Pflege-Debatte  

erstellt am
14. 01. 08

 Buchinger: "Helfen und unterstützen statt strafen"
Neues Gesetz der Pardonierung soll Anmeldungsschub bringen
Wien (sk) - "Es gilt ganz klar der Grundsatz, niemand muss sich fürchten, wenn er die Pflegekraft bis 30.6.2008 anmeldet, dass er mit irgendetwas aus der Vergangenheit belastet wird", erklärte Sozialminister Erwin Buchinger in der Pressestunde am 13.01. Buchinger betonte, die jetzt beschlossene Zusatzlösung zu seinem Modell sei mehr als eine Amnestie, weil auch Abgabenansprüche sistiert werden und andererseits weniger, weil nur bei Anmeldung alles dispensiert werde, was an Strafen und Abgabe angefallen wäre. "Das ist eine gute Nachricht für Betroffene, sie soll einen Schub bei der Legalisierung auslösen". Auch nach dem 30.6.2008 werde es keine "Aktion scharf" geben, denn es gelte "Helfen und Unterstützen statt Strafen".

Ein rein theoretischer Fall für Strafe könne sein, wenn jemand nicht selber legalisiert, angezeigt wird und sich uneinsichtig zeige. Das sei aber äußerst unwahrscheinlich, so Buchinger. "Wenn jemand aufgrund einer Anzeige oder Kontrolle die Pflege im ersten Halbjahr 2008 anmeldet, dann wird pardoniert. Egal, was bis 31.12.2007 passiert ist", erklärte Buchinger. Solange amnestiert wurde, gab es keine Anmeldungen zur legalen Pflege. "Das neue Gesetz der Pardonierung soll einen Anmeldungsschub sicherstellen", so der Sozialminister.

Ihm sei oft geraten worden, populistischer zu sein und auf den Zug der ÖVP aufzuspringen. Ihm ging es aber als verantwortungsbewusstem Sozialminister darum, ein Problem, das solange geleugnet wurde, zu lösen. "Ich war vertragstreu und ging nicht den Weg der ÖVP, Ängste und Verunsicherung der Bevölkerung zu schüren", betonte Buchinger, er habe immer gesagt, alle Möglichkeiten der Nachsicht sollten ausgeschöpft werden. Jetzt gebe es, früh genug für die Betroffenen, eine gute Lösung, hinter der alle stehen.

Zur Kritik der Verfassungsrechtler, dass der generelle Rückforderungsverzicht eine Ungleichbehandlung darstelle, hielt der Sozialminister fest, dass er sich bemühen werde, eine "verfassungsrechtlich saubere Lösung" zu finden. Das sei nichts Neues, auch bei der Einführung von neuen Steuern wurde schon pardoniert.

Auf Niederösterreichs Landeshauptmann Pröll angesprochen, stellte Buchinger klar, dass Niederösterreich, das Land war, das bis vor zwei Monaten im Bereich der Pflege am härtesten im Regressweg auf Angehörige zurückgegriffen habe. Wenn das neue Gesetz zur Folge hatte, dass es in Niederösterreich jetzt auch eine gute Lösung gebe und es zu einem Wegfall des Regresses komme, sei das ein Erfolg. "Verdrängen löst keine Probleme, sondern Hinschauen und Lösen."

Zu Problemen bei der Qualität der Betreuung stellte Buchinger klar, dass Minister Bartenstein für die arbeitsrechtliche Lösung zuständig war, er selber für die finanziellen Förderungen und Ministerin Kdolsky für die gesundheitsrechtlichen Problemstellung - etwa die Ausweitung der Kompetenzen von BetreuerInnen. Diese habe zugesichert, dass es in den nächsten Wochen eine Lösung, etwa bei Nahrungsaufnahmeunterstützung durch Betreuungskräfte, geben werde.

Was die Zahl der illegalen PflegerInnen angehe, reichen die Schätzungen zwischen 5.000 - 20.000 betroffenen Haushalten. Wenn man von oft zwei Pflegekräften pro Haushalt ausgehe, gebe es maximal 40.000 illegale PflegerInnen im Land, erklärte Buchinger. Es werde auch im zweiten Halbjahr keine "Aktion scharf" geben. "Nützen Sie das großzügige Angebot der Pardonierung, denn dann haben Sie Sicherheit", so Buchinger.

