Demokratie soll für Kinder und Jugendliche erlebbar gemacht werden   

erstellt am
25. 10. 07

NR-Präsidentin Prammer eröffnet "Demokratiewerkstatt" im Parlament
Wien (pk) - Jeswin bereitet sich auf seine beiden InterviewpartnerInnen vor. Inzwischen richtet Patrick die Kamera ein und Ivo kontrolliert den Ton. Jenny und Philipp geben letzte Regieanweisungen. In zwei Minuten wird Jeswin die Abgeordneten Laura Rudas und Gernot Darmann fragen, wie sie in die Politik gekommen sind und ob das schon immer ihr Berufswunsch gewesen ist. Parallel dazu interviewt Conny in Studio 2 Andrea Eder-Gitschthaler und Manfred Haimbuchner, später ist Sabine Mandak an der Reihe.

Jeswin, Conny, Ivo, Patrick, Jenny und Phillip besuchen alle die 4c der AHS Friesgasse und gehören wie die SchülerInnen der 4a der Volksschule Josefinum in der Breitenseer Straße zu den ersten TeilnehmerInnen der neu eingerichteten "Demokratiewerkstatt" im Parlament, die von Nationalratspräsidentin Barbara Prammer am 25.10. offiziell eröffnet wurde. Während die SchülerInnen des Gymnasiums zunächst eifrig im Internet recherchieren und später die Interviews mit den ParlamentarierInnen schneiden, versuchen die Zehnjährigen mit Hilfe von Spielekarten, Kinderlexika und Fragen an Erwachsene herauszufinden, was Meinungsfreiheit ist und was eine Pressekonferenz oder was die Nationalratspräsidentin eigentlich tut.

Generelles Ziel der Demokratiewerkstatt ist es, Kindern und Jugendlichen zwischen 8 und 14 parlamentarische und politische Strukturen verständlich zu machen, Selbstartikulation zu fördern und Medienkompetenz zu vermitteln. Je nach gewähltem Modul können sowohl Schulklassen als auch EinzelteilnehmerInnen Zeitungs- und Videobeiträge gestalten, sich in Form einer Expedition durch das Hohe Haus auf die Spur eines Gesetzes begeben, spielerisch Meinungsbildungsprozesse durchlaufen oder mit Abgeordneten und anderen ExpertInnen diskutieren.

In einer gemeinsamen Pressekonferenz des Präsidiums des Nationalrats und des Bundesrats zeigte sich Nationalratspräsidentin Barbara Prammer über den Start der "Demokratiewerkstatt" erfreut. Es sei ihr ein besonderes Anliegen gewesen, das Parlament für Kinder und Jugendliche weiter zu öffnen und in den Bereich der Demokratievermittlung mehr Qualität hineinzubringen, betonte sie. Die Kinder und Jugendlichen sollten, wenn sie aus dem Parlament hinausgehen, "ein Stück österreichische Demokratie mitnehmen". Im "Vollbetrieb" werden täglich bis zu 120 Kinder und Jugendliche an den einzelnen Workshops der Demokratiewerkstatt teilnehmen können.

Generell bezeichnete Prammer die "Demokratiewerkstatt", in die auch viele externe Expertinnen und Experten eingebunden waren und sind, als "work in progress". Neben den einzelnen Werkstätten gehören zum Projekt etwa auch eine eigene Parlamentswebsite für Kinder und Jugendliche und eine Weiterentwicklung der Kinderführungen. Gleichzeitig wurden vier Maskottchen kreiert und eine Professionalisierung des Jugendparlaments in Angriff genommen. Gerade im Hinblick auf das "Wählen mit 16" sei es wichtig für Jugendliche zu wissen, wie Politik funktioniere und wie man sich selbst einbringen könne, unterstrich Prammer.

Zweiter Nationalratspräsident Michael Spindelegger begrüßte den Versuch, junge Leute für Politik zu interessieren und zu begeistern. Junge Leute hätten einen ganz anderen Zugang zur Politik und zur Demokratie, wenn man sie ernst nehme und sie viel ausprobieren lasse, erklärte er. Den spielerischen Zugang zur Politik könnte man, so Spindelegger, etwa auch durch ein Demokratiespiel fördern, überdies will er das Thema EU in die Demokratiewerkstatt miteinbezogen wissen.

