AK: Fahrgäste brauchen verbindliche Rechte!  

erstellt am
29. 08. 07

Rechte für Fahrgäste in Bahn und Bus sind derzeit nur freiwillig und nur für den Fernverkehr
Wien (ak) - Pünktliche Verbindungen, ausreichendes Platzangebot, saubere Fahrzeuge, umfassende Informationen: Das wünschen sich die Fahrgäste, vor allem PendlerInnen, in Bus, Bahn und innerstädtischem Verkehr, zeigen mehrere AK Umfragen. Ein Anrecht darauf haben sie aber nicht.

Derzeit gibt es in Österreich nur freiwillige Vereinbarungen und nur für den grenzüberschreitenden Bahnfernverkehr, nicht aber für PendlerInnen und Nahverkehr. Spätestens 2009 soll eine EU-Verordnung für Fahrgastrechte im grenzüberschreitenden Schienenverkehr kommen. "Positiv, dass die Verordnung verbindlich ist. Wermutstropfen, dass wichtige Rechte, etwa Entschädigungsleistungen bei Verspätung oder Informationspflichten, bloß für den grenzüberschreitenden Bahnverkehr sind", kritisiert AK Verkehrsexpertin Sylvia Leodolter.

Rechtslage dringend verbessern: Die AK verlangt mehr Rechte für PendlerInnen und den Nahverkehr - umfassende verpflichtende Fahrgastrechte müssen in Österreich mit einem Gewährleistungsrecht, zB bei Ausfall der Heizung, gesetzlich verankert werden.

Die AK bietet nun Bahn- und BusbenützerInnen eine neue Broschüre "Gut informiert unterwegs" an. Sie gibt einen umfassenden Überblick über alle rechtlichen Möglichkeiten, die Fahrgästen in Bahn und Bus haben, enthält für die Ostregion die wichtigsten Servicenummern, Tipps und nützliche Infos.

Freiwillig reicht nicht!
"Fahrgastrechte sind in einem verbraucherrechtsfreien Raum", kritisiert AK Verkehrsexpertin Doris Unfried. Im Eisenbahnbeförderungsgesetz werden zwar verschiedene Mängel aufgezählt, etwa Verspätung, Zugausfall, aber es ist auch festgehalten, dass die Verkehrsunternehmen keine Haftung übernehmen.

Die ÖBB haben allerdings eine freiwillige Passagier-Charta mit Fahrgastrechten, die jedoch nur für Reisende im grenzüberschreitenden und nationalen Fernverkehr (zB ICE, EC, IC) gilt. Aber: Die Anbieter können die Klauseln jederzeit einseitig ändern. "Die Passagier-Charta ist zwar wichtig in Richtung Kundenorientierung, doch zu wenig, weil der Nahverkehr ausgeschlossen bleibt", beanstandet Unfried.

In der freiwilligen ÖBB-Charta ist beispielsweise der Ausgleich bei Verspätung geregelt: Hat der Zug mehr als 60 Minuten oder bei Nachtreisen mehr als 120 Minuten Verspätung, erhalten Reisende eine Entschädigung in Höhe von 20 Prozent des Fahrkartenwertes. Der Mindestfahrkartenpreis muss mindestens 50 Euro im grenzüberschreitenden Fernverkehr und 20 Euro im nationalen Fernverkehr betragen. Die Entschädigung erfolgt in Form von Gutscheinen. Oder kann zB die Reise wegen eines Zugausfalls, einer -verspätung oder einem versäumten Anschlusszug nicht bis 24 Uhr wie geplant mit einem anderen fahrplanmäßigen Verkehrsmittel fortgesetzt werden, oder ist ein anderes Öffi nicht zumutbar, übernimmt die ÖBB die Kosten für eine angemessene Übernachtung und die Benachrichtigung von Personen oder sofern preisgünstiger und zumutbar, die Kosten für den Transfer mit einem anderen Verkehrsmittel (zB Taxi). Taxi- oder Hotel-Nächtigungskosten pro Person werden bis zu maximal 80 Euro im nationalen Verkehr übernommen. In der freiwilligen Charta steht auch, dass Qualitätsstandards eingehalten werden sollen, zB Beratung und Information vor und während der Reise; Sauberkeit und Sicherheit; Bearbeitung von Kundenbeschwerden; Vermeidung von Verspätungen und Zugausfällen im Fernverkehr; Service für Fahrgäste mit eingeschränkter Mobilität. Allerdings gibt es keine Konsequenzen, wenn das einmal nicht der Fall ist.

