Debatte über Bleiberecht und Flüchtlingsabschiebungen / Fall Zogaj  

erstellt am
11. 10. 07

 Jarolim: Politik mit Herz machen
Es sollte ein gemeinsames Anliegen sein, die Situation zu verbessern
Wien (sk) - "Mit demokratischer Herzlosigkeit kann man keine Politik machen", erklärte SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim am 10.10. im Rahmen der dringlichen Debatte zum Thema "Bleiberecht". Warum der 2005 im Nationalrat beschlossene und beantragte Bundesasylgerichtshof bis heute nicht realisiert worden ist, fragte Jarolim in Richtung Schüssel. Die gesamte Situation sei "unakzeptabel", es "sollte uns ein gemeinsames Anliegen sein, die Situation zu verbessern".

Im Falle der Familie Zogaj habe "Integration im besten Sinne des Wortes" stattgefunden, attestierte der Justizsprecher. Dass die Familie 10.000 Euro an Schlepper bezahlt habe um nach Österreich zu kommen, zeige erst recht "wie groß die Not war", so Jarolim. "Wir wollen keine Verbrecher, aber ein humanes Bleiberecht". Abschließend appellierte Jarolim an alle Abgeordneten, "die Herzen sprechen zu lassen - auch in der Politik - und eine menschliche Lösung zu finden".

 

Schüssel: Wer Asyl braucht, wird es auch in Zukunft bekommen…
…wer zuwandern will, für den gibt es klare Richtlinien – Ein klares Ja zu Minister Platter, er hat unser Vertrauen
Wien (övp-pk) - "Ich bin stolz, Österreicher zu sein - und das aus guten Gründen, denn dieses Land hat seit 1945 zwei Millionen Flüchtlinge aufgenommen. Das stellte ÖVP-Klubobmann Dr. Wolfgang Schüssel bei der Debatte über den Dringlichen Antrag in Richtung des Grünen Chefs Alexander Van der Bellen fest. Dieser hatte vorige Woche anlässlich einer Demonstration laut einem "Kurier"-Bericht erklärt, er schäme sich, hier Österreicher zu sein.

Österreich habe etwa 180.000 Ungarn, rund 160.000 Tschechen und Slowaken, 30.000 Polen, 90.000 Bosnier, 13.000 Kroaten und mehr als 5.000 Kosovo-Albaner aufgenommen. Fast alle seien in ihre Heimat zurückgegangen oder hätten um Zuwanderung in Drittländer ersucht. "Ich lasse uns nicht vorwerfen, dass Österreich nichts getan hat", so Schüssel, der unter anderem auf den Kosovo, wo etwa 17.000 meist europäische Soldaten vor Ort seien, um Frieden zu schaffen. Über eine Milliarde Euro seien von der EU an Wirtschaftshilfe in den Kosovo geflossen, "damit dort keine Ruinen sind, sondern - wie auch bei uns nach 1945 - wieder etwas entsteht". Österreich habe immer geholfen, wenn es um Notsituationen gegangen ist, und daran werde sich auch nichts ändern.

Wesentlich sei in diesem Zusammenhang auch die Treffergenauigkeit. "Es geht darum zu unterscheiden, was Asyl und was Zuwanderung ist. Asyl ist ein heiliges Recht", so der Klubobmann. Wenn man beispielsweise wegen einer Kriegssituation fliehen müsse, habe man ein Recht, in demokratischen Ländern um Aufnahme zu bitten, es gebe dann ein rechtsstaatliches Verfahren. Aber es gehe nicht an, unter einem Deckmantel Asyl zu suchen und einfach illegal zuwandern zu können. Doch genau darum handle es sich bei dem Anlassfall der Familie Zogaj.

