SPÖ-Enquete-"Menschenrechte und Wirtschaft  

erstellt am
19. 09. 07

Gusenbauer: Einhaltung der Menschenrechte darf nicht im Widerspruch zu wirtschaftlichem Erfolg stehen
Hagenhofer: Menschenrechte und Wirtschaft bedingen einander
Wien (sk) - "Die Balance unterschiedlichster Interessen muss oft zu einem Ganzen gebracht werden. Gegenseitiger Respekt, die Einhaltung der Menschenrechte und ökologische Balance dürfen dabei nicht im Widerspruch zum wirtschaftlichen Erfolg stehen", erklärte Bundeskanzler Alfred Gusenbauer anlässlich der SPÖ-Enquete "Menschenrechte und Wirtschaft" am 18.09. im Parlament. Die letzten 20 Jahre waren für die Menschenrechte erfolgreich, so sei die Apartheit in Südafrika abgeschafft, die Diktaturen in Lateinamerika verschwunden und der "Kalte Krieg" konnte beendet werden, konstatierte Gusenbauer einen massiven Aufschwung für die Menschenrechte in den letzten Jahren.

Jeder einzelne Konfliktpunkt in der Tagespolitik sei eine Gratwanderung zwischen unterschiedlichen Interessen. Als Beispiel brachte der Bundeskanzler das Ilisu-Staudamm-Projekt in der Türkei, bei dem es Konflikte zwischen der Exportwirtschaft und den Interessen von Menschenrechts- und Umweltschützern gebe. Die Antwort sei jedoch völlig klar, so Gusenbauer, der Damm werde jedenfalls gebaut, egal ob von einem schweizerisch-österreichischem Konsortium oder einem chinesischem Konsortium. Aus Sicht der menschenrechtlichen und umweltrechtlichen Standards sei es jedenfalls günstiger, wenn der Bau von einem schweizerisch-österreichischem Konsortium durchgeführt werde, hielt Gusenbauer fest.

Als weiteres Beispiel nannte der Bundeskanzler den Besuch des russischen Präsidenten Putin im Mai dieses Jahres. "Hier stellte sich die Frage, geht es nur um gute geschäftliche Beziehungen oder werden auch kritische Fragen nach Menschenrechten oder Medienfreiheit gestellt. Österreichische Tradition ist es, sich vor niemanden zu fürchten und auch heikle Dinge anzusprechen", erklärte Gusenbauer. Österreich wolle eine gute Zusammenarbeit mit der russischen Föderation, das hindere aber nicht daran, dass etwa gestern der Bruno-Kreisy-Preis posthum an die ermordete russische Journalistin Anna Politkowskaya verliehen wurde. "Wir wollen solche Champions der Menschenrechte unterstützen", so der Bundeskanzler.

Gusenbauer wies darauf hin, sich bei seinen Auslandsbesuchen immer, etwa bei der Organisation "Journalisten ohne Grenzen", zu informieren, wo es Probleme bei Menschenrechten und Medienfreiheit gebe und solche Fragen auch auf die Tagesordnung zu setzen. Europa habe sehr gute Standards, um die Menschenrechte zu überwachen. So habe der Europarat sehr scharfe Instrumente und Standards fürs Monitoring der Menschenrechte. "Wir legen strenge Maßstäbe bei uns an und nehmen uns das Recht heraus, diese auch bei unseren Partnern anzulegen", so Gusenbauer abschließend. 
   

Hagenhofer: Menschenrechte und Wirtschaft bedingen einander
SPÖ-Menschenrechtssprecherin Marianne Hagenhofer konnte zahlreiche ReferentInnen und ZuhörerInnen zur hochkarätig besetzten SPÖ-Enquete "Menschenrechte und Wirtschaft" im Parlament begrüßen. Darunter eben Bundeskanzler Alfred Gusenbauer, Sozialminister Erwin Buchinger, den Leiter des Ludwig Boltzmann-Institutes für Menschenrechte, Hannes Trettner, den Präsidenten der Arbeiterkammer, Herbert Tumpel, den Generalsekretär der Wirtschaftskammer, Reinhold Mitterlehner sowie Heinz Patzelt von Amnesty International, Österreich und Karl Jung, Generalsekretär der OMV. "Menschenrechte und Wirtschaft schließen einander nicht aus, sondern bedingen einander", erklärte Hagenhofer in ihrem Eröffnungsstatement zur Verantstaltung.

Anregung für die Enquete waren für Hagenhofer die Exporterfolge österreichischer Unternehmen und eine Analyse der Wirtschaftskammer, in der festgehalten wurde, dass sechs von zehn Euro im Export verdient werden. "Wenn österreichische Unternehmen so erfolgreich sind, dann sollten sie dies nutzen, das Thema Menschenrechte in die Welt hinauszutragen und andere Länder dafür zu sensibilisieren", forderte Hagenhofer. Menschenrechte seien ein Konfliktthema, von dem die Politik auch bei Staatsbesuchen immer wieder konfrontiert wird.