Bundesratsvizepräsident Jürgen Weiss machte aus der Sicht des Föderalisten auch auf die parlamentarischen Prozesse außerhalb des Hohen Hauses aufmerksam. So sah er in der neuen "Demokratiewerkstatt" die "Spitze eines Eisbergs" und plädierte für die Zusammenarbeit zwischen Parlament, Landtagen und Rathäusern, um die auch in Ländern und Gemeinden vorhandenen Ansätze politischer Teilnahme Jugendlicher zeitgemäß weiter zu entwickeln.

Die Dritte Nationalratspräsidentin Eva Glawischnig-Piesczek hielt es für wichtig, den Kindern und Jugendlichen den Wert der Demokratie zu vermitteln. Die Demokratie sei auch in Österreich mit vielen blutigen Opfern erkämpft und verteidigt worden und sei auch heute noch für viele Menschen weltweit keine Selbstverständlichkeit. Ebenso wichtig sei es, Jugendliche zum kritischen Umgang mit den Medien hinzuführen.

Bundesratsvizepräsidentin Anna-Elisabeth Haselbach möchte Kinder und Jugendliche in der "Demokratiewerkstatt" lernen lassen, Machtstrukturen zu durchschauen, realistisch einzuschätzen und sich selbst in die Politik einzubringen. Dabei sollen sie erfahren können, dass es nicht schlecht sei, wenn andere Menschen eine andere Meinung haben und man Kompromisse schließen müsse - das gehöre zur Demokratie.

Die Demokratiewerkstatt
Konkret können die Acht- bis Vierzehnjährigen im Rahmen der Demokratiewerkstatt zwischen vier Werkstätten wählen: der politischen Werkstatt, der Medienwerkstatt, der Werkstatt mit ParlamentarierInnen und der Partizipationswerkstatt, wobei die dafür gewählten Themenschwerpunkte "Auf der Spur eines Gesetzes", "Manipulation durch Information", "Sind Gesetze für alle da?" sowie "Meine Meinung zählt!" lauten. Allen Werkstätten gemein ist, dass am Ende ein von den Kindern und Jugendlichen erarbeitetes "Produkt" steht, das auf der neu eingerichteten Parlamentswebsite für Kinder und Jugendliche http://www.demokratiewebstatt.at veröffentlicht wird. Wer einen der vier Workshops besucht, kann sich das in einem eigenen Demokratiewerkstatt-Pass bestätigen lassen.

Angesiedelt ist die "Demokratiewerkstatt" im Palais Epstein. Die einzelnen Workshops dauern rund vier Stunden und werden von Spiel- und MedienpädagogInnen betreut. Anmeldungen sind via E-Mail unter demokratiewerkstatt@parlament.gv.at möglich. Montag bis Freitag Vormittag sind für Schulklassen reserviert; EinzelteilnehmerInnen haben jeden ersten Samstag im Monat von 13.30 bis 17.30 Uhr die Möglichkeit, einen Workshop zu besuchen. Die Teilnahme an den einzelnen Werkstätten ist kostenlos. Nähere Informationen dazu auf der Website des Parlaments (http://www.parlament.gv.at) bzw. auf der Website www.demokratiewebstatt.at.

Wer vorab schon einmal schnuppern will, hat dafür am morgigen Nationalfeiertag Gelegenheit. Für alle Interessierten werden 30-minütige Kurzworkshops angeboten, ein Einstieg ist jederzeit möglich.

Im Rahmen der Eröffnung der "Demokratiewerkstatt" wird Nationalratspräsidentin Prammer heute im Palais Epstein in Anwesenheit von Bundespräsident Heinz Fischer auch die vier neuen Parlamentsmaskottchen für Kinder und Jugendliche enthüllen und die Parlamentswebsite für Kinder und Jugendliche freischalten.
 
zurück