Können Computer ihre Meinung ändern?  

erstellt am
28. 08. 07

Wadern (idw) - Wenn neue Information die bisherigen Meinungen in Frage stellt, können Menschen schnell umdenken und anscheinend mühelos Widersprüche auflösen. Einem Computer muss extra einprogrammiert werden, wie genau dies zu geschehen hat. Informatiker und Ökonomen arbeiten daher mit Philosophen zusammen, um den Mechanismen auf die Spur zu kommen, die bei der Änderung von Überzeugungen (Belief Change) eine Rolle spielen. Internationale Wissenschaftler aus diesen Fachgebieten, die aus Europa, den USA und Kanada, Israel, Thailand und Australien anreisen, treffen sich zu einer Tagung vom 26. bis 30. August im Internationalen Begegnungs- und Forschungszentrum für Informatik, Schloss Dagstuhl. Ihre Ergebnisse werden sich auf ganz verschiedene Forschungsgebiete wie der Künstlichen Intelligenz, Robotik, dem Wissensmanagement, Datenbanken und der Ökonomie auswirken.

Die klassische Logik kennt unter anderem die Regel, dass aus einem Widerspruch Beliebiges folgt (ex falso quodlibet). Mit dieser Vorgabe würden aber zum Beispiel Roboter schnell an ihre Grenzen stoßen. Man denke sich als Szenario einen Roboter, der eigenständig den Mars erkunden soll und mit einer Wissensbasis versorgt ist, wonach dort nur Steine und Geröll vorkommen. Was würde passieren, wenn er plötzlich auf ein Gewässer träfe und auf dem Mars mit flüssigem Untergrund nichts anzufangen wüsste? Statt hilflos stehen zu bleiben, muss er Schritt für Schritt analysieren, wie er aus dieser für unmöglich gehaltenen Lage wieder herauskommt. Es darf nicht Beliebiges passieren, sondern verschiedene Lösungswege müssen auf ihre Plausibilität hin überprüft werden. Damit nicht nur Menschen, sondern auch Computer fähig sind, so komplexe Entscheidungen zu treffen, müssen diese mit Mechanismen ausgestattet werden, wie sie alte Theorien auf rationale Weise revidieren oder über Bord werfen können. Man kann etwa mit einer Kombination von klassischer Logik und der aus der Ökonomie stammenden Theorie der rationalen Wahl versuchen, Normen zu finden, mit denen die Änderung von Meinungen konstruktiv bewältigt werden kann.

Die Informatiker, Philosophen und Ökonomen aus aller Welt, die sich vor zwei Jahren schon einmal zu diesem Thema in Schloss Dagstuhl getroffen haben, erhoffen sich neue Erkenntnisse durch die interdisziplinäre Zusammenarbeit. Die Tagung auf Schloss Dagstuhl zum Thema "Formal Models of Belief Change in Rational Agents" wurde von den Professoren Giacomo Bonanno der University of California in Davis (USA), James Delgrande von der Simon Fraser University (Kanada), Jérôme Lang vom IRIT - Toulouse (Frankreich) und Hans Rott von der Universität Regensburg organisiert. Außerdem nehmen unter anderem folgende international bekannte Wissenschaftler an der Tagung teil: Der Informatiker Dov Gabbay vom King's College in London (Großbritannien), der Philosoph Isaac Levi von der Columbia University in New York (USA), die beiden Logiker David Makinson von der London School of Economics (Großbritannien) und Krister Segerberg von der Uppsala University (Schweden) sowie der Philosoph Wolfgang Spohn von der Universität Konstanz.

Informationen: http://www.dagstuhl.de/

Hintergrund: Schloss Dagstuhl lädt das ganze Jahr über Wissenschaftler aus aller Welt ins nördliche Saarland ein, um über neueste Forschungsergebnisse in der Informatik zu diskutieren. Rund 3.000 Informatiker von Hochschulen, Forschungseinrichtungen und aus der Industrie nehmen jährlich an den wissenschaftlichen Veranstaltungen in Dagstuhl teil. Seit 2005 gehört Schloss Dagstuhl zur Leibniz-Gemeinschaft, in der zurzeit 83 führende außeruniversitäre Forschungsinstitute und wissenschaftliche Serviceeinrichtungen in Deutschland vertreten sind.
 
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