Mit der 24-Stunden-Pflege wurde ein wichtiges Problem gelöst, jetzt gebe es noch drei "große Brocken" bei der Pflege. Dies seien die Finanzierung, die Pflegegeldabstufung und Valorisierung sowie die Pflegeleistung der Länder aneinander näher zu bringen. Für diese Bereiche habe Buchinger Arbeitsgruppen eingerichtet, die Ende Mai, Anfang Juni einen Bericht dazu vorlegen werden.

"Schwerpunkt ist, sicherzustellen, dass ab 1.1.2009 das Pflegegeld erhöht wird". Denn es gebe hier eine 18-20 prozentige Entwertung. Buchinger werde für eine möglichst hohe Summe kämpfen, ein bis zwei Prozent seien zuwenig. Den Menschen, die Pflegebedarf haben, solle durch die Erhöhung des Pflegegelds der Mehraufwand abgegolten werden.

 

Aubauer: Verzichtslösung geht noch weiter als Pflegeamnestie
Buchinger sollte die Zeit nützen, um Menschen zu informieren
Wien (övp-pk) - "Die Verzichtslösung, die jetzt von der Bundesregierung beschlossen wurde, geht noch weiter als die Pflegeamnestie", ist ÖVP-Seniorensprecherin Gertrude Aubauer erfreut über das "umfassende Sicherheitspaket, das den Betroffenen die nötige Zeit gibt, sich auf die neuen Voraussetzungen einzustellen. Ich bin froh, dass auch der SPÖ-Vorsitzende Gusenbauer von der Bestemmhaltung seines Sozialministers abgerückt ist, und nun diesem Weg der Menschlichkeit folgt, den Vizekanzler Wilhelm Molterer vorgezeichnet hat." Durch den generellen Rückforderungsverzicht entfallen für Pflegebedürftige und ihre Familien sämtliche Abgaben und Strafen, die ihnen gedroht hätten, wenn die SPÖ die Verlängerung der Amnestie weiter blockiert hätte. Zusätzlich entfallen aber auch alle Abgaben, die rückwirkend fällig werden hätten können. "Die Betroffenen müssen nicht mehr zittern, sondern haben jetzt Zeit und Sicherheit, um auf eine gute, legale Betreuungsform umzustellen", so Aubauer.

"'Schwamm drüber' sollte auch für Buchinger gelten. Er hat jetzt Zeit, seine Versäumnisse nachzuholen und die Betroffenen ausreichend zu informieren. Auf diese Arbeit sollte er sich jetzt auch konzentrieren, anstatt weiter zu verunsichern und mit widersprüchlichen Aussagen die Lösung zu torpedieren, die von ÖVP und auch seiner eigenen Partei gemeinsam getragen wird. Es geht nicht um die Befindlichkeit des Sozialministers, der einen solchen Rückforderungsverzicht nie wollte, sondern um die Menschen, die daheim in Würde altern möchten", appelliert Aubauer, den gemeinsamen Weg nicht zu verlassen. "Die Regierung hat hier Herz statt Härte gezeigt. SPÖ-Vorsitzender Gusenbauer und auch die SPÖ- Landeschefs haben sich der menschlichen Lösung, die von der ÖVP monatelang gefordert wurde, angeschlossen. Wir laden auch den Sozialminister ein, uns zu begleiten", schließt Aubauer.

 

 Petrovic: SPÖ hat sich von sozialen Visionen verabschiedet
Grüne: Pflegeregelung bleibt Zitterpartie auf Raten und lässt viele Grundsatzfragen ungeklärt
Wien (grüne) - Die stellvertretende Bundessprecherin der Grünen, Madeleine Petrovic, übt anlässlich des Auftritts von Sozialminister Buchinger in der Pressestunde scharfe Kritik an der Sozialpolitik der Bundesregierung: "Die SPÖ hat sich von ihren sozialen Visionen verabschiedet. Die Pflegeregelung bleibt eine Zitterpartie auf Raten und lässt viele Grundsatzfragen offen. Arbeitsrechtliche und sozialversicherungsrechtliche Fragen sind ungeklärt. Die Betroffenen werden allein gelassen, das Problem der Finanzierung der 24-Stunden-Pflege bleibt ungelöst."