Das Argument, dass die Verfahren oftmals zu lange dauern, sei berechtigt. Wenn aus einem Verschulden der Behörde das Verfahren zu lange dauert, sollte man gemeinsam mit dem Landeshauptmann und dem Bürgermeister eine menschliche und gute Lösung finden. "Aber in diesem konkreten Fall trifft das überhaupt nicht zu", erinnerte der Klubobmann daran, dass Herr Zogaj zwei Jahre nach dem Krieg im Mai 2001 illegal mit Schleppern nach Österreich gekommen sei. Ein Jahr später hatte er bereits einen negativen Asylbescheid und wusste, dass er nicht bleiben kann. Das habe ihn aber nicht daran gehindert, die ganze Familie mit fünf Kindern illegal nachzuholen. Diese Vorgangsweise sei "unzumutbar". Drei Monate, nachdem die Familie in Österreich war, habe diese bereits einen ablehnenden Asylbescheid erhalten, 2003 sei bereits der Ausweisungsbescheid vorhanden gewesen. Die Vorgangsweise im Fall Zogaj sei "nicht fair" und nicht gut gegenüber jenen, die zu Recht Asyl beantragen.

Zur Kritik an Innenminister Günther Platter meinte Schüssel, es sei immer leicht, einen Sündenbock zu suchen. Und speziell zu SPÖ-Klubobmann Josef Cap gewandt: "Woran ist der Minister schuld - an einem Gesetz, das wir 2005 mit breitester Mehrheit - auch der Stimme der SPÖ und jener des damaligen SPÖ-Klubobmanns Gusenbauer - beschlossen haben?" Platter sei damals nicht einmal Verhandlungsführer gewesen. "Ist er schuld, dass Gesetze eingehalten werden? Ist der Vollzug eines Gesetzes, das durch sechs Instanzen gegangen ist und meist von unabhängigen Richtern entschieden wurde, grauslich? Und ist der Bezirkshauptmann von Vöcklabruck, der der Familie noch einige Monate für die Vorbereitung für die Rückkehr Zeit gegeben hat, auch grauslich?", so Schüssel. Er verwies in diesem Zusammenhang darauf, was alles über den Minister gesagt werde: Hier gebe es Vergleiche mit "Nero" oder "Erich Honecker/DDR" und den Ausdruck "Abschiebeterror", appellierte der Klubobmann an die Abgeordneten, hier Fairness walten zu lassen. "Die Volkspartei sagt ein klares Ja zu Minister Platter, er hat unser Vertrauen."

Es werde so getan, als ob plötzlich eine Aktion scharf eingesetzt würde, so Schüssel weiter, der das mit einigen Zahlen widerlegte. Aufgrund des Fremdenpaketes gebe es einen Rückgang der Asylanträge von 40.000 auf 7.600. Die Zahl der humanitären Entscheidungen ist gestiegen. Die Zahl der Schubhäftlinge ist seit 2001 von 17.000 auf 4.600 zurückgegangen, die Abschiebungen seit 1997 (12.000) auf nicht einmal 2.000.

"Wer Asyl braucht, wird es auch in Zukunft bekommen, wer zuwandern will, für den gibt es klare Richtlinien", schloss Schüssel.

 

 Strache bekräftigt freiheitliches Nein zum Bleiberecht
Rechtsstaat würde ad absurdum geführt
Wien (fpd) - FPÖ-Bundesparteiobmann HC Strache bekräftigte am 11.10. das entschiedene Nein der Freiheitlichen zum Bleiberecht. Unrecht dürfe nicht per Dekret zu Recht werden. Jetzt ein Bleiberecht einzuführen wäre zudem eine nicht zu akzeptierende Anlassgesetzgebung, betonte der FPÖ-Obmann.

Asyl bedeute Schutz auf Zeit, und zwar für wirklich verfolgte Personen. Ein Bleiberecht hingegen wäre gleichbedeutend mit einem Recht auf Einwanderung, und zwar primär für jene Personen, die es mit allerlei Tricks und Kniffen und mit Unterstützung der NGO-Industrie verstanden hätten, ihr Verfahren jahrelang zu verschleppen, meinte Strache. Wer falsche Angaben gemacht und so sein Verfahren verzögert habe, werde durch ein Bleiberecht quasi belohnt. Dies führe den Rechtsstaat ad absurdum.

Statt einer absurden Diskussion über ein Bleiberecht müssten zur Verfahrensverkürzung neue gesetzliche Regelungen geschaffen und Verfahrensverschleppungen durch das Schließen von Gesetzeslücken verhindert werden, betonte Strache. Ein klares Neuerungsverbot müsse außerdem verhindern, dass Verfahren mit immer neuen Argumentationsketten in die Länge gezogen würden.

