30 Jahre altes Rätsel gelöst  

erstellt am
11. 10. 07

ÖAW-Physiker leisten einen wichtigen Beitrag zur Bestätigung der Theorie der starken Wechselwirkung.
Wien (öaw) - Eine österreichisch-japanische Forschungsgruppe mit maßgeblicher Beteiligung des Stefan-Meyer-Instituts für subatomare Physik (SMI) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) konnte ein seit rund 30 Jahren bestehendes Problem der starken Wechselwirkung zwischen Antikaon und Helium-4 Kern lösen. Das Ergebnis wurde im September in der Fachzeitschrift *Physics Letters“ (Physics Letters B 653 (2007) 387-391) publiziert.

Die starke Wechselwirkung ist eine der vier Grundkräfte der Natur und ist beispielsweise für den Zusammenhalt der Atomkerne verantwortlich. Die Frage der starken Wechselwirkung von K-Mesonen (mittelschwere Teilchen bestehend aus 2 Quarks) mit Atomkernen beschäftigt die Physiker seit langem. Experimente, die in den Jahren zwischen 1971 und 1983 durchgeführt waren worden, deuteten - in Diskrepanz zur theoretischen Beschreibung - auf eine große Stärke der Wechselwirkung zwischen Antikaonen (den leichtesten Elementarteilchen, die ein strange-Quark enthalten) und den aus up- und down-Quarks bestehenden Nukleonen im Atomkern hin. Jetzt aber konnte diese Diskrepanz durch Messergebnisse am japanischen Teilchenbeschleuniger KEK (Tsukuba) geklärt werden. *Neuartige Detektoren (SDD, silicon-drift Detektoren) haben es ermöglicht, Röntgenspektren zur Überprüfung der starken Wechselwirkung ausreichend präzise zu messen“, erklärt Eberhard Widmann, Direktor des SMI, der mit seinen Kollegen Johann Marton, Johann Zmeskal und Paul Kienle an diesem Experiment beteiligt war.

Die Physiker untersuchten kaonisches Helium, ein künstlich hergestelltes Atom, bei dem ein Elektron durch das tausendfach schwerere, negativ geladene Antikaon ersetzt wird. Gemessen wurden minimale Energieunterschiede beim so genannten 3d-2p Röntgenübergang innerhalb des Antikaon-Helium 4-Systems. *Bei den älteren Experimenten mit kaonischem Helium deuteten die Röntgenspektren immer auf eine unerklärlich hohe Verschiebung der Übergangsenergie vom elektromagnetischen Wert hin.

Die theoretische Beschreibung der starken Wechselwirkung zwischen Antikaon und Kern ist zwar bis heute nicht endgültig geklärt, die aktuellen Messergebnisse am KEK bestätigen aber in eindrucksvoller Weise das, was bis jetzt als gesichert gilt: Der Anteil der starken Wechselwirkung im Antikaon-Helium-System ist sehr, sehr gering; in erster Linie wirken hier elektrische Kräfte aufgrund des Ladungsunterschiedes, wie sie beispielsweise auch in chemischen Bindungen wirken. *Die Beharrlichkeit, Theorie und Experiment in Einklang zu bringen, hat sich gelohnt, denn dieses Ergebnis bringt uns dem Verständnis der starken Wechselwirkung bei niedrigsten Energien einen großen Schritt näher, “ freut sich das Team vom SMI.
 
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