Papst: "Theologie muss sich neuen Fragen stellen"   

erstellt am
23. 01. 08

Kardinal Schönborn bei Audienz für die Teilnehmer der Vollversammlung der vatikanischen Bildungskongregation
Vatikanstadt (pew) - Die Theologie muss sich heute neuen Fragen stellen, betonte Papst Benedikt XVI. bei einer Audienz für die Teilnehmer der Vollversammlung der vatikanischen Bildungskongregation. Bei der Audienz war auch Kardinal Christoph Schönborn anwesend, der seit Jahren der Bildungskongregation angehört. Die Welt von heute stehe in einer doppelten Versuchung, sagte der Papst: Auf der einen Seite gebe es den Rationalismus, der sich von jedem religiösen Bezug gelöst habe, auf der anderen Seite gebe es die Fundamentalismen, "die mit ihrer Verhetzung zu Gewalt und Fanatismus die wahre Substanz der Religion verfälschen".

Ausführlich nahm Benedikt XVI. auch zur Reform der "Grundordnung für die Ausbildung der Priester" Stellung, die derzeit in der Bildungskongregation diskutiert wird. Die 1970 veröffentlichte "Grundordnung" (Ratio fundamentalis) wurde 1985 novelliert.
Inzwischen habe sich die Atmosphäre der Gesellschaft - "mit dem massiven Einfluss der Medien und der Ausweitung des Phänomens der Globalisierung" - neuerlich verändert, betonte der Papst. Daher sei eine weitere Reform der "Grundordnung" nahe liegend - "in der Perspektive der 'Kirche als Gemeinschaft' nach den Anweisungen des Zweiten Vatikanischen Konzils". Die künftigen Priester müssten auch für den Dialog mit der Gegenwartskultur ausgebildet werden. In die menschliche und kulturelle Bildung der Seminaristen sollte auch der Beitrag der modernen Wissenschaften einbezogen werden. Zugleich gehe es aber auch um eine Vertiefung der spirituellen Bildung.

Benedikt XVI. betonte, dass die Frage der geistlichen Berufungen die ganze kirchliche Gemeinschaft angehe, "die Familien und die Pfarrgemeinden genauso wie die Bischöfe, Priester und Ordensleute". Während es in einigen Weltteilen zahlreiche Berufungen gebe, sei im Westen (Europa und Nordamerika) ein großer Mangel festzustellen. In jedem Fall werde das Dokument über die geistlichen Berufungen hilfreich sein, das derzeit von der Bildungskongregation erarbeitet werde.

Im Hinblick auf die katholischen Schulen sagte der Papst, dass der Bereich von Bildung und Erziehung der Kirche seit jeher besonders am Herzen liege. Die Tradition der Kirche sehe in Bildung und Erziehung eines der "geistigen Werke der Barmherzigkeit". Das gelte auch heute in einer Zeit der offensichtlichen "Bildungskrise". Die katholische Schule müsse für alle offen sein, sie könne aber nicht von ihrer "menschlichen und christlichen" Erziehungsaufgabe absehen. In einer Zeit der Globalisierung und des wachsenden Pluralismus ergebe sich dadurch die "neue Herausforderung" der "Begegnung der Religionen und Kulturen auf der gemeinsamen Suche nach der Wahrheit". Angesichts der Pluralität der Schüler und Eltern dürfe die katholische Schule einerseits niemanden ausschließen, sie könne sich aber auch nicht mit der bloßen Feststellung der kulturellen und religiösen Verschiedenartigkeit begnügen. Es sei vielmehr notwendig, dass Menschen unterschiedlicher kultureller Herkunft miteinander ins Gespräch kommen, "weil alle Menschen in ihrem Herzen nach dem Guten, nach der Gerechtigkeit, nach der Wahrheit, nach dem Leben und der Liebe streben".
 
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