Wien: Kirchliche Pädagogische Hochschule nimmt Lehrbetrieb auf  

erstellt am
19. 09. 07

Insgesamt werden rund 900 angehende Lehrerinnen und Lehrer an den drei Standorten Wien-Strebersdorf, Wien-Gersthof und Krems studieren
Wien (stephanscom.at) - Die neue kirchliche Pädagogische Hochschule in Wien nimmt am 1. Oktober mit der "Gründungsfeier" ihren Betrieb auf. Insgesamt werden rund 900 Studentinnen und Studenten an den drei Standorten Wien-Strebersdorf, Wien-Gersthof und Krems (Niederösterreich) inskribieren und mit einem "Bachelor of Education" (BEd ihre Ausbildung zum Volks-, Haupt-, Sonderschul- oder Religionslehrer abschließen können. Für das kommende Semester liegen bereits mehr als 300 Anmeldungen vor. Durch die Fusionierung von acht pädagogischen Einrichtungen zur neuen Hochschule wird die Wiener kirchliche Hochschule zur größten Lehrerausbildungsstätte Österreichs, wie die Rektorin der Hochschule, Ulrike Greiner, bei einer Pressekonferenz am Dienstag in Wien mitteilte.

Wie Greiner betonte, stellt die neue Hochschule ein "in Europa einzigartiges ökumenisches Projekt" dar, weil es gelungen sei, fünf christliche Konfessionen in ein gemeinsames neues Konzept der Lehrerausbildung zu integrieren. Mit der katholischen Kirche sind die evangelische Kirche, die orthodoxen Kirchen, die orientalisch-orthodoxen Kirchen und die altkatholische Kirche an dem Projekt beteiligt.

Neben einer fundierten fachwissenschaftlichen Vermittlung zielt die Ausbildung laut Greiner insbesondere auf die Förderung eines "verstärkten problemlösenden Denkens", auf die politische Bildung sowie auf eine umfassende Persönlichkeitsbildung. Diese drei "Kernkompetenzen" stellen laut Greiner das Anforderungsprofil an die zukünftigen Generationen der Lehrkräfte dar.

Zu den Neuerungen des Ausbildungskonzepts gehöre weiterhin eine "starke Modularisierung" der Ausbildungsgänge, so die Rektorin. Mit dieser "Modularisierung" der Ausbildung erfülle die Hochschule eine Auflage des Hochschulgesetzes. Auch biete die Modularisierung die Möglichkeit, eine engere Anbindung zu den staatlichen Universitäten zu finden. Von Seiten der Universitäten sei bereits Interesse an einer engeren Kooperation signalisiert worden. Kooperationsverträge bestehen laut Greiner bereits mit der Pädagogischen Hochschule Schwäbisch-Gmünd zur Grundschulausbildung sowie mit der Pädagogischen Hochschule Zentralschweiz in Luzern zur Politischen Bildung. "Themengebundene Kooperationen" dieser Art sollen in den kommenden Jahren verstärkt werden. Eine enge Kooperation bestehe außerdem bereits mit der Universität Wien im Bereich der Hochschuldidaktik.

Neben dem Regelstudium bietet die Hochschule Weiterbildungsangebote für Lehrerinnen und Lehrer aller Schultypen. Auch in diesem Bereich wolle man "neue Maßstäbe setzen" und so "in drei bis fünf Jahren" eine "anerkannte Hochschule" sowohl im Bereich der Lehrerausbildung wie auch der Fortbildung von Lehrpersonal werden, betonte Ulrike Greiner. Die gezielte Evaluation des Lernerfolgs unter den Studenten soll helfen, dieses Ziel zu erreichen.

Als "wagemutiges Projekt gegen den europaweiten Trend in der Ökumene" bezeichnete die Vizerektorin des Hochschule, Helene Miklas, die neue kirchliche Pädagogische Hochschule. Während man sich andernorts in "Differenz- statt in Konsensökumene" übe, habe man in Wien bewusst den interkonfessionellen Dialog im Bereich der neuen Lehrerausbildung auf akademischem Niveau gesucht. Dies sei "nicht naiv", so Miklas, sondern entspreche dem zentralen Anliegen der Hochschule, die Ausbildung der eigenen Identität der Studierenden über die "bewusste Auseinandersetzung mit dem Anderen" auch in religiösen Belangen zu fördern. Rund 10 Prozent des Lehrplans für die Religionslehrerausbildung seien daher interkonfessionell angelegt. Gemeinsam verlaufe die Ausbildung in den humanwissenschaftlichen Fächern, getrennt hingegen in den konfessionell gebundenen Fächern wie Theologie, Fachdidaktik.

Das gemeinsame Lernen soll darüber hinaus eine "grundlegende Offenheit für den Anderen" fördern. Dies gehöre nicht nur zur "Kernkompetenz" von Religionslehrkräften, sondern müsse als zukünftige Kompetenz aller Lehrerinnen und Lehrer angesehen werden. Damit steht die Hochschule laut Miklas "ganz im Geist einer aufgeklärten christlichen Perspektive". "Modellhaft" könne dieses ökumenische Lernkonzept gerade darin werden, dass "Individualität und Verschiedenheit" in einer neuen Weise verbunden werden, so Miklas.

Ebenfalls "angedacht" ist laut Miklas eine intensive Beschäftigung und ein pädagogischer Austausch mit dem Islam. Hier gebe es bereits eine "lange Tradition" des Austauschs, doch müsse dieser in Zukunft an die neue Struktur der Lehrpläne der Hochschule angepasst werden. Angedacht seien u.a. gemeinsame Module zum Thema "Feste und Feiern in den Weltreligionen".

Die Ausbildung der Religionslehrkräfte wird fortan insbesondere in Wien-Strebersdorf und Wien-Gersthof stattfinden. Während in Wien-Strebersdorf die humanwissenschaftlichen Fächer sowie die interkonfessionellen Lehreinheiten unterrichtet werden, werden die konfessionsgebundenen Fächer jeweils in Wien-Gersthof, Wien-Strebersdorf sowie an einem Standort der orthodoxen Kirche stattfinden. In Krems kann die gesamte allgemeine Pflichtschullehrerausbildung absolviert sowie katholische Religion als Zweitfach für Hauptschullehrer belegt werden. Das Fortbildungszentrum wird im Curhaus am Stephansplatz 3 beheimatet sein.

Die kirchliche Pädagogische Hochschule in Wien vereint unter einem institutionellen Dach acht bisher selbständige Institutionen: Die Pädagogische und die Religionspädagogische Akademie der Erzdiözese Wien sowie das Pädagogische und das Religionspädagogische Institut der Erzdiözese, weiters die Pädagogische Akademie und das Religionspädagogische Institut der Diözese St. Pölten sowie die Religionspädagogische Akademie und das Religionspädagogische Institut der Evangelischen Kirche in Österreich.

Die Gründungsfeier der neuen kirchlichen Pädagogischen Hochschule findet am 1. Oktober ab 14 Uhr im Festsaal des Campus Wien-Strebersdorf statt. Kardinal Christoph Schönborn, der St. Pöltner Diözesanbischof Klaus Küng, der griechisch-orthodoxe Metropolit Michael Staikos, der armenisch-apostolische Erzbischof Mesrob Krikorian und der evangelisch-lutherische Bischof Herwig Sturm werden die Hochschule gemeinsam segnen.

Informationen: http://www.kphvie.at
 
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