 

 Scheibner: Den Grünen geht es nur um politische Agitation
Asyl für alle, die es wirklich brauchen, aber ein klares Nein für alle, die das Asylrecht mißbrauchen
Wien (bzö) - "Was hier durch Medieninszenierung, durch Politagitation aufgeführt worden ist, das findet kaum ein weiteres Beispiel in den letzten Jahren. Eigentlich interessiert weder Van der Bellen, noch die Grünen im Allgemeinen, was im Kosovo wirklich passiert, sondern den Grünen geht es nur um politische Agitation", meinte heute der Klubobmannstellvertreter des Parlamentsklubs des BZÖ Abg. Herbert Scheibner in der NR-Sondersitzung. "Mit Vorlesungen werden Sie keine Probleme im Kosovo und in Österreich lösen, aber das wollen Sie im Grunde ja gar nicht. Sie dümpeln lediglich politisch irgendwo herum und wollen mit emotional aufgebauten Kampagnen Stimmung machen", so Scheibner in Richtung Grünen-Chef Van der Bellen.

Die gestrige Demonstration der Grünen habe wahrscheinlich eine Menge Geld gekostet, aber damit hätten die Grünen keinen Kosovo-Flüchtling geholfen und auch keinem Asylanten hier in Österreich. "Die Grünen wollten sich damit nur selber helfen, das ist aber der falsche Weg. Sie sollten lieber für die Österreicher Politik machen und nicht nur linke Agitation mit irgendwelchen Sozialutopien", meinte Scheibner.

Im weiteren Verlauf seiner Rede, zitierte Scheibner aus einem offenen Brief aus der heutigen "Kronen Zeitung" von Schwester Johanna Schwab vom Orden Vinzenz von Paul, die durch jahrelange Hilfstätigkeit im Kosovo das Land und die Menschen kennt. In diesem Brief appelliert sie sehr bewegten Worten an Arigona, ihr beim Wiederaufbau in ihrer Heimat zu helfen. "Dies ist unsere Verantwortung, daß wir den Menschen und den Kindern, die in Problemregionen wohnen, eine Zukunft in ihrer eigenen Heimat geben. Sie nicht einladen und auffordern, tausende Euro an Schleppern zu zahlen, um nach Österreich zu kommen, wo sie keine Zukunft haben können", stellte Scheibner fest.

"Diese Familienmitglieder waren keine Kriegsflüchtlinge, denn sie sind über Schlepperorganisationen illegal nach Österreich eingereist. 10.000 Euro hat diese Familie an die Schlepper gezahlt - an die Mafia. Mit diesem Geld hätte diese Familie nicht nur ihr Haus im Kosovo aufbauen können, sondern eine ordentliche Existenz aufbauen können. Ein Bleiberecht für alle, wie dies die Grünen wollen, ist eine Einladung an alle. Das ist unverantwortlich", kritisierte Scheibner.

"Wir haben immer die Einrichtung eines Asylgerichtshofes verlangt, die Einsetzung eines solchen ist bis jetzt leider nicht gelungen", meinte Scheibner, der in diesem Zusammenhang einen Entschließungsantrag einbrachte, indem die Bundesregierung ersucht wird, dem Nationalrat bis 15. November 2007 - unabhängig von einer allfälligen Verfassungsreform - Gesetzesentwürfe zur Schaffung eines Bundesasylgerichts als zweite Instanz in Asylsachen und zur Straffung der Asylverfahren auf eine Gesamtdauer von maximal einem Jahr zu übermitteln, um eine durch den Verfassungsgerichtshof drohende undifferenzierte Legalisierung von Asylwerbern wegen langer Verfahrensdauer jedenfalls zu vermeiden.

"Asyl für alle, die es wirklich brauchen, aber ein klares Nein für alle, die das Asylrecht mißbrauchen. Das ist Rechtsstaat", schloß Scheibner.
 

Wir übernehmen hier Stellungnahmen aller im Parlament
vertretenen Parteien – sofern vorhanden! Die Redaktion

 
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