser Größenordnung einzusparen. Dorner: "Das ist in Anbetracht des medizinischen Fortschritts und der steigenden Lebenserwartung schlechthin unmöglich. Da wird der Staat in Zukunft eher mehr als weniger Geld in die Hand nehmen müssen, wenn er verantwortungsbewusst handeln will."

Gleichzeitig gab Dorner zu bedenken, dass die neuen Strukturen, in denen mehrere Ärzte im niedergelassenen Bereich einer Richtung oder interdisziplinär zusammenarbeiten, geschaffen werden müssten, bevor strukturelle Veränderungen im Spitalsbereich erfolgten. Schließlich könne man Patienten "nicht ins Niemandsland schicken, die bisher im Spital versorgt wurden". Er erinnerte in diesem Zusammenhang daran, dass bei allen Überlegungen zur Umschichtung oder Veränderung von Spitalsstrukturen ferner zwingend eine Grundversorgung durch die Spitäler erhalten werden müsse. Dies sei im österreichischen Strukturplan Gesundheit allerdings noch nicht verankert. Hier bestehe Nachbesserungsbedarf. Auch müssten die neuen Ärztezentren ärztlich geführt und durch die Ärztekammern supervidiert werden. Dorner: "Was wir nicht wollen, ist ein Ausverkauf der österreichischen Gesundheitswesens an profitorientierte globale Konzerne und damit eine Zwei-Klassen-Medizin."

Generell seien die genannten Voraussetzungen unabdingbar, um eine für die Patienten verträgliche Gesundheitsreform zu realisieren. "Alles andere bliebe Stückwerk und wäre mit hohen sozialen und humanitären Risiken behaftet", warnte der ÖÄK-Präsident. Im Übrigen halte er die oft kolportierten Sparziele für die Spitäler generell für "bei weitem überzogen". Auch bei der Umwandlung von Akut- in Pflegebetten seien weiterhin die Kosten für den Erhalt des gesamten Apparats zu begleichen. Auch die bessere Auslastung der Geräte der Spitäler durch niedergelassene Ärzte sei "ein bloßer Wunschtraum, denn kein Patient wird sich schon wegen der erforderlichen Nachversorgung um 21 Uhr abends operieren lassen, nur weil der OP frei ist", so Dorner abschließend. 
 
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