Plassnik zum Iran: "Weder Grund für Erleichterung noch Triumphgeheul"   

erstellt am
07. 12. 07

Außenministerin bei Fragestunde im Nationalrat
Wien (bmeia) - "Es ist zweifellos eine innen- wie außenpolitisch anspruchsvolle Mission, die von uns entsprechend sorgfältig und präzise vorbereitet wurde", erklärte Außenministerin Ursula Plassnik am 06.12. in der Fragestunde im Nationalrat zum österreichischen Tschad-Einsatz. "Wir helfen mit dieser EU-Überbrückungsmission den Menschen in der Region, nicht Frankreich", verwies Plassnik auf die klare Trennlinie zwischen der militärischen Präsenz Frankreichs und der EU-Mission. "An der überparteilichen und unparteiischen Vorgangsweise der EU gibt es keinen Zweifel. Ich habe mich bei der Ausarbeitung des Mandates bei unseren französischen Partnern nicht gerade beliebt gemacht. Sehr nachhaltig habe ich mich für die Klarstellung der politischen Rahmenbedingungen der Mission eingesetzt. Dazu gehören auch ihre strikte Unabhängigkeit, ihre klare zeitliche Begrenzung und ihre enge Verzahnung mit der UNO."

Die Ministerin verwies auf die "multidimensionale internationale Präsenz" im Tschad, die durch die Resolution 1778 (2007) des UNO-Sicherheitsrats geschaffen wurde und folgende Komponenten umfasst: die UNO-Mission (MINURCAT) zur Verbesserung der Sicherheit der Zivilbevölkerung und der Gewährleistung internationaler Menschenrechtsstandards, die ihrerseits die tschadische Polizeikraft zur Sicherung der Flüchtlingslager ausbilden wird, und die EU-Überbrückungsoperation, die ein sicheres Umfeld zur Rückkehr der Flüchtlinge und intern Vertriebenen und zur Durchführung der UNO-Mission schaffen soll.

"Der neue EU-Reformvertrag ändert nichts an unserer Neutralität", stellte Plassnik auf wiederholte Fragen zum künftigen Vertrag von Lissabon klar. "Österreich kann auch künftig nicht gezwungen werden, sich an einer militärischen Aktion der EU zu beteiligen. Das Bekenntnis zur gemeinsamen solidarischen Außenpolitik im Rahmen der EU und die Neutralität sind gleichermaßen Bestandteile unserer Bundesverfassung. Und das bleibt auch so".

Dasselbe gelte auch für den für Österreich so wichtigen Bereich der Wasserversorgung und des Managements der Wasserressourcen. "Hier bleibt es bei der Einstimmigkeit. Es kann und wird hier gegen unseren Willen keine Änderungen geben." Die Ministerin betonte auch die zusätzliche Absicherung durch den EU-Reformvertrag, der eindeutig die Zuständigkeit der Nationalstaaten für die Daseinsvorsorge klarstelle, worunter etwa auch die kommunale Wasserversorgung falle.

"Die Europäische Union ohne Kärnten will ich mir nicht vorstellen, Kärnten ohne die Europäische Union kann ich mir nicht vorstellen", erklärte Plassnik zu einer Frage nach der Unterschriftensammlung gegen den EU-Reformvertrag des BZÖ in Kärnten. Die Ministerin erinnerte daran, dass gerade Kärnten nach den Worten des Landesrates Josef Martinz ein "Europameister im Abholen von EU-Förderungen" sei und seit dem EU-Beitritt rund 1,9 Mrd. Euro an konkreter Unterstützung erhalten habe. "Der Zuspruch zur Unterschriftensammlung ist nicht überzeugend. Ich werde jedenfalls weiterhin geduldig und beharrlich die Kärntnerinnen und Kärntner über die EU und den neuen Reformvertrag informieren. Ich bin überzeugt, dass das entsprechend wahrgenommen wird."

Die Ministerin betonte die anhaltende internationale Besorgnis über die Natur des iranischen Atomprogramms. "Der jüngste Bericht der US-Geheimdienste ist weder Grund für Erleichterung noch für Triumphgeheul. Jetzt ist es wichtig, sich auf allen Seiten einen Ruck zu geben und endlich in eine Verhandlungssituation zu kommen. Ein paralleles Moratorium - ein Stopp der Urananreicherung und ein Einfrieren der Sanktionen - könnte den Weg zum Verhandlungstisch ebnen."

Auf die Entwicklung im Nahen Osten angesprochen, verwies die Ministerin auf den "Energieschub", den die Friedensbemühungen durch die Nahostkonferenz in Annapolis erlebt hätten: "Jetzt besteht die Möglichkeit für konkrete Fortschritte. Ein Friedensfahrplan, der alle Kernthemen umfasst, liegt auf dem Tisch. Der politische Wille dazu muss aber letztlich aus der Region kommen." Es bestehe allerdings die Gefahr, dass extremistische Kräfte versuchen könnten, solche Fortschritte zu untergraben, so Plassnik. Es sei daher gerade jetzt wichtig, engagiert zu bleiben und die Öffentlichkeit in der Region zu überzeugen. "Dafür habe ich mich in Annapolis besonders eingesetzt. Dabei ist es auch wichtig, die Frauen und die Jugend in der Region einzubeziehen. Wir brauchen eine breite und tragfähige Allianz aller Gemäßigten".

In diesem Zusammenhang verwies Plassnik auch auf das Follow-up zu der von ihr im Frühjahr organisierten Nahost-Frauenkonferenz: "Wir veranstalten Ende Jänner in Wien ein Medienseminar mit Journalistinnen aus der Region, wir fördern im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit in den palästinensischen Gebieten ganz konkrete Frauenprojekte, etwa im Gesundheitsbereich, und meine griechische Amtskollegin Dora Bakoyannis veranstaltet im Frühjahr eine Folgekonferenz."
 
zurück