Debatte zu Österreichs Neutralität und Landesverteidigung  

erstellt am
05. 09. 07

Wien (öj) - In der Tageszeitung "Kurier" bezeichnete ÖVP-Klubobmann, Ex-Bundeskanzler Wolfgang Schüssel den außen- und sicherheitspolitischen Kurs der SPÖ als "sehr gefährlich". Der langjährige Außenminister und nunmehrige Außenpolitische Sprecher der Volkspartei fordert im Interview einen "rot-weiß-roten" Konsens in dieser Frage. Grundsätzlich wiederholte er diese Position auch in der ORF-Sendung "Report". Die Debatte über Österreichs Neutralität war neu entbrannt, als der steirische ÖVP-Klubobmann Christopher Drexler als Leiter der ÖVP-Perspektivengruppe "Europa" laut über eine Abschaffung nachdachte. ÖVP- Obmann Vizekanzler Wilhelm Molterer stoppte die Debatte mit einem deutlichen "nein". Am 03.09. erklärte dann Bundespräsident Heinz Fischer in einem ORF-Fernsehinterview, die Neutralität sei Teil des Verfassungsrechtes, auf das er seinen Eid abgelegt habe. Als Beweis dafür nannte er, zum Beispiel, die Begründung für die Anschaffung der Eurofighter: Mehrere Jahre lang habe man diesen unter anderem und ganz besonders damit begründet, daß ein neutrales Land wie Österreich diese Abfangjäger zum Schutz der Neutralität und im Sinne der Neutralität benötige. "Ich kann mich nur wundern, wenn - kaum ist die Diskussion über die Flugzeuge beendet - jemand kommt und sagt, eigentlich sind wir gar nicht neutral. Dann hätte man ja die gesamte österreichische Öffentlichkeit irregeführt."

In einem Gastkommentar für die Tageszeitung "Österreich" bekräftigt der steirische VP-Klubobmann Drexler seine Initiative für eine Debatte über die Neutralität. Er wirft Bundespräsident Heinz Fischer und Kanzler Alfred Gusenbauer zugleich Unehrlichkeit in der Neutralitätsdebatte vor. Anstatt die Bevölkerung weiter zu täuschen seien neue Ehrlichkeit und eine offene Diskussion nötig.

 

 Einem: Schüssels Neutralitäts-Argumentation gefährlich
Wien (sk) - "In sensiblen Fragen braucht es Ehrlichkeit und Präzision. ÖVP-Klubobmann Schüssel ist ein Meister des Verwirrens", stellte der außenpolitische Sprecher der SPÖ, Caspar Einem, zu den Interviews des VP-Politikers fest. "Schüssel weiß ganz genau, dass die Vertragsgrundlagen der EU - auch nicht der sogenannte Verfassungsvertrag - keinerlei militärische Beistandspflicht beinhalten. Was es allerdings gibt, ist eine Solidaritätsverpflichtung bei Naturkatastrophen", so Einem. "Und da hat Österreich gerade gezeigt, dass es solidarisch ist, indem Verteidigungsminister Darabos rasch und unbürokratisch entsprechende Hilfe für die Bekämpfung der griechischen Brandkatastrophe geboten hat."

Die SPÖ bekenne sich zum gemeinsamen Europa einschließlich der Sicherheits- und Verteidigungspolitik, so Einem. "Wir treten allerdings dafür ein, dass auch die EU nicht aus machtpolitischen Gründen an Kriegen teilnimmt, sondern möglichst ausschließlich auf der Basis der Charta der Vereinten Nationen agiert."

Aber wenn sich die ÖVP schon so lautstark engagiere, könnten Klubobmann Schüssel und Verteidigungsminister Platter endlich konkretere Schritte unternehmen, um eine etwas robustere Polizeieinheit - eine Art neue Gendarmerie - für jene Auslandseinsätze aufzubauen, bei denen es nicht Militär, sondern zivile Polizeikompetenz braucht, jedoch mit der Möglichkeit des angemessenen Selbstschutzes. Der Kosovo wäre so ein Einsatzort und dort stelle sich diese Frage sehr konkret. "Von derartiger Arbeit hätte Österreich mehr, als von der ständigen VP-Behauptung, dass Politik, die von ÖVP-Politikern gemacht wird, rot-weiß-rot sei, während jene von SPÖ-Politikern Parteipolitik sei."

Die SPÖ bekenne sich jedenfalls zur europäischen Solidarität und dazu, dass keine fremden Truppen in Österreich stationiert werden, Österreich nicht an Kriegen und auch nicht an Militärpakten teilnimmt. "Das nennen wir die Neutralität Österreichs heute", schloss Einem.

 

 Westenthaler: Klares BZÖ-Ja zur Neutralität
Wien (bzö) - "Die österreichische Neutralität ist für die überwiegende Mehrheit der Österreicherinnen und Österreicher ein wichtiger Wert in unserer Gesellschaft. Dies muss und soll respektiert werden", so BZÖ-Chef Klubobmann Peter Westenthaler am Rande einer Pressekonferenz. "80 Prozent der Österreicher wollen die Neutralität und die Politik hat dies auch ernst zu nehmen. Das BZÖ spricht sich klar gegen die Abschaffung der Neutralität auf" so Westenthaler.

Es sei aber zu bedenken, dass die Neutralität in ihrer ursprünglichen Form nicht mehr existiere, denn diese sei durch den von SPÖ, ÖVP und Grünen durchgesetzten EU-Beitritt massiv ausgehöhlt worden. Westenthaler forderte die EU auf, sich endlich mit einem europäischen Sicherheitskonzept zu befassen, an dem Österreich im Rahmen der Möglichkeiten eines neutralen Landes teilnehmen solle. "Das BZÖ ist klar gegen irgendeine Teilnahme von österreichischen Soldatinnen und Soldaten an Kampfeinsätzen, aber sehr wohl für eine Solidarität im Rahmen von friedenssichernden Maßnahmen, wie beispielsweise derzeit im Kosovo", so Westenthaler abschließend.
 

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