Datenschutz im Spannungsfeld  

erstellt am
29. 01. 08

Europäischer Datenschutztag im Bundeskanzleramt 
Wien (bpd) - Datenschutz im Spannungsfeld zwischen Grundrechtsschutz und Sicherheit war das Thema, dem sich Vertreter von Datenschutzkommission, Datenschutzrat und Wissenschaft anlässlich des europaweit abgehaltenen Tags des Datenschutzes (28.01.) im Bundeskanzleramt widmeten.

Die Themenpalette war weitreichend, vom Sicherheitspolizeigesetz über den angedachten elektronischen Gesundheitsakt bis zur Vorratsspeicherung von Daten im EU-Raum.

Harald Wögerbauer, Vorsitzender des Datenschutzrates „ein politisches Gremium, dem Parteien- und Interessenvertreter angehören“, bescheinigt dem Datenschutz in Österreich dank früher gesetzlicher Regelung im Jahr 1978, und dank der Arbeit von Datenschutzrat und Datenschutzkommission ein sehr hohes Niveau. Zur Kritik an der Novellierung des Sicherheitspolizeigesetzes sagte Wögerbauer, dass die Erhebung der Standortdaten nicht gleichzusetzen sei mit einem Lauschangriff.

Das geschäftsführende Mitglied der Datenschutzkommission Waltraut Kotschy -„Wir fühlen uns als mahnendes Organ und sind Ombudsmannstelle“ – gab ihrer Besorgnis darüber Ausdruck, dass Datenschutz in Zeiten des Internet immer schwieriger werde. Ein Umdenken sei erforderlich: „Die innere Logik der Sprach-Telefonie ist bei der Internetkommunikation nicht aufrecht zu erhalten – reine Kontaktaufnahme und Inhalt können nicht mehr getrennt werden!“ So wünschte sich Kotschy auch ein Umdenken beim Sicherheitspolizeigesetz: „Kommunikationsfreiheit ist genauso ein Grundrecht wie die persönliche Freiheit.“

Zudem sei die Frage der Verhältnismäßigkeit zu stellen, vor allem bei der EU Vorratsdatenhaltung –„die Richtlinie greift immerhin in die Grundrechte von mehr als 400 Millionen EU-Bürger ein!“ In Großbritannien, wo Datenvorratshaltung bereits praktiziert werde, habe man dadurch keinen einzigen Terroristen gefunden, nur einige gefälschte Visa. „Früher hat man im Umfeld des Verdächtigen ermittelt, jetzt werden möglichst viele, meist völlig irrelevante Informationen gesammelt, in der Hoffnung, dass aus irrelevanten Daten durch Auswertung relevante Daten gewonnen werden.“ Das sei wohl eine Illusion, so Kotschy.

Noch problematischer erscheint den Datenschutzexperten die europaweit geplante Einführung der Flugpassagierdatensammlung nach US-Vorbild. Kotschy hoffte „auf die Wachsamkeit und Unterstützung der zivilen Gesellschaft.“ Und darauf, dass in Schule und Universität Datenschutz auf den Lehrplan gesetzt werde. Jugendliche hätten einen sehr sorglosen Umgang mit dem Internet, setzen sich freiwillig in zahlreichen sozialen Netzen auf den Präsentierteller. „Gefährlich, denn das Internet merkt sich alles!“, warnte Universitäts-Professor Dietmar Jahnel in diesem Zusammenhang.

Einer kritischen Diskussion wurde auch der angedachte elektronische Gesundheitsakt unterzogen. Die Vorteile lägen auf der Hand: Der Patient müsse seine Befunde nicht sammeln, man erspare sich die Wiederholung teurer Untersuchungen, Krankengeschichten wären auf einen Blick überall einsichtig. Doch handle es sich teilweise um sehr sensible Daten, warnt Jahnel, andererseits helfen unvollständige Informationen den Medizinern nicht. Er rät „besser zurückzusteigen auf ein weniger vollständiges System!“ Es würde genügen Blutgruppe, Allergien und Impfungen zu speichern. „Das muss schon eine politische Entscheidung sein“, forderte dazu Wögerbauer, „denn wenn nur Minimaldaten gesammelt werden, rechtfertigt dies keine Milliarden-Investitionen der öffentlichen Hand.“