Auch wenn er das Gegenteil beteuert, liefert sich BM Buchinger einen zeitraubenden öffentlichen Show-Down mit Wirtschaftsminister Bartenstein. "Dabei sollte es nicht um kindische Wettläufe mit Pressekonferenzen gehen, sondern vielmehr um eine grundsätzliche Positionierung der Sozialdemokratie im Hinblick auf die Finanzierung des sozialen Systems von morgen. Wenn nicht einmal mehr der Sozialminister - allen realen Schwierigkeiten zum Trotz - es wagt, die Vision einer gerechteren Lastenverteilung zwischen Arbeit und Kapital zu formulieren, dann bleibt nur das Verwalten und Fortschreiben von Missständen übrig", so Petrovic.

Die SPÖ als Wahlsieger hätte es in der Hand gehabt, das Kernstück der Sozialpolitik, die Arbeitsmarktpolitik, wieder ins Sozialressort zurückzuholen. Stattdessen beschränkt sich Buchinger auf ein sinnloses Hick-Hack mit Bartenstein. "Wenn sich Buchinger nicht endlich auf die Hinterbeine stellt und eine echte Sozialpolitik in die Tat umsetzt, dann werden von seiner Amtszeit leider nur Friseurbesuche und medialinszenierte Motorradausfahrten in Erinnerung bleiben", so Petrovic abschließend.

 

 Kickl: Märchenstunde um die Mittagszeit
Pflege-Murks wird von Sozialminister vor Zusehern als Erfolg verkauft
Wien (fpd) - "Wenn der Sozialminister davon redet, dass Österreich im Jahr 2007 sozialer, fairer und gerechter geworden sei, dann kann man den heutigen Auftritt des Herrn Buchinger nur als Märchenstunde bezeichnen", erklärte FPÖ-Generalsekretär und Sozialsprecher NAbg. Herbert Kickl zur Pressestunde vom 13.01. Der rote Sozialminister habe gemeinsam mit seinen Regierungskollegen weder bei der Pflegedebatte, bei der Armutsbekämpfung oder bei den Pensionen etwas substantielles weitergebracht. Dem Thema Arbeitsmarkt könne der Sozialminister ohnehin nur hin und wieder in TV-Auftritten nachtrauern, da dieser Bereich vollständig von ÖVP-Arbeitslosenminister Bartenstein vereinnnahmt worden sei, betonte Kickl.

Wenn man etwa Sozialminister Buchingers Ausführungen zum Pflegebereich höre, dann vergrößere sich in Wahrheit die Verunsicherung unter den Betroffenen noch. Dieser verkaufe plötzlich eine de facto-Amnestie unter dem neuen Etikett einer "Pardonierung" und bezeichne ein völlig unausgegorenes Pflegemodell noch dazu als "gute Nachricht für die Betroffenen". Die anwesenden Journalisten hätten die berechtigte Frage gestellt, warum man etwa nicht schon früher darauf gekommen sei, dass man ohne vorübergehende Amnestie bei den derzeitigen Husch-Pfusch-Gesetzen nicht weiterkomme.

Auch zur Pflege als wichtiges Zukunftsthema habe Buchinger nur Stehsätze parat, so Kickl weiter. Von einer längst überfälligen Ausbildungsoffensive sei weit und breit nichts zu hören gewesen. Stattdessen warte der SPÖ-Sozialminister, wie er auch beim wichtigen Thema Pensionen eingeräumt habe, ständig auf die Berichte irgendwelcher Arbeitsgruppen. Das Pflegegeld gehöre dagegen sofort valorisiert, um den Betroffenen endlich wirksam unter die Arme greifen zu können, betonte Kickl.