Im Zuge der Globalisierung gebe es stark veränderte Bedingungen und verschiedene Instrumente um Menschenrechte zu garantieren. Entsprechende Prüfungsmechanismen seien durch Standards, die die Vereinten Nationen oder die Europäische Konvention der Menschenrechte vorgeben, gegeben. Jedoch müssten die Standards weiter ausgebaut werden und noch wirksamere Durchsetzungsmechanismen installiert werden, so Hagenhofer. Bei einigen Staaten stoßen die herkömmlichen Instrumente an ihre Grenzen oder gehen ins Leere, weil die ökonomische Ausbeutung von Rohstoffen im Vordergrund stehe.

Die SPÖ-Menschenrechtssprecherin fordert daher verstärkt Corporate Social Responsibility von Unternehmen zu fördern: Unternehmen verpflichten sich damit, Menschenrechte und ArbeitnehmerInnenrechte bei internationalen wirtschaftlichen Beziehungen einzuhalten. Sie übernehmen auch Haftungen bei Einhalten der sozialen und ökologischen Grundsätze. "Es handelt sich dabei nicht um verbindliche Normen, aber sie bringen unternehmerisches Handeln mit sozialer Verantwortung." Corporate Social Responsibility bringe für die Unternehmen auch ökonomische Vorteile. Denn kein Unternehmen könne sich einen Imageschaden etwa durch "Kinderarbeit" leisten, setzte sich Hagenhofer für derartige Richtlinien ein.

Zur Schwierigkeit der Einhaltung von Menschenrechten und wirtschaftlichen Beziehungen bei Staaten, die nicht die Lebensbedingungen und das Lohnniveau Österreichs aufweisen können, hielt Hagenhofer fest: "Willy Brandt oder Bruno Kreisky haben in Zeiten des Kalten Krieges den Grundsatz 'Wandel durch Annäherung' geprägt, für die heutige globalisierte Zeit gilt: 'Wandel durch ökonomische Verflechtung'." Die SPÖ-Menschenrechtssprecherin erinnerte abschließend, dass nicht nur der Staat und die Unternehmen, sondern auch die KonsumentInnen es in der Hand haben, dass Menschenrechte eingehalten werden.

 

 Mitterlehner: Einhaltung der Menschenrechte unterstützt Erfolg der Unternehmen
Corporate Social Responsibility - ein richtiger Lösungsansatz auf nationaler und internationaler Ebene
Wien (pwk) - "Unternehmen sind wirtschaftlich langfristig erfolgreicher, wenn soziale Verantwortung und Menschenrechte eingehalten werden." Davon zeigte sich Reinhold Mitterlehner, Stv. Generalsekretär der Wirtschaftskammer Österreich, bei der hochrangigen Enquete "Menschenrechte und Wirtschaft" im Parlament überzeugt. Er verwies in seinem Impulsreferat auf den steigenden Druck der Medien und Konsumenten, die sehr sensibel auf Umweltzerstörung und Missachtung der Menschenrechte im Wirtschaftskreislauf reagieren. "Da dadurch das Kaufverhalten entsprechend beeinflusst wird, liegt es im Eigeninteresse des Unternehmens langfristige Initiativen im sozialen und ökologischen Bereich zu setzen", so Mitterlehner.

Dies betreffe vor allem international tätige Unternehmen, die auch mit Ländern und Regionen Geschäfte abwickeln, wo Menschenrechtsverletzungen noch häufiger vorkommen als in unseren Breiten. Auch wenn der österreichische Außenhandel sehr stark auf Europa konzentriert sei und nur rund 20 % des Exporterfolges in Übersee lukriert, sei Österreichs Wirtschaft durchaus vom Spannungsfeld zwischen Wirtschaft und Menschenrechten betroffen. Einige Fälle österreichischer Beteiligungen an internationalen Bauprojekten, die ins Kreuzfeuer der Kritik gelangt sind, würden dies deutlich belegen.

Auf internationaler Ebene könnten menschenrechtliche Probleme durch das Voranschreiten der Globalisierung zB durch umfangreiche Regulierungen wie über die WTO und GATT gelöst bzw. verbessert werden. Allerdings mit dem Negativeffekt von hoher Bürokratie, und Überregulierung, über die Unternehmen und Konsumenten jetzt schon klagen. Auch internationale Gerichtsverfahren würden in der Regel sehr lange dauern und könnten nur Einzelfälle behandeln. "Deshalb sehe ich in CSR, der Corporate Social Responsibility, einen sehr guten Lösungsansatz, bei der sich Unternehmen freiwillig zur gesellschaftlicher Verantwortung über die gesetzlichen Standards hinaus verpflichten - allerdings nur wenn es richtig gemacht wird", fügte Mitterlehner hinzu. CSR solle dazu dienen die Unternehmensstrategie neu zu ordnen und nicht bereits Gemachtes als PR-Gag zu verkaufen.

Eines stehe, laut Mitterlehner, für Österreichs Wirtschaft fest: Menschen-, Grund- und Freiheitsrechte sind Eckpfeiler der sozialen Marktwirtschaft. "Die heimische Wirtschaft ist sich ihrer großen Verantwortung bewusst und wird am Prozess zur Einhaltung der Menschenrechte weiter mitwirken."
 

Wir übernehmen hier Stellungnahmen aller im Parlament
vertretenen Parteien – sofern vorhanden! Die Redaktion

 
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