„Die Diskussionen werden sicher weitergeführt!“ schloss Moderatorin Eva Sourada-Kirchmayer, Leiterin der Datenschutzabteilung des Bundeskanzleramtes, „Denn die Fragen des Datenschutzes sollen ins Bewusstsein der Menschen gerückt werden, nicht nur am Tag des Datenschutzes.“

 

Berger: "Bewusstsein der Bürgerinnen und Bürger zum Thema Datenschutz stärken"
Justizministerin eröffnete Veranstaltung zum Europäischen Datenschutztag
Wien (sk) - "Datenschutz im Spannungsfeld zwischen Grundfreiheiten und Sicherheit" war das Motto der Podiumsdiskussion anlässlich des Europäischen Datenschutztages im Bundeskanzleramt. Justizministerin Maria Berger eröffnete die Veranstaltung in Vertretung von Staatssekretärin Heidrun Silhavy. Am Podium diskutierten Harald Wögerbauer, Vorsitzender des Datenschutzrates, Waltraud Kotschy, geschäftsführendes Mitglied der Datenschutzkommission und Univ.-Prof. Dietmar Jahnel, Universität Salzburg, über aktuelle Fragen des Datenschutzes.

Der Europäische Datenschutztag ist eine Initiative des Europarates und wurde im Vorjahr ins Leben gerufen. Jedes Jahr soll an diesem Tag an die Datenschutzkonvention des Europarates erinnert werden, die am 28. Jänner 1981 zur Unterzeichnung aufgelegt worden war. Justizministerin Maria Berger nennt die Datenschutzkonvention einen "Meilenstein": "Erstmals wurden damit europaweit Grundsätze für die automationsunterstützte Datenverarbeitung normiert. Die Konvention des Europarates ist auch heute noch eine wichtige Rechtsgrundlage und Bezugsinstrument in der EU."

Mit dem heutigen Europäischen Datenschutztag soll das Bewusstsein rund um Fragen des Datenschutzes geschärft werden: "Die Veranstaltungen in den einzelnen Mitgliedsaaten haben das Ziel, die Bürgerinnen und Bürger über ihre Rechte zu informieren. Fragen des Datenschutzes berühren schließlich jeden von uns im täglichen Leben", betonte Berger. Gleichzeitig solle über die Risken aufgeklärt werden, die mit einer illegalen Verarbeitung und dem Missbrauch von personenbezogenen Daten verbunden sind.

Österreich erhielt mit dem Datenschutzgesetz von 1978 erstmals ein Grundrecht auf Datenschutz. Für die Justizministerin ein "Meilenstein in der Ausgestaltung von Grundrechten". Im Jahr 2000 wurde in Österreich ein neues Datenschutzgesetz erlassen. In den vergangen 30 Jahren habe sich vieles weiterentwickelt: "In der Gesetzgebung sind wir besonders bei der Abwehr von Gefahren und der Verfolgung von Straftaten mit neuen Herausforderungen konfrontiert", so Berger. Die Justizministerin nannte als aktuelles Beispiel die Novellierung des Sicherheitspolizeigesetzes. Dessen Ausgestaltung sei im Begutachtungsverfahren durch ihr Ressort abgelehnt und Änderungen eingebracht worden. Berger nannte die "Qualität des Rechtsschutzes, das Erfordernis einer richterliche Genehmigung bei Grundrechtseingriffen", ein zentrales Element, um dem "naturgegebenen Spannungsverhältnis zwischen Grundrechten, dem Recht zum Schutz der Privatsphäre, und polizeilichen Anforderungen" zu begegnen.

Abschließend betonte Berger, dass die Möglichkeiten moderner Datenverarbeitung nicht nur als eine Gefahr betrachtet werden dürfen, denn "sie bieten viele Bequemlichkeiten. Unser Alltag würde ohne die Verwendung automationsunterstützter Datenverarbeitung nicht mehr funktionieren." Die Vorteile einer effizienten Verwaltung, wie sie beispielsweise durch E-Government und den Einsatz der elektronischen Bürgerkarte ermöglicht werden, lägen auf der Hand.