 

Grosz: SPÖ hat als Sozialpartei endgültig abgedankt
Buchingers armselige Plauderstunde
Wien (bzö) - "Als armselige Plauderstunde eines gescheiterten Ministers" bezeichnet BZÖ-Generalsekretär Gerald Grosz den Auftritt von SPÖ-Sozialminister Erwin Buchinger in der ORF Pressestunde. Buchinger habe bewiesen, dass die SPÖ mit der Verlängerung des Pflegemurkses endgültig als Sozialpartei in Österreich abgedankt hat. "Österreich und seine Menschen haben sich besseres verdien, als diesen Sozialminister der sozialen Kälte. Buchinger ist mittlerweile auf allen Linien gescheitert und die Menschen zahlen dafür die Zeche" betont Grosz. Die Regierung feire die Verlängerung ihres Pflegemurkses als Riesenerfolg. Gleichzeitig bricht sie mit dem Rückforderungsverzicht die österreichische Verfassung absolut bewusst. Gusenbauer, Molterer und Buchinger haben die Warnungen ihrer Beamten völlig in den Wind geschlagen und jetzt bestätigen Verfassungsexperten die Rechtswidrigkeit. "Was hilft eine verlängerte Pflegeamnestie, wenn das Grundproblem, nämlich dass sich die Menschen die legalisierte Pflege einfach nicht leisten können, nicht beseitigt wird. Wir brauchen eine sozial gerechte, leistbare Pflege, ohne Vermögensgrenze, Armutsfallen und Verfolgungen. Selbst der jetzt rechtswidrig verfügte Rückforderungsverzicht, gibt den Menschen keine Garantie, dass nicht schon morgen die Kontrollore vor ihrer Tür stehen, denn Beamte der Republik sind dazu verpflichtet die Gesetze buchstabengetreu zu exekutieren. Der dazugehörige erneute Regierungsstreit zwischen Molterer und Buchinger spricht hier auch deutliche Bände. Chaos deluxe, Streit in Perfektion und verzweifelte, verunsicherte Menschen, das sind die Zutaten dieses unwürdigen, klassischen Dramas auf dem Rücken der Pflegebedürftigen und ihrer Angehörigen", betont Grosz.

Das BZÖ verlangt vordringlich ein umfassendes Maßnahmenpaket bei der Pflege, das beispielsweise eine sofortige Erhöhung des Pflegegeldes um 10 Prozent oder die Einführung des Pflegeschecks beinhaltet. Ebenso fordert Grosz einen Rechtsanspruch auf Pflegeförderung, denn mit der jetzt beschlossenen Regelung sind die Betroffenen auf Gnadenakte der Behörden angewiesen, da die Bewilligung einer Förderung derzeit reine Ermessenssache ist. "Die Menschen haben ein Recht auf Hilfe und nicht auf Almosen der Behörden", so Grosz , die sich fragt, wo denn der von Bundeskanzler Gusenbauer im Wahlkampf groß versprochene Pflegefonds in der Höhe von 200 Millionen Euro bleibt, mit dem eine leistbare Pflege finanziert werden könnte. Auch kritisiert Grosz, dass die unsoziale Vermögensgrenze bleibt, die nichts Anderes als eine Armutsfalle für die Betroffenen ist. Weiters fordert das BZÖ die Einführung eines Lehrberufes für Pflege und Betreuung, welcher neue Chancen speziell für die Jugendlichen am Arbeitsmarkt bringt. Ebenfalls soll das "Freiwillige Soziale Jahr" als echtes Berufsausbildungsjahr gesetzlich festgelegt werden.

"Ein ordentliches Gesamtpaket statt des üblichen Regierungspfusches, das hätten sich die Österreicherinnen von dieser Bundesregierung erwartet. Jetzt haben wir eine Verlängerung des Pflegemurks um weiter sechs Monate. Das BZÖ wird bei seiner Sondersitzung des Nationalrates hier erbitterten Widerstand leisten und sein Gegenmodell "Pakt für ein soziales Österreich" als Antrag einbringen", so Grosz abschließend.
 
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