EU: Geld zurück bei Verspätung nicht für PendlerInnen und Nahverkehr
Für Flugreisende innerhalb der EU gibt es seit Anfang 2005 stärkere Rechte. Die Fluggastrechte bringen KundInnen zB pauschale Entschädigungsleistungen bei Überbuchungen oder bei einer vom Luftfahrtunternehmen verschuldeten Streichung von Flügen.

Nun arbeitet die EU - nach dem Vorbild für Flugreisende - an einer Verordnung über Fahrgastrechte im Schienenverkehr. Demnach soll in zwei Jahren ein EU-weit einheitlicher Rechtsschutz kommen. Die meisten Bestimmungen betreffen Fahrgäste im grenzüberschreitenden Verkehr (die Anwendung auf den nationalen Verkehr bleibt den einzelnen Mitgliedsstaaten überlassen), einige wenige gelten für alle Bahnreisenden, das heißt auch für den nationalen Schienenverkehr und somit für PendlerInnenstrecken im Nahverkehr.

Was für den grenzüberschreitenden Schienenverkehr gelten soll
In der EU-Verordnung ist eine verpflichtende Entschädigungsregelung bei Zugverspätungen enthalten: Hat der Zug 60 bis 119 Minuten Verspätung, werden 25 Prozent des Ticketpreises rückerstattet, bei 120 Minuten und mehr, bekommen BahnbenützerInnen die Hälfte des Fahrpreises zurück.

Ebenfalls geregelt sind zB Informationspflichten gegenüber den Fahrgästen, der Ausgleich von Folgeschäden, also eine Schadenersatzpflicht, wenn etwa durch eine Zugverspätung ein Anschlussflug nicht erreicht werden konnte, die Bearbeitung von Beschwerden.

Was für grenzüberschreitenden und nationalen Verkehr gelten soll
Die EU-Verordnung über Fahrgastrechte enthält wenige Bestimmungen, die alle Fahrgäste betreffen, somit auch PendlerInnen und Nahverkehr, zB Haftung für Fahrgäste und Gepäck; Verkehrsunternehmen müssen ausreichend versichert sein, wenn ein Schadensfall ist; eine durchgehende Fahrkarte (wenn in eine andere Bahn umgestiegen wird) und Reservierungen müssen erhältlich sein; Recht auf Beförderung und Infopflichten für jene, die in ihrer Mobilität eingeschränkt sind.

Fahrgastrechte: verbindlich und auch für PendlerInnen
"Die EU-Verordnung ist ein erster wichtiger Schritt, um einen EU-weit einheitlichen Rechtsschutz zu schaffen", betont Unfried, "aber die Rechte müssen für alle Fahrgäste gleich sein."

"Pendler dürfen nicht Kunden zweiter Klasse sein", sagt Unfried. Die AK fordert daher: Umfassende verbindliche Fahrgastrechte für PendlerInnen und Nahverkehr sind in Österreich jedenfalls gesetzlich zu verankern, anlehnend an die EU-Verordnung. Zusätzlich müssen Gewährleistungsrechte für quantitative oder qualitative Leistungsmängel geregelt sein, zB bei Ausfall der Heizung.

"Gut informiert unterwegs"
Eine neue AK Broschüre "Gut informiert unterwegs" soll Bahn- und BusbenützerInnen informieren, welche Rechte sie derzeit in Österreich im öffentlichen Verkehr haben, und wie sie sie durchsetzen können. Die Broschüre ist in Kooperation mit Verkehrsverbund Ostregion (VOR), Wiener Linien und ÖBB entstanden.

Die Broschüre enthält die wichtigsten Servicenummern von ÖBB, Wiener Linien und Verkehrsverbund Ostregion. Es gibt Informationen rund um ÖBB, VOR, Zonen des VOR und Wiener Linien. Sie hat nützliche Tipps parat, beispielsweise was zu tun ist, wenn der Fahrkartenautomat defekt ist und es keine Möglichkeit gibt, vor dem Einstiegen in den Zug noch schnell einen Fahrschein zu kaufen, oder bei Zugausfällen im Fernverkehr oder Störungen im Nahverkehr, und was KundInnen laut Passagier-Charta ersetzt bekommen. Darüber hinaus gibt es Antworten auf häufig gestellte Fragen, etwa über Park & Ride-Möglichkeiten in der Ostregion oder die Mitnahme von Fahrrädern. Wo gibt es barrierefreie Zugänge im öffentlichen Verkehr in Österreich, auch das finden Sie in der Broschüre. Und sie zeigt Mängel in der Rechtlage auf.

Wo gibt's die Broschüre?
"Gut informiert unterwegs" erhalten Sie unter http://www.arbeiterkammer.at/publikationen/verkehr
 
zurück