Im Keller. Österreich im Zeichen des Luftschutzes  

erstellt am
23. 11. 07

21. November 2007 bis 25. Mai 2008 im Heeresgeschichtlichen Museum Wien
Wien (hgm) - Das Heeresgeschichtliche Museum beleuchtet im Rahmen einer neuen Sonderschau die Geschichte des Luftschutzes in Österreich. Die Ausstellung präsentiert mit über 100 Objekten neben einem historischen Rückgriff auf die Zeit des Ersten Weltkriegs und die Zwischenkriegszeit vor allem die Phase ab dem Beginn der intensiven Bombardierung der „Ostmark“ im August 1943 bis zum Kriegsende im Mai 1945.

Ein weiterer Ausstellungsschwerpunkt ist den Schutzeinrichtungen für die Zivilbevölkerung gewidmet. Um den Besucherinnen und Besuchern ein Gefühl für die Situation der Menschen von damals zu vermitteln, erinnert der Ausstellungsraum an das Innere eines Luftschutzbunkers bzw. -kellers.

Der historische Hintergrund
Die rasanten Entwicklungen im Flugzeugbau nach dem Ersten Weltkrieg veranlassten die Befürworter des Luftschutzes, Vorkehrungen gegen eine mögliche Bedrohung aus der Luft zu treffen. Während der 1. Republik wurde sowohl der Ausbau des aktiven (militärischen) als auch des passiven Luftschutzes (Errichtung von Schutzräumen, Organisation zur Vermeidung und Bekämpfung von Luftkriegsschäden aller Art) vorangetrieben. In Österreich wurden bereits Mitte der 30er Jahre überall kriegsmäßig Luftschutzübungen durchgeführt. 1935 wurde der Österreichische Luftschutzbund (ÖLB) gegründet.

Nach dem Anschluss 1938 wurden die Erfahrungen und die Organisation der österreichischen Luftschutzvorkehrungen vom Reichsluftschutzbund (RLB) übernommen. Seit 1940 wurde in Wien aufgrund des „Führer-Sofort-Programms“ mit dem Bau von bombensicheren Luftschutzbunkern begonnen. Nach den damaligen Gesichtspunkten waren diese Bauwerke modern eingerichtet und gegen chemische Kampfstoffe (Giftgase) gesichert. Im Verlauf des Krieges wurden auch die Keller der Wohnhäuser luftschutzmäßig ausgebaut. Die Bevölkerung wurde trainiert, unterirdisch zu überleben, ehe der Bombenkrieg 1943 tatsächlich Österreich erreichte.

Die amerikanischen Luftstreitkräfte der 15. US-Luftflotte flogen mit ihren Langstreckenbomber vom Typ „B 17“ und „B 24“ ihre Einsätze gegen die Gauhauptstadt Wien. Sie waren bemüht, mit ihren Präzisionsangriffen die Rüstungs- und Industrieanlagen zu zerschlagen. Dabei wurden aber auch Zivilpersonen getötet und Kulturbauwerke zerstört.

Die NS-Propaganda versuchte, die sich in die Keller und Bunker zurückziehende Bevölkerung zu einer Einsatz- und Durchhaltebereitschaft zu motivieren. Der Staat schüchterte aber auch gleichzeitig die gesamte zivile Gesellschaft ein. Rigorose Strafmaßnahmen verschärften zusätzlich den Druck, der auf der „Heimatfront“ lastete.

Seit 1943 wurden in Wien monumentale Flakfestungen, die paarweise errichteten Flaktürme, gebaut. In die Luftraumverteidigung des „Luftgaukommandos XVII“ wurden bald auch Schüler als Luftwaffenhelfer zu den Flakgeschützen und Schülerinnen als Nachrichtenhelferinnen einbezogen.

Die Feuerschutzpolizei, das Sanitätswesen, die Technische Nothilfe sowie sämtliche staatliche Institutionen waren dem Luftschutz verpflichtet. Eine wichtige Einrichtung im Kampf gegen die alliierten Luftangriffe war die Organisation des „Selbstschutzes“. Die „Hausgemeinschaft“, an deren Spitze der Luftschutzwart stand, war für die Sicherheit der eigenen Wohnhausanlage verantwortlich.

In der Praxis versuchte die Bevölkerung, den Bombenkrieg mit baulichen Maßnahmen und Disziplin zu überleben. Geübte Handgriffe, rasches Handeln und automatische Hilfsmaßnahmen haben bei der Schadensbegrenzung geholfen. Bereitgestellte Luftschutzutensilien und Vorräte waren unersetzlich. Angst und Verzweiflung, aber auch Misstrauen waren allgegenwärtig in den meist überfüllten Kellern, Bunkern und Stollen.

Die Bilanz des Bombenkrieges auf Wien: Bei 53 Luftangriffen in den Jahren 1944/45 wurden rund 9.000 Personen getötet und 30 % der Häuser zerstört. Neben dem menschlichen Leid und den Sachzerstörungen haben die Luftschläge der amerikanischen Bomberverbände aber auch wesentlich dazu beigetragen, den NS-Staat zu zerschlagen.

Zur Sonderausstellung erscheint ein Begleitband, der ab sofort im Museumsladen erhältlich ist.
Preis: EUR 12,-

Informationen: http://www.hgm.or.at
 
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