 

 Pilz: SPÖ soll Justizministerin, nicht Innenminister unterstützen
Grüne fordern SPÖ-Unterstützung für Datenschutz und gegen Überwachungsstaat
Wien (grüne) - "Die SPÖ soll beim Datenschutz die Justizministerin unterstützen und nicht den Innenminister", so der Sicherheitssprecher der Grünen, Peter Pilz. Denn: Die Stellungnahme der Justizministerin zum Tag des Datenschutzes war deutlich: "Ich darf darauf hinweisen, dass das Sicherheitspolizeigesetz in dieser Form in der Begutachtung vom Bundesministerium für Justiz abgelehnt wurde, man hat aber dann andere Wege gefunden, das durchzusetzen." Mit Hilfe von SPÖ, ÖVP und dem Vorsitzenden des Datenschutzrates ist das Justizministerium bekanntlich umgangen worden. "Es gibt längst eine Allianz für Überwachungsstaat und Spitzelwesen. Um den Innenminister gruppieren sich: der SPÖ-Vorsitzende des Innenausschusses, der die parlamentarische Umgehung der Justizministerin anführte; der Vorsitzende des Datenschutzrates, der als stellvertretender Klubdirektor der ÖVP den parlamentarischen Trick mitorganisierte; und dem Datenschutzsprecher der SPÖ, der dem öffentlich applaudiert", kritisiert Pilz.

"Platter, Parnigoni, Wögerbauer und Maier heißen die vier Sargnägel des österreichischen Datenschutzes", erklärt der Sicherheitssprecher der Grünen. Pilz fordert jetzt die SPÖ auf, statt Überwachungsstaat und Innenminister jetzt Grundrechte und Justizministerin zu ünterstützen. "Die SPÖ betreibt unter Gusenbauer ÖVP-Politik. Aber niemand versteht mehr, dass sie ÖVP-Politik gegen die eigenen Ministerin unterstützt", wundert sich Pilz über die Konfusion an der Spitze der SPÖ. "Ich ersuche den Bundeskanzler um etwas Selbstverständliches: um die Unterstützung der grundrechtsorientierten Politik der Justizministerin gegen den Innenminister."

 

 Kössl: Pilz-Ideen werden immer absurder
Wichtiges Datenschutz-Gremium muss erhalten bleiben
Wien (övp-pk) - "Die Ideen des Grün-Abgeordneten Pilz werden immer absurder", so ÖVP-Sicherheitssprecher Günter Kössl zum jüngsten Vorschlag des selbst ernannten "Datenschutz- Gurus", den Datenschutzrat einfach abzuschaffen. "Es ist wirklich bedenklich, dass Pilz am Europäischen Tag des Datenschutzes nichts anderes einfällt, als ein wichtiges Datenschutz-Gremium einfach abzuschaffen", kritisiert der ÖVP-Sicherheitssprecher. "Die ÖVP tritt konsequent für den Datenschutz ein und ist selbstverständlich für den Erhalt des Datenschutzrates", stellt Kössl klar.

"Pilz sollte sich wieder anderen Betätigungsfeldern widmen, denn im Bereich des Datenschutzes kennt er sich ganz offensichtlich nicht aus", so Kössl weiter. Das Sicherheitspolizeigesetz verstößt nicht - wie fälschlicherweise von Pilz immer wieder behauptet - gegen das Fernmeldegeheimnis bzw. das Staatsgrundgesetz. "Im Rahmen des Sicherheitspolizeigesetzes geht es ausschließlich um Standortdaten, nicht um Inhaltsdaten", betont Kössl. "Das dürfte dem Abgeordneten Pilz entweder immer noch nicht zu Ohren gekommen sein, oder - die wahrscheinlichere Variante - Pilz verbreitet gezielt Falschinformationen und Unwahrheiten", schließt Kössl.
 

Wir übernehmen hier Stellungnahmen aller im Parlament
vertretenen Parteien – sofern vorhanden! Die Redaktion

 
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