Pflege-Debatte  

erstellt am
16. 01. 08

Buchinger: Bisher schon 1000 Anmeldungen - Pflegevereine zufrieden
Rückwirkende Pardonierung bei Anmeldung ist "Legalisierungsbeschleunigung"
Wien (sk) - Sozialminister Erwin Buchinger hat am 16.01. gemeinsam mit Vertretern von Pflegevereinen darüber berichtet, dass das neue Pflegemodell sehr gut angenommen wird. Bis gestern hat es 906 Anmeldungen für die selbständige Hausbetreuung gegeben, knapp hundert für die unselbständige Betreuung. Förderansuchen wurden bisher laut Buchinger 149 gestellt. Von den Vertretern der Pflegevereine wurde das neue Modell durchwegs gelobt; und sie melden ihre Pflegerinnen an, allein der Verein "St. Elisabeth" will bis Monatsende ihre rund 1.000 Pflegerinnen angemeldet haben.

Harald Drescher, Obmann des Vereins "St. Elisabeth", hob hervor, dass mit dem Hausbetreuungsmodell für die Pflegevereine die Möglichkeit geschaffen wurde, aus der Grauzone herauszukommen. Er sprach von einer einmaligen Chance, ohne Verteuerungen ein Modell zu praktizieren, das für alle akzeptabel ist.

"Die Leute sind sehr für die Legalisierung", so Ilse Kalb, die Obfrau des Vereins "Pflege Zuhause". Denn die Menschen und auch die Betreuungskräfte bräuchten Sicherheit. Ihr Verein wird alle Betreuerinnen anmelden. Das kündigte auch Rainer Tanzer, Geschäftsführer der Organisation "Altern in Würde", an. 85 Prozent der Betreuerinnen seiner Einrichtung wollen legalisiert werden, von den restlichen 15 Prozent, die das nicht annehmen, will er sich nach Auslaufen der Verträge trennen.

Mit dem Regierungsbeschluss von letzter Woche, nach dem bei Legalisierung rückwirkend auf Strafen und Nachforderungen verzichtet wird, werde Rechtssicherheit für die betreuten Personen und die Betreuungskräfte hergestellt, betonte Buchinger. Dazu soll heute im Nationalrat das Pflege- und Betreuungsübergangsverfassungsgesetz als Initiativantrag eingebracht und dem Sozialausschuss zugewiesen werden. Binnen weniger Wochen könne das beschlossen werden, erläuterte Buchinger.

Buchinger legt dabei Wert auf den Unterschied zu der ursprünglich von der ÖVP geforderten Amnestie. Diese Regelung gehe weit darüber hinaus, besonders wichtig sei: Der Entfall von Strafen und Nachforderungen ist an die Anmeldung geknüpft. Während die Amnestie dazu geführt habe, dass nicht angemeldet werde, "ist die neue Bestimmung ein Legalisierungsbeschleunigungsgesetz", so Buchinger.

Der Sozialminister verteidigte dabei die Vorgehensweise, das über ein Verfassungsgesetz zu regeln. Denn damit würde die Unsicherheit beendet. Erfasst werden sollen Verwaltungsstraftatbestände, Sozialversicherungsabgaben und Steuern und auch Strafbestimmungen nach dem Gesundheits- und Krankenpflegegesetz. Hier sei überdies die Gesundheitsministerin dabei, eine Neuregelung vorzubereiten, die Betreuungspersonen mehr Kompetenzen gibt, sie sollen auch bei der Nahrungsaufnahme und bei Waschen behilflich sein dürfen.

 

 Öllinger: Koalitionsantrag löst Pflegeproblem nur kurzfristig
Ende Juni werden die Betroffenen wieder vor denselben Schwierigkeiten stehen
Wien (grüne) - "Das heute vorgelegte Pflege-Verfassungsgesetz ist keine Lösung für die Probleme, mit denen pflegebedürftige Menschen, deren Angehörige sowie die Pflegenden und Betreuenden konfrontiert sind", kritisiert der stv. Klubobmann und Sozialsprecher der Grünen, Karl Öllinger. "Probleme wie etwa die Finanzierung von Pflege und Betreuung, die Vermögensgrenzen, ungleiche Förderstandards und -höhen in den Bundesländern, fehlende Qualitätsstandards und Rechtssicherheit für alle Betroffenen werden nur bis Ende Juni gelöst, dann stehen die Betroffenen erneut vor den bisherigen Problemen", so Öllinger.

"Die Regierungsparteien können oder wollen in einem der reichsten Länder der Erde keine Lösung für die Probleme pflege- und betreuungsbedürftiger Menschen finden, also erklären sie die Probleme per Verfassungsbestimmung für abgeschafft. Den Menschen wird vorgegaukelt, dass ohnehin alles in Butter ist", wundert sich Öllinger.

Angesichts der bevorstehenden niederösterreichischen Landtagswahlen haben ÖVP wie SPÖ erkannt, dass sie den WählerInnen eine (Schein-)Lösung vorstellen müssen. Dass diese Lösung rechtlich höchst fragwürdig ist, bestätigt etwa Minister Buchinger mit seinem Eingeständnis, dass eine Verfassungsbestimmung notwendig sei, um das Gesetz vor der Aufhebung durch den Verfassungsgerichtshof zu schützen. So viel Bereitschaft zur Lösung von Problemen hätten wir uns nicht nur vor Wahlen, sondern auch bei anderen drängenden Fragen, etwa bei der Lösung der Ortstafelfrage erwartet.

 

 Hofer: Kommt Pflegegelderhöhung oder nicht?
FPÖ kritisiert Arbeitsgruppen-Verzögerungstaktik der Bundesregierung
Wien (fpd) - Damit das Pflegegeld, das 1993 in Österreich eingeführt und bislang erst dreimal wertangepasst wurde, dem Wert zum Zeitpunkt seiner Einführung entspricht, müsste es heute schon um 18 Prozent angehoben werden. Dieser Missstand ist ein wesentlicher Grund dafür, dass legale Pflege in diesem Land praktisch nicht leistbar ist.

FPÖ-Behindertensprecher NAbg. Norbert Hofer fordert daher seit geraumer Zeit eine einmalige Erhöhung und eine künftige jährliche Valorisierung des Pflegegeldes. Die Regierung will das Pflegegeld allerdings nur einmal in dieser Legislaturperiode erhöhen und selbst hier ist noch unklar, wann eine Änderung kommt und wie diese aussehen wird.

Norbert Hofer: "SPÖ-Sozialminister Buchinger verweist hier auf die Arbeit einer Untergruppe der Arbeitsgruppe ‚Neugestaltung der Pflegevorsorge'. Wir hoffen auf rasche Ergebnisse, wenngleich wir diese nicht erwarten. Begonnen hat die Verzögerung der Lösungen im Pflegebereich ja bereits mit der Arbeitsgruppe der ehemaligen ÖVP-Landeshauptfrau Klasnic, von der man seit ihrer Einsetzung nichts gehört hat. Währenddessen bleibt aber die wesentliche Frage, die unzählige Pflegebedürftige und deren Angehörigen beschäftigt, unbeantwortet: Kommt wirklich eine Pflegegelderhöhung und wenn ja, wann und wie wird diese aussehen?"

Der Freiheitliche kritisiert vor allem, dass die Bundesregierung einerseits angibt, vor der Umsetzung neuer Maßnahmen unbedingt Ergebnisse der Arbeitsgruppen abwarten zu müssen, während dennoch hin und wieder - vermutlich dann, wenn es die Profilierungssucht eines Ministers im alltäglichen Koalitionsgeplänkel erforderlich mache - auch Neuregelungen ohne Arbeitsgruppenergebnisse umgesetzt würden.

Norbert Hofer: "Die rot-schwarze Bundesregierung dreht es sich so, wie sie es gerade braucht. Man hat den Eindruck, dass die beiden Großparteien aufgrund ihres nicht enden wollenden Streits die Probleme nicht lösen können oder wollen und deshalb mit Arbeitsgruppen Verzögerungstaktik betreiben. Unser heutiger Bundeskanzler hat den Pflegebedürftigen im Nationalratswahlkampf die Erhöhung und jährliche Wertanpassung des Pflegegeldes versprochen. Ich werde Gusenbauer und seiner Nationalratsmannschaft noch einmal die Möglichkeit geben, sein Versprechen umzusetzen, indem ich im Parlament wieder einen diesbezüglichen Antrag einbringe."

 

 Westenthaler: BZÖ-Entschließungsantrag
Ein herausragendes Beispiel für fehlende Lösungskompetenz und Streitereien innerhalb der Koalition stellt das Pflegechaos dar
Wien (bzö) - Im Zuge der Sondersitzung des Nationalrates am 16.01. brachte BZÖ-Chef Klubobmann Abg. Peter Westenthaler einen Entschließungsantrag betreffend einen "Pakt für ein soziales Österreich gegen Gusenbauers Regierung der sozialen Kälte und für eine Sofortentlastung statt Rekordbelastung" ein.

Die soziale Kälte ist über Österreich gekommen! Im Vergleich zu dieser von Bundeskanzler Gusenbauer zu verantwortenden Kälte werden die im Jänner üblichen niedrigen Außentemperaturen von der Bevölkerung als geradezu tropische Hitze wahrgenommen.

Regierung verursacht Pflegechaos
Ein herausragendes Beispiel für fehlende Lösungskompetenz und Streitereien innerhalb der Koalition stellt das Pflegechaos dar. Die Bundesregierung ist bis dato nicht imstande, ein leistbares, sozial gerechtes und vor allem auch legales Modell für die Pflege zu Hause zu schaffen. Ein Husch-Pfusch-Gesetz zur Regelung der 24-Stunden-Betreuung hat wie kaum ein anderes Gesetz zuvor so viel Verwirrung und Verunsicherung bei den Betroffenen hervorgerufen. Auch die bevorstehende "Schwamm-Drüber-Aktion" wird nach Expertenmeinung in keiner Weise geeignet sein, die Pflege in privaten Haushalten in allen 40.000 Fällen verfassungskonform, legal, finanziell zumutbar und für die Betroffenen akzeptabel und nachvollziehbar zu ermöglichen. Darüber hinaus hat die Bundesregierung eine reale Kürzung des Pflegegeldes zu verantworten und schafft mit der unsozialen Vermögensgrenze eine Armutsfalle für Alte und Junge. Wer sich etwas erspart hat, der wird abkassiert, wer auf Kosten des Staates gelebt hat, dem wird sofort geholfen. Wir haben die Lösung Eine sozial gerechte und leistbare Pflege für alle Österreicherinnen und Österreicher ist daher ein Gebot der Stunde, um das von der Bundesregierung verursachte Pflegechaos zu beseitigen und die Nöte der Menschen endlich lindern zu können. Darüber hinaus ist das Pflegegeld sofort um zehn Prozent zu erhöhen und in weiterer Folge dauerhaft jährlich zu valorisieren.
 

Wir übernehmen hier Stellungnahmen aller im Parlament
vertretenen Parteien – sofern vorhanden! Die Redaktion

 
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