Charta der Grundrechte   

erstellt am
12. 12. 07

Unterzeichnung und feierliche Proklamation durch die Präsidenten der Kommission, des Europäischen Parlaments und des Rates in Straßburg
Strassburg (euopa.eu) - Am 12.12. haben die Präsidenten der Kommission, des Europäischen Parlaments und des Rates die Charta der Grundrechte der Europäischen Union in Straßburg unterzeichnet und feierlich verkündet. Somit steht der morgigen Unterzeichnung des Vertrags von Lissabon nichts mehr im Wege. Mit der Charta verfügen die Unionsbürger über einen echten Katalog von Rechten, die für die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union sowie für die Mitgliedstaaten bei der Durchführung des Rechts der Union rechtsverbindlich sind. Damit kommt das europäische Einigungswerk einen wichtigen Schritt voran.

Anlässlich der Unterzeichnung der Charta erklärte der Präsident der Europäischen Kommission, José Manuel Barroso: „Mit der Unterzeichnung und der Proklamation der Charta bekunden die Präsidenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission öffentlich ihren festen Willen, die Charta für die Institutionen der Union rechtlich verbindlich zu machen. Die Rechte der EU-Bürger werden damit in entscheidenden Bereichen wie Menschenwürde, Grundfreiheiten, Gleichheit, Solidarität, Unionsbürgerschaft und Justiz gestärkt.“ Er fügte hinzu: „In dem Vertrag, der morgen in Lissabon unterzeichnet werden soll, wird auf die Charta verwiesen. Damit tritt die europäische Integration in eine weitere wichtige Phase ein.“

Die Charta wird andere internationale Instrumente wie die Europäische Menschenrechtskonvention, der die Union aller Voraussicht nach ebenfalls beitreten wird, sinnvoll ergänzen.

Hintergrund
Die Charta der Grundrechte wurde erstmals am 7. Dezember 2000 von den Präsidenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission am Rande der Tagung des Europäischen Rates in Nizza feierlich verkündet. Bei der Proklamation der Charta im Jahr 2000 handelte es sich jedoch lediglich um eine politische Verpflichtung ohne rechtsverbindliche Wirkung. Im Rahmen der Arbeiten des Europäischen Konvents und der Regierungskonferenz von 2003/2004 wurde die Charta im Hinblick auf ihre Rechtsverbindlichkeit angepasst; dies galt insbesondere für ihre allgemeinen Bestimmungen. Dieser Ansatz wurde auf der Tagung des Europäischen Rates vom Juni 2007 im Zuge der Aushandlung des Mandats der Regierungskonferenz und im Verlauf dieser Konferenz erneut befürwortet.

Artikel 1 Nummer 8 des Vertrags von Lissabon bestimmt, dass Artikel 6 Absatz 1 des Vertrags über die Europäische Union folgende Fassung erhält:

„Die Union erkennt die Rechte, Freiheiten und Grundsätze an, die in der Charta der Grundrechte vom 7. Dezember 2000 in der am [12. Dezember 2007] angepassten Fassung niedergelegt sind; die Charta der Grundrechte und die Verträge sind rechtlich gleichrangig.

Durch die Bestimmungen der Charta werden die in den Verträgen festgelegten Zuständigkeiten der Union in keiner Weise erweitert.

Die in der Charta niedergelegten Rechte, Freiheiten und Grundsätze werden gemäß den allgemeinen Bestimmungen von Titel VII der Charta, der ihre Auslegung und Anwendung regelt, und unter gebührender Berücksichtigung der in der Charta angeführten Erläuterungen, in denen die Quellen dieser Bestimmungen angegeben sind, ausgelegt.“

Die Charta in der 2007 gebilligten Fassung und die aktualisierten „Erläuterungen“ zur Charta werden im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht.

Gemäß Artikel 51 gilt die Charta für die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union unter Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips und für die Mitgliedstaaten ausschließlich bei der Durchführung des Rechts der Union.

Drei weitere Texte der Regierungskonferenz von 2007 betreffen die Charta: das Protokoll Nr. 7 über die Anwendung der Charta auf Polen und das Vereinigte Königreich, die Erklärung Nr. 51 Polens zur Charta und die Erklärung Nr. 53 Polens zum Protokoll über die Anwendung der Charta auf Polen und das Vereinigte Königreich. Dank der mit dem Vereinigten Königreich und Polen vereinbarten Sonderregelung konnte der rechtsverbindliche Charakter der Charta gewahrt und die uneingeschränkte Anwendung der gesamten Charta in den übrigen 25 Mitgliedstaaten beibehalten werden